Am Freitag will Selenskyj im Weißen Haus von Trump die Freigabe für den Verkauf von Tomahawk-Marschflugkörpern an sein Land bekommen, die eine Reichweite von rund 2.500 Kilometern haben. Finanziert werden könnte der Deal durch NATO-Partner.
Der Kreml warnte die US-Regierung nachdrücklich vor einer solchen Lieferung. Russlands Ex-Präsident und Sicherheitsrats-Vizechef Dmitri Medwedew deutete gar eine mögliche Gegenreaktion mit Atomwaffen an.
Selenskyj hofft auf globalen Einfluss der USA
Vor dem Gespräch mit Trump zeigte sich Selenskyj optimistisch. Ihr Treffen könne wirklich dazu beitragen, den Krieg zu beenden, sagte er in seiner abendlichen Videobotschaft am Mittwoch. "Nur die Vereinigten Staaten können einen solchen globalen Einfluss ausüben, und wir tun alles, um sicherzustellen, dass andere Länder weltweit uns dabei unterstützen."
Eine ukrainische Delegation in den USA habe das Gespräch mit Trump vorbereitet, es habe auch Treffen mit US-amerikanischen Rüstungs- und Energieunternehmen gegeben. Sowohl Patriot-Flugabwehrsysteme als auch Tomahawk-Marschflugkörper seien geeignet dazu, "ein dauerhaftes Fundament für einen Frieden zu legen", schloss Selenskyj seine Ansprache.
Die Ukraine wehrt sich seit mehr als dreieinhalb Jahren mit westlicher Hilfe gegen Russlands Invasion. Selenskyj betont immer wieder, dass man die russische Führung nur mit einer Politik der Stärke zum Einlenken zwingen könne.
Sein bevorstehendes Gespräch mit Trump im Oval Office weckt Erinnerungen an einen beispiellosen Eklat im Februar. Vor laufenden Kameras hatten der US-Präsident und sein Vize JD Vance den ukrainischen Staatschef damals brüsk zurechtgewiesen - Selenskyj reiste danach früher ab als geplant. Am 18. August trafen sich die beiden Staatsoberhäupter dann erneut im Weißen Haus, in deutlich entspannterer Atmosphäre. In den vergangenen Wochen machte Trump zudem mehrmals seinen Unmut über die anhaltende Kriegsführung Russlands deutlich.
Pentagon-Chef Hegseth sagte nun, falls es nicht bald Frieden gebe, würden die Vereinigten Staaten gemeinsam mit ihren Verbündeten die notwendigen Schritte unternehmen, um den Krieg für Russland richtig teuer zu machen. Die Kosten für die andauernden Aggressionen Moskaus gegen Kiew müssten erhöht werden. Zuvor hatte Hegseth deponiert, dass er künftig mit mehr "Feuerkraft" der NATO rechne.
Ähnlich wie Selenskyj betonte auch er, dass Frieden erreicht werden könne, indem man "stark" sei. Außerdem verwies Hegseth darauf, dass europäische Länder mittlerweile US-Waffen zur Verteidigung im Ukraine-Krieg kauften.
Trump: Indien will kein Öl mehr aus Russland kaufen
Trumps Strategie, Druck auf Handelspartner Russlands auszuüben, zeigt nach seinen Worten Wirkung. So wolle Indien künftig kein Öl mehr aus Russland beziehen und damit der Forderung Washingtons nachgeben, sagte der US-Präsident. Das habe ihm der indische Premierminister Narendra Modi versichert.
Die USA hatten Indien im August mit Strafzöllen belegt, weil das Land Energiehandel mit Russland betreibt. Die USA wollen diesen stoppen, um Russland wirtschaftlich zu schwächen und damit die Finanzierung des Kriegs in der Ukraine zu erschweren. Öl- und Gasexporte sind für Russland eine immens wichtige Einnahmequelle.
Aus Indien gab es zunächst keine Reaktion auf Trumps Darstellung. Der Republikaner sagte, nun müsse China dazu gebracht werden, dasselbe zu tun.
Weitere russische Angriffe
Die Ukraine meldete indes erneut einen massiven russischen Luftangriff. Russland habe in der Nacht auf Donnerstag mit mehr als 300 Drohnen und 37 Raketen angegriffen, teilte Selenskyj mit. "Die Russen nutzen in diesem Herbst jeden einzelnen Tag, um unsere Energie-Infrastruktur anzugreifen", schrieb Selenskyj auf der Online-Plattform X. Mit Beginn der kalten Jahreszeit hat Russland seine Angriffe auf die ukrainische Energieversorgung wie in den vorherigen Kriegsjahren wieder verstärkt. So wurde in der Nacht der Betrieb von Gasproduktionsanlagen des ukrainischen Energieversorgers DTEK in der zentralen Region Poltawa lahmgelegt.
Bei einem russischen Drohnenangriff in der nordostukrainischen Region Tschernihiw wurden in der Nacht auf Donnerstag laut Behördenangaben zwei Menschen verletzt. Bei der Attacke auf die Stadt Nischyn seien unter anderem die Filiale eines Postunternehmens, zwei Wohnhäuser und zivile Infrastruktur beschädigt worden, teilte Gouverneur Wjatscheslaw Tschaus bei Telegram mit.
Im ostukrainischen Horliwka wurde nach Angaben der russischen Besatzungsverwaltung mindestens ein Mensch bei einem Angriff getötet. Zwei weitere seien verletzt worden, teilte der Chef der sogenannten Donezker Volksrepublik, Denis Puschilin, bei Telegram mit. Die ukrainische Seite habe mit Raketenwerfern und Drohnen angegriffen.
Mehr als 70 Prozent des Donezker Gebiets werden von Russland kontrolliert. Einschließlich der bereits 2014 annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim steht fast ein Fünftel des ukrainischen Staatsgebiets unter russischer Kontrolle.