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Steinmeier und Van der Bellen in Tirol mit BBT-Besuch

Die "Tirol-Etappe" des Staatsbesuchs von Deutschlands Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat Donnerstagvormittag mit dem Besuch der Baustelle des Mammutprojekts Brennerbasistunnel (BBT) offiziell begonnen. Steinmeier zeigte sich dabei optimistisch hinsichtlich der mehr als stockenden BBT-Zulaufstrecke in Deutschland. Anschließend stand mit seinem Amtskollegen Alexander Van der Bellen etwa noch ein "Landesüblicher Empfang" vor der Hofburg in Innsbruck am Programm.

Bundespräsidenten und Landeshauptmann posierten vor dem Tunnel-Portal
Bundespräsidenten und Landeshauptmann posierten vor dem Tunnel-Portal

Gegen 10.30 Uhr trafen Steinmeier und Van der Bellen mit einem Polizeikonvoi am BBT-Tunnelportal Ahrental auf Innsbrucker Gebiet ein. Tirols Landeshauptmann Anton Mattle (ÖVP) war bereits 15 Minuten zuvor an Ort und Stelle, um die beiden anschließend in Empfang zu nehmen. Begrüßt wurden die beiden Bundespräsidenten und ihre Ehefrauen Elke Büdenbender und Doris Schmidauer auch von den Vorständen der Brennerbasistunnelgesellschaft BBT SE, Martin Gradnitzer (Österreich) und Umberto Lebruto (Italien), sowie Projektleiter Romed Insam. Adjustiert waren Steinmeier und Van der Bellen sowie die Ehefrauen bereits mit Bauhelmen und Schutzbekleidung.

Nach einem kurzen Posieren vor dem Tunnelportal für die zahlreich anwesenden Journalisten, Fotografen und Kamerateams ging es dann gemeinsam in den Tunnel - besichtigt wurden dort unter anderem die bereits fertiggestellten Haupttunnel West und Ost. Ob auch die Frage des BBT-Nordzulaufs in Deutschland thematisiert wird, blieb offen. Landeshauptmann Mattle, der angesichts des Staatsbesuch von einem "besonderen Tag" sprach, erklärte jedenfalls auf Nachfrage, dass er die Gelegenheit nutzen wolle, "das Thema mit dem deutschen Bundespräsidenten zu kommunizieren". Das sei umso wichtiger, da es sich "beim Brennerbasistunnel um ein europäisches Projekt handelt".

Im Tunnel waren schließlich zwei "Fotospots" eingerichtet, um das große mediale Interesse an den beiden Bundespräsidenten und deren Begleitung zu befriedigen. Alle Akteure schritten unter Tag die zwei am Besichtigungsplan stehenden Tunnelröhren ab. Steinmeier war dabei stetig und angeregt vor allem mit BBT-Vorstand Gradnitzer im Gespräch.

Steinmeier zu BBT-Nordzulauf: "Man vertraut, dass Deutschland seine Aufgabe wahrnimmt"

Zu einem Statement von Steinmeier kam es dann nach der gemeinsamen "Rückkehr" aus dem Tunnel, direkt vor dem Tunneleingang, abermals unter überaus regem Medieninteresse. Steinmeier musste sich vor Journalisten vor allem der Frage nach der Rolle Deutschlands in der Zulaufstrecken-Thematik stellen. Der Bundespräsident berichtete dabei vor allem von seinem Staatsbesuch und seinen damit verbundenen Eindrücken: "In Österreich vertraut man darauf, dass Deutschland in Sachen Zulauf seine Aufgabe wahrnimmt." Er wiederum habe gehört, dass "sich der Deutsche Bundestag im Winter mit der Frage der Finanzierung neu befassen wird." Selbst sei er jedenfalls zuversichtlich, dass "die Zulaufstrecken aus dem Norden" der erhöhten Zugfrequenz nach BBT-Fertigstellung "Rechnung tragen werden".

Zum Thema BBT-Nordzulauf äußerte sich van der Bellen - der mit Steinmeier im Doppel zum BBT-Besuch-Abschlussstatement angetreten war - nicht. Er brachte aber seine "Faszination" gegenüber diesem gewaltigen Bauwerk sowie sein Bedauern, dass der Staatsbesuch heute zu Ende gehen wird, zum Ausdruck. "Schade, dass sich das Ende schon nähert", sagte das Staatsoberhaupt in Richtung seines deutschen Amtskollegen. Aber: "Zum Ende werden wir euch noch einen 'Landesüblichen Empfang' bereiten."

