Vucic hatte in einem am Montag ausgestrahlten Interview mit einem regierungsnahen Fernsehsender die Ermittler in den "meisten Staatsanwaltschaften" des Landes als "korrupte Bande" bezeichnet und angefügt, es gebe auch "so viele korrupte Richter, wie ihr wollt". Der Justiz warf er zudem vor, bei den seit Monaten anhaltenden Protesten gegen die Regierung festgenommene Demonstranten unrechtmäßig freizulassen. Es sei "unglaublich", dass jeden Tag Menschen freigelassen würden, die mit "Eisenstangen und Stöcken" um sich werfen und Passanten auf der Straße angreifen würden.
Die Staatsanwälte schrieben nun in einer Gemeinsamen Erklärung dazu weiter, Vucic habe die ihm durch das Recht und die Verfassung gewährten Befugnisse überschritten und missbraucht. Durch Kommentare zu laufenden strafrechtlichen Ermittlungen habe er versucht, "unangemessenen und unrechtmäßigen" Einfluss auszuüben. Angesichts der seit einem Jahr anhaltenden Proteste gegen die serbische Regierung und die Korruption im Land hatte Vucic bereits in den vergangenen Monaten wiederholt Richter und Staatsanwälte attackiert.
Außenpolitisch auf zwiespältigem Kurs
Auslöser der Demonstrationen war der Einsturz eines Bahnhofsvordachs in der Stadt Novi Sad am 1. November 2024, bei dem 16 Menschen ums Leben kamen. Bei den Protesten ging es zunächst um die Ursachen des Einsturzes und die Straflosigkeit der politisch Verantwortlichen, später richteten sich die vor allem von Studierenden getragenen Kundgebungen gegen die Regierung und die weit verbreitete Korruption im Land. Häufig werden bei den Protesten Neuwahlen gefordert. Vucic, der seit Jahren auf einem Kurs zwischen EU-Annäherung und Anlehnung an Russland herumlaviert, lehnt dies weiterhin strikt ab und bezeichnet die Proteste als aus dem Ausland gesteuert. Neuwahlen will er nicht zulassen.
Die zuständige Staatsanwaltschaft hatte kurz nach dem Unglück in Novi Sad Ermittlungen eingeleitet. Im September erhob die Staatsanwaltschaft dann Anklage gegen 13 mutmaßliche Verantwortliche, darunter gegen den früheren Bauminister Goran Vesic. Die Europäische Staatsanwaltschaft (EPPO) ermittelt zudem wegen des möglichen Missbrauchs von EU-Mitteln bei der Renovierung des Bahnhofs.
(Quelle: APA/AFP)
