"Ende des Monats verlässt erstmals ein Land die Europäische Union. Wenn der Brexit kein Ausdruck dafür ist, dass die EU ein Problem hat, was dann?" Diese rhetorische Frage stellte am Mittwoch im EU-Parlament der liberale EU-Abgeordnete Guy Verhofstadt.
Der Brexit ist nicht das einzige Zeichen dafür, dass es nicht rund läuft. Seit Jahren findet die EU keine Lösung für die Aufnahme und Verteilung von Flüchtlingen, für die Regulierung der Finanzmärkte, für ein einiges Auftreten in der Welt, für eine Unabhängigkeit von den USA und der Nato.
Nun sind erstmals alle drei Institutionen der EU - Parlament, Kommission und Rat - einig, eine große Konferenz zur Zukunft Europas zu starten. Die EU-Kommission hat am Mittwoch den 9. Mai, den Europatag, als Starttermin vorgeschlagen. Das ist ehrgeizig angesichts der Tatsache, dass noch nicht einmal geklärt ist, was diese Konferenz sein soll.
Ein Prozess der Bürgerbeteiligung? Eine Demokratiereform, an deren Ende ein neues Wahlrecht und das Initiativrecht für das EU-Parlament steht? Oder gar ein neuer Konvent? Eine Neuverhandlung des EU-Vertrags? Und wenn ja, mit welchem Ziel? Soll es in Richtung mehr Europa bis hin zu einer europäischen Armee gehen, wie das dem französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron vorschwebt? Oder zu einem schlankeren Europa, das sich um die großen Dinge kümmert und die kleinen den Staaten überlässt, wie das Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz will?
Über Inhalte, Methoden und Teilnehmer dieser Konferenz wird in den kommenden Wochen noch heftig debattiert werden. Das Gute jedoch ist, dass die Debatte über die Zukunft Europas endlich in Gang kommt.
