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Reaktionen auf Raisis Tod: Staatstrauer, Jubelrufe und Kritik an der EU

Der iranische Präsident Ebrahim Raisi und sein Außenminister Hussein Amirabdollahian sind beim Absturz ihres Hubschraubers im Iran ums Leben gekommen. Keiner der neun Insassen habe überlebt, berichteten die staatliche Nachrichtenagentur Irna und das Staatsfernsehen am Montag. Irans Religionsführer Ajatollah Ali Chamenei ordnete fünf Tage Staatstrauer an. Zudem übertrug er die Amtsgeschäfte an Raisis ersten Vize Mohammed Mochber.

Irans Erster Vizepräsident Mohammad Mochber (2.v.l.), neben ihm der leere Sitz des verstorbenen Präsidenten Ebrahim Raisi (Porträt)
Irans Erster Vizepräsident Mohammad Mochber (2.v.l.), neben ihm der leere Sitz des verstorbenen Präsidenten Ebrahim Raisi (Porträt)

Beileidsbekundungen aus dem Westen halten sich in Grenzen, Iranerinnen und Iraner feiern im In- und Ausland den Helikopterabsturz. Der 63-jährige Raisi soll in früherer Funktion als Staatsanwalt 1988 für zahlreiche Verhaftungen und Hinrichtungen politischer Dissidenten verantwortlich gewesen sein: Seine Gegner gaben ihm den Beinamen "Schlächter von Teheran".

Beileidsbekundungen der Verbündeten - Westen zurückhaltend

Irans Verbündete zeigten sich bestürzt über Raisis Tod. Einige Auszüge der Reaktionen.

Russlands Präsident Wladimir Putin schrieb:

"Als wahrer Freund Russlands leistete er einen unschätzbaren persönlichen Beitrag zur Entwicklung der gutnachbarlichen Beziehungen zwischen unseren Ländern und unternahm große Anstrengungen, um sie auf die Ebene einer strategischen Partnerschaft zu bringen." Die Beziehungen zwischen Teheran und Moskau sind traditionell eng.

Chinas Präsident Xi Jinping ließ über das Außenministerium mitteilen:

"Sein bedauerlicher Tod ist ein großer Verlust für das iranische Volk und auch das chinesische Volk hat einen guten Freund verloren."

Der aserbaidschanische Präsident Ilham Aliyev, der letzte Staatschef, der Raisi vor dessen Tod traf, schrieb:

"Mit Präsident Ebrahim Raisi hat das iranische Volk einen herausragenden Staatsmann verloren, der seinem Land sein ganzes Leben lang mit Hingabe und Einsatz gedient hat."

Jordaniens König König Abdullah II. sagte,

sein "tiefstes Beileid gelte den Brüdern, der Führung, der Regierung und dem Volk der Islamischen Republik Iran zum Tod von Bruder Präsident Ebrahim Raisi".

Der mit dem Iran verbündete syrische Machthaber Baschar al-Assad sprach

sein Beileid für "diesen schmerzlichen Vorfall und dem daraus resultierenden großen Verlust aus."

Auch Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni drückte Solidarität mit dem Land aus. Andere westliche Spitzenpolitiker hielten sich dagegen zunächst zurück

USA bekunden Beileid

US-Außenminister Antony Blinken teilte am Montag in einer schriftlichen Stellungnahme mit, die Vereinigten Staaten bekundeten ihr "offizielles Beileid" zum Tod des iranischen Präsidenten und weiterer Regierungsmitglieder. "Während der Iran einen neuen Präsidenten wählt, bekräftigen wir unsere Unterstützung für das iranische Volk und seinen Kampf für Menschenrechte und Grundfreiheiten", hieß es weiter in der Mitteilung.

Die iranische Führung sieht die USA als Erzfeind. Der Iran und die USA standen in der Vergangenheit immer wieder am Rande eines Krieges. Gerade in den vergangenen Monaten spitzten sich die Spannungen angesichts des Nahost-Konflikts zeitweise dramatisch zu. Die US-Regierung traktiert den Iran auch seit langem mit weitreichenden Sanktionen.

