Italien hält an der EU-Militärmission "Sophia" zur Bekämpfung der Schlepperkriminalität im Mittelmeer fest, verlangt jedoch die Einführung eines sogenannten "Rotationsprinzips" für die Häfen, die Migranten aufnehmen. Diese Forderung will die Regierung aus der rechten Lega und der Fünf Sterne-Bewegung beim EU-Gipfel der Staats- und Regierungschefs am Donnerstag in Salzburg durchsetzen.
"Die wichtigste politische Forderung ist die sofortige Überwindung des Systems, wonach alle von Schiffen der "Sophia"-Mission geretteten Migranten in italienischen Häfen landen müssen", berichtete Italiens Verteidigungsministerin Elisabetta Trenta in einer Ansprache vor dem Parlament in Rom. Die Last für die Migrantenaufnahme müsse unter den EU-Mitgliedsstaaten verteilt werden.
"Mit der "Sophia"-Mission sind seit 2015 45.000 Migranten in Italien eingetroffen. Wir arbeiten für eine Änderung der Missionsregeln. Wenn die EU aus 27 Mitgliedern besteht, müssen wir die Last der Migrantenaufnahme auf 27 Länder aufteilen. Ansonsten beenden wir diese Mission, denn Italien kann nicht Europas Flüchtlingslager sein", meinte Innenminister Matteo Salvini. Es stehe nicht "in der Bibel", dass alle Migranten in Italien eintreffen müssen.
EU-Kräfte dürfen im Rahmen der Militärmission verdächtige Schiffe anhalten, durchsuchen und beschlagnahmen, wenn der Verdacht auf Schlepperei von Flüchtlingen besteht. Mutmaßliche Kriminelle müssen seit der 2015 eingeleiteten zweiten Phase der EU-Operation auch mit einer Festnahme rechnen. Bis dahin lief die erste Phase, bei der es primär um die Informationsgewinnung über die Netzwerke sowie die Rettung schiffbrüchiger Flüchtlinge ging. Die Seenotrettung ist in der Praxis und nach internationalem Recht weiterhin ein Bestandteil der Mission, aber nicht Kern des Mandats.
An "Sophia" - offiziell heißt die EU-Mission EUNAVFOR MED - sind 24 EU-Staaten beteiligt, darunter auch acht Stabsoffiziere aus Österreich. Das derzeitige Mandat läuft noch bis Jahresende. Die Operation besteht aus vier Schiffseinheiten und drei Hubschraubern und drei Flugzeugen zur Luftüberwachung. Zu den neuen Aufgaben der Mission zählt seit 2016 auch die Überwachung illegaler Öltransporte aus Libyen und das Training der libyschen Küstenwache. Mit der Ausweitung der Aktion sollten vor allem Schlepperbanden, die von Libyen aus agieren, bekämpft werden.
Dank der "Sophia"-Mission wurden bisher 151 Schlepper festgenommen und 550 von Schleppern genutzte Schiffe beschlagnahmt. 240 Offiziere der libyschen Marine und der Küstenwache wurden ausgebildet. Geplant ist ein weiterer Trainingskurs für weitere 75 Libyer auf der Insel Maddalena nördlich von Sardinien. 70 Prozent des in Italien ausgebildeten Personals ist bereits an Bord libyscher Schiffe im Einsatz. "Die Ausbildung der libyschen Offiziere erfolgt mit EU-Geldern", berichtete Verteidigungsministerin Trenta. Die libysche Küstenwache und die Marine haben im letzten Jahr 9.000 Migranten bei 70 Einsätzen gerettet. Diese erfolgten auch mit sieben von Italien gelieferten Schiffen.
Den Namen "Sophia" erhielt die Operation nach einem Flüchtlingskind, das auf dem deutschen Marineschiff "Schleswig-Holstein" geboren worden war. Die aus Somalia stammenden Eltern des Babys wurden am 22. August 2015 vor der Küste Libyens gerettet.