Rufe nach Fortschritten bei Nordzulauf

Beim Brennerbasistunnel war zuletzt Mitte September ein "Meilenstein" gefeiert worden. Mit dem Durchschlag des Erkundungsstollens war erstmals eine unterirdische Tunnelverbindung zwischen Italien und Österreich geschaffen worden. Zeitgleich wurden aber auch Rufe nach Fortschritten bei den Zulaufstrecken laut. So forderte etwa Manfred Gößl, Hauptgeschäftsführer des Bayerischen Industrie- und Handelskammertages (BIKH), eine "unmissverständliche Zusage zum Bau des Brenner-Nordzulaufs seitens der deutschen Bundesregierung". In selbiger Sache nahm am Mittwoch vor dem Staatsbesuch auch Tirols Grünen-Klubobmann Gebi Mair Landeshauptmann Mattle in die Pflicht: "Der Besuch des deutschen Bundespräsidenten ist die ideale Gelegenheit, unsere dringlichste Forderung in Berlin zu platzieren: die Zusage für den BBT-Nordzulauf". Es brauche "Verhandlungen statt BBT-Dauerbesichtigungen."

Der seit 2007 im Bau befindliche Brennerbasistunnel ist ein reiner Zugtunnel mit einer Gesamtlänge von 64 Kilometern, der zwischen Innsbruck und dem Südtiroler Franzensfeste in Italien - hier auf 55 Kilometern - verläuft. Er gilt als Kernelement der neuen Bahnverbindung von München nach Verona. Nach der im Jahr 2031 geplanten Fertigstellung und im Jahr darauf stattfindenden Inbetriebnahme wird der für Güter- und Personenzüge vorgesehene Tunnel die "längste unterirdische Eisenbahnverbindung der Welt" sein. Als Gesamtprojektkosten wurden 10,5 Mrd. Euro veranschlagt. 204 der insgesamt 230 Tunnelkilometer des Brennerbasistunnels und damit 90 Prozent der Gesamtstrecke waren zuletzt bereits herausgebrochen.

Weitere Steinmeier/Van der Bellen-Termine in Innsbruck, mit Zug angekommen

Nach dem Tunnel-Termin stehen für Steinmeier und Van der Bellen am Nachmittag in Innsbruck - unter strengen Sicherheitsvorkehrungen in der Innenstadt - noch weitere auf der "To-do-Liste". Sie besuchen das Schloss Ambras, ein Quantentechnologie-Unternehmen und zu guter Letzt findet der "Landesübliche Empfang" mit Schützen, Musikkapelle und Traditionsvereinen vor der Hofburg statt.

Die beiden Bundespräsidenten waren bereits Mittwochabend in der Tiroler Landeshauptstadt angekommen - und zwar mit dem Railjet. Teile des Innsbrucker Hauptbahnhofes wurden dabei polizeilich abgesperrt. Anschließend huschten die Bundespräsidenten und ihre Ehefrauen in Limousinen, die vor dem Gebäude auf sie warteten.

Staatsbesuch am Dienstag begonnen

Der Staatsbesuch Steinmeiers hatte am Dienstag in Wien begonnen. Nach einem Empfang mit militärischen Ehren durch Bundespräsident Van der Bellen standen neben dem Treffen mit diesem auch solche mit Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP), Nationalratspräsident Walter Rosenkranz (FPÖ) und Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) auf dem Programm, ehe am Abend ein Staatsbankett stattfand. Bei einer Pressekonferenz beschworen Steinmeier und Van der Bellen die europäische Kooperation. Europa befinde sich in Bereichen wie "Wirtschaftsentwicklung, Migration, Fachkräftemangel, Klimaschutz oder Sicherheit" an einer "entscheidenden Wegmarke". Solche Fragen könnten aber nur gemeinsam gelöst werden.

Am Mittwoch eröffnete Steinmeier dann den Neubau der deutschen Botschaft in Wien-Landstraße. Zudem standen unter anderem Besuche bei Rheinmetall MAN Military Vehicles in Wien-Liesing und im Max Reinhardt Seminar in Wien-Penzing am Programm.

Ein Staatsbesuch ist die höchste Form der diplomatischen Wertschätzung zweier Staaten, die ausschließlich den jeweiligen Staatsoberhäuptern vorbehalten ist. Der letzte Staatsbesuch eines deutschen Bundespräsidenten fand 1997 statt und ist damit 28 Jahre her. Roman Herzog weilte damals auf Einladung von Thomas Klestil drei Tage in Österreich. Hauptthema war zu dieser Zeit die bevorstehende EU-Osterweiterung.