Der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrates, John Kirby, sagte, Raisi sei für grausame Menschenrechtsverletzungen in seinem Land verantwortlich gewesen, ebenso für die Unterstützung von Terrornetzwerken in der gesamten Region. "Keine Frage - das war ein Mann, der eine Menge Blut an seinen Händen hatte", sagte Kirby. Die US-Regierung bedaure aber generell den Verlust von Menschenleben und habe daher offiziell ihr Beileid ausgesprochen. Dies sei übliche Praxis.

Papst bekundet Anteilnahme

Papst Franziskus hat seine Anteilnahme zum Tod des iranischen Präsidenten Ebrahim Raisi zum Ausdruck gebracht. In einem Telegramm am Montagabend bekundete er weiter sein Beileid zum Tod aller, die bei dem Helikopterabsturz am Sonntag ums Leben gekommen waren.

"Indem ich die Seelen der Verstorbenen der Barmherzigkeit des Allmächtigen anvertraue und für die Trauernden, insbesondere die Angehörigen, bete, versichere ich der Nation in dieser schweren Zeit geistige Nähe", schrieb das katholische Kirchenoberhaupt an Irans Religionsführer Ajatollah Ali Chamenei.

Kritik an Beileidsbekundungen der EU

Als einer der wenigen westlichen Politiker sprach EU-Ratschef Charles Michel dem Iran sein Beileid aus. Im Namen der EU drückte er sein aufrichtiges Beileid zum Tod von Präsident Raisi und Außenminister Abdollahian sowie anderer Mitglieder ihrer Delegation und der Besatzung bei einem Hubschrauberunfall auf X (vormals Twitter) aus. Dafür erntete er massive Kritik und Widersprüche.

Auch der EU-Kommissar für humanitäre Hilfe und Krisenschutz Janez Lenarč hatte auf X angekündigt, dass die Europäische Union ihr Erdbeobachtungsprogramm "Copernicus" dafür aktivieren werde, den abgestürzten Hubschrauber zu suchen - unter dem Hashtag #EUSolidarity.


Deutsche und internationale Politiker reagierten empört

CDU-Außenexperte Roderich Kiesewetter schrieb auf X: "Drohnenkrieg gegen die Ukraine und Sie sprechen von EU-Solidarität? Ekelhaft."

Der niederländische Politiker Geert Wilders kommentierte knapp: "EU-Solidarität mit dem Bösen" - dann drückte er seine Hoffnung aus, dass der Iran sein "unterdrückerisches und barbarisches islamisches Mullah-Regime" loswird.

FDP-Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann kritisierte: "Es ist mir ein absolutes Rätsel, wie die EU-Kommission EU-Solidarität mit dem Iran zeigen kann. Was für ein miserabler Hashtag, was für eine Verhöhnung der tapferen Kämpfer für die Menschenrechte im Iran. Ich erwarte eine Erklärung dafür."
CDU-Bundestagsabgeordnete Gitta Connemann meinte: "Unterstützung für einen Massenmörder. Das iranische Terrorregime teilt keine Werte oder Ziele mit der EU. Wie weit soll unsere Selbstverleugnung noch gehen? Es ist beschämend."

Millionen Iranerinnen und Iraner im In- und Ausland feiern

Während das iranische Regime den verstorbenen Ebrahim Raisi als beliebten Politiker inszeniert, machten sich im Internet schon vor dessen bestätigtem Tod Häme und Freudenbekundungen breit. Die sozialen Netzwerke sind voll mit Tanzvideos, Feuerwerken, hämischen Memes und Jubelrufen.

"Nur eine Iranerin versteht, warum ein Hubschrauber-Absturz so viel Freude auslöst", steht im Bild. Die Namen beziehen sich auf Mädchen und Frauen, die im Zuge von Protesten im Iran getötet wurden.

In vielen iranischen Städten wurden Feuerwerke gezündet

Zahlreiche Memes machen die Runde