Sollte sich der russische Präsident Putin mit dem türkischen Präsidenten Erdogan einigen, behalte man vielleicht doch Hmeimim, die russische Luftwaffenbasis in Syrien. Das hofft Igor, Verlagsmanager und Putin-Fan. "Wenn nicht, auch gut. Die Jagdbomber dort benötigen wir jetzt mehr am Himmel über Neurussland." Neurussland - so nennen Moskaus Freizeitstrategen die Ostukraine.
Russland kämpft mit dem überraschenden Kollaps des verbündeten Regimes Baschar al-Assads in Syrien. Der Kreml und seine Propagandamedien versuchen es mit einer Mischung aus Totschweigen und Schönreden, die Exiloppositionellen, die Militärpatrioten und gemäßigten Analytiker mit Manöverkritik. Und alle kommen vom Thema Syrien immer wieder auf die Ukraine.
Die Staatsagentur TASS titelte am Montag, der Botschafter Bahrains in Moskau habe Russlands Meinung zu Syrien als wichtig bezeichnet. Vizeaußenminister Sergej Rjabkow warnte Israel, eine Annexion der Golanhöhen sei kategorisch unzulässig. Es klingt, als werbe Moskau um die Gunst der siegreichen syrischen Rebellen, die man früher als "Terroristen" bombardierte. Die Russen versuchen offenbar, mit ihnen über ein Bleiberecht auf ihrem Flottenstützpunkt Tartus und dem nahe gelegenen Militärflugplatz Hmeimim zu verhandeln. Beide gelten als wichtiger Umschlagplatz für Russlands Afrika-Nachschub. Aber diese Gespräche dürften schmachvoll sein. Satellitenfotos und Videos zeigen, wie in die Transportflieger in Hmeimim eilig Gerät verfrachtet wird. Oder wie sich russische Militärkolonnen aus dem Landesinneren Richtung Hmeimim bewegen.
Syrien galt als Meisterstück Wladimir Putins. Neun Jahre feierte Moskau seine Intervention zur Rettung Baschar al-Assads als beispielhaftes Gegenmodell zu dem Chaos, das der Westen im Irak oder Libyen verursacht hat. Nun kollabierte Syrien am ersten Dezemberwochenende, "Putins Afghanistan" titeln die Exilmedien. Und sie diskutieren, wie sehr Syriens Fall Putins "Position der Stärke" bei den im neuen Jahr erwarteten Ukraine-Verhandlungen beschädigt. Das vaterländische Narrativ von Putin als unbesiegbarem Feldherrn wird in Frage gestellt. Syrien habe auch dem feindlichen Westen "die Augen geöffnet", titelt das ultrarechte Portal Zargrad mit Blick auf die Ukraine: "Man kann die Russen verjagen".
Der Militärexperte Ruslan Puchow schreibt in der Zeitung Kommersant, Russland erlebe jetzt das Gleiche wie die Amerikaner vorher im Irak und Afghanistan: "In der modernen Welt ist ein Sieg nur in einem schnellen und kurzen Krieg möglich." Tatsächlich meine der Autor weniger Syrien als die Ukraine, sagt ein Moskauer Politologe.