Am Donnerstag schrieb die Witwe des in einem russischen Straflager verstorbenen Kremlkritikers Alexej Nawalny unter das Bild auf Instagram: "Mein süßes kleines Mädchen. Ich bin ja zu dir geflogen, um dich zu umarmen und zu unterstützen, aber du sitzt da und unterstützt mich." Julia Nawalnaja sagte in dem Beitrag: "Du bist so stark, so mutig und standhaft. Wir werden mit allem fertig, mein Herz. Wie gut, dass du an meiner Seite bist. Ich liebe dich." Nawalny, der neben der 23 Jahre alten Darja auch einen 15 Jahre alten Sohn hat, war am Freitag im Straflager in der Polarregion gestorben.
Darja Nawalnaja war in der Vergangenheit immer wieder auch mit politischen Forderungen nach Freilassung ihres inhaftierten Vaters in Erscheinung getreten und hatte etwa auch Reden zu seiner Ehrung bei Preisverleihungen gehalten. Sie studiert an der Universität Stanford in den USA.
Nawalnys Witwe war am Freitag nicht sofort zu den Kindern gereist, sondern hatte zunächst auf der Münchner Sicherheitskonferenz Kremlchef Wladimir Putin vor der Weltöffentlichkeit für das Schicksal ihres Mannes verantwortlich gemacht.
Am Montag war sie zu Gast in Brüssel bei der Sitzung der EU-Außenminister und hatte auch ein Video veröffentlicht mit einer Kampfansage an Putin. Sie wolle die Arbeit ihres Mannes fortsetzen. Alexej Nawalny hatte etwa Korruption im russischen Machtapparat angeprangert und Putin öffentlich als Mörder bezeichnet.
Russlands Ex-Präsident Dmitri Medwedew hat derweil in einem von ihm auf seinem Telegram-Kanal veröffentlichten Interview gegen den Toten und dessen Witwe verbal nachgetreten. Über Nawalny könne er nichts Gutes sagen, sagte er zunächst, ehe er über Nawalnaja herzog. "Schauen Sie sich das lächelnde, glückliche Gesicht der Nawalny-Witwe an: Es hat den Anschein, als ob sie all die Jahre darauf gewartet hat, um ihre politische Karriere zu starten", behauptete er den vielen Bildern zum Trotz, auf denen die Trauer Nawalnajas zu erkennen ist. Das Team Nawalnys beantwortete die Verleumdungen Medwedews mit dem Kommentar: "Drecksack. Mieser Drecksack."
Nawalnaja schrieb später auf der Onlineplattform X (früher Twitter), der russische Machtapparat schicke Medwedew nur vor, damit die Leute ihre Aufmerksamkeit auf ihn richteten - und nicht auf Putin. Sie fügte hinzu: "Schreibt darüber, dass Putin Alexej umgebracht hat. Schreibt jeden Tag darüber. Solang die Kräfte reichen."
Nawalny ist am 16. Februar nach Behördenangaben im Straflager mit dem inoffiziellen Namen "Polarwolf" in der sibirischen Arktisregion Jamal ums Leben gekommen. Der durch einen Giftanschlag im Jahr 2020 und wiederholte Einzelhaft im Lager geschwächte Politiker soll bei einem Rundgang auf dem eisigen Gefängnishof zusammengebrochen und trotz Wiederbelebungsversuchen gestorben sein. Zum Zeitpunkt seines Todes war er 47 Jahre alt. Die Todesursache ist unklar.