Mehrere Medien wie das US-Nachrichtenportal "Axios" veröffentlichten die Auflistung, deren Inhalt demnach auch von Regierungsvertretern aus den USA und der Ukraine bestätigt wurde. Der ukrainische Parlamentsabgeordnete Olexij Hontscharenko, der zur Oppositionsfraktion Europäische Solidarität gehört, stellte den Plan via Telegram ins Netz.
Dem Weißen Haus zufolge handelt es sich derzeit noch um ein "Arbeitsdokument". Das Weiße Haus hatte zuvor Bedenken wegen einer Begünstigung Moskaus zurückgewiesen.
Weitreichende Gebietsabtretungen
Dazu gehören weitreichende Gebietsabtretungen an Russland. Bereits jetzt ist etwa ein Fünftel der Ukraine von russischen Truppen besetzt. Ein Großteil davon ist nach fast vier Jahren Krieg weitgehend zerstört.
Laut dem Entwurf des 28 Punkte umfassenden US-Plans würde sich die ukrainische Armee aus dem von ihr kontrollierten Teil der Region Donezk zurückziehen, der zu einer entmilitarisierten Pufferzone unter russischer Kontrolle werden würde. Die beiden teilweise von Russland kontrollierten Regionen Cherson und Saporischschja im Süden der Ukraine würden dem Plan zufolge entsprechend der aktuellen Frontlinie aufgeteilt.
Zudem sieht der Plan vor, dass das Atomkraftwerk Saporischschja der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA unterstellt und der dort produzierte Strom zu gleichen Teilen zwischen der Ukraine und Russland aufgeteilt wird.
Verzicht auf NATO-Beitritt
Die Ukraine hatte auf eine von Europa angeführte Friedensmission gehofft, doch Russlands Weigerung, dem zuzustimmen, spiegelt sich auch in diesem Plan wider. So würde sich die NATO verpflichten, keine Truppen in die Ukraine zu entsenden. Im Gegenzug würde die Ukraine "zuverlässige Sicherheitsgarantien" erhalten, heißt es in dem Plan vage. Nähere Angaben werden zwar nicht gemacht, allerdings sollen im NATO-Land Polen "europäische Kampfflugzeuge" stationiert werden.
Sollte die ukrainische Regierung dem Plan in seiner jetzigen Fassung zustimmen, würde Kiew auch auf einen künftigen NATO-Beitritt verzichten und diese Verpflichtung in seiner Verfassung verankern. Das westliche Militärbündnis würde seinerseits in seiner Satzung jeden künftigen Beitritt der Ukraine ausschließen - und damit einer Kernforderung Russlands nachkommen. Die Ukraine müsste atomwaffenfrei bleiben - und die Truppenstärke der Armee auf 600.000 Mann begrenzen.
Die Souveränität der Ukraine sollte bestätigt - und Russland, die Ukraine und Europa die Konflikte der vergangenen 30 Jahre für beendet erklären. Sie sollten vereinbaren, sich gegenseitig nicht anzugreifen. Russland und die USA würden laut dem US-Plan wieder über nukleare Rüstungskontrolle sprechen. Russland sollte sich per Gesetz dazu verpflichten, Aggressionen gegenüber Europa und der Ukraine abzuschwören.
Wahlen binnen 100 Tagen
Eine weitere zentrale Forderung Moskaus betrifft die ukrainische Innenpolitik: Die Ukraine müsste innerhalb von hundert Tagen Wahlen abhalten, heißt es in dem Plan. US-Präsident Donald Trump hatte sich diese russische Forderung Anfang des Jahres zu eigen gemacht, als er den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj als "Diktator ohne Wahlen" bezeichnete.
US-Regierung: "Guter Plan"
Die US-Regierung hatte am Donnerstag Bedenken wegen einer Begünstigung Moskaus zurückgewiesen. Es sei ein "guter Plan, sowohl für Russland als auch für die Ukraine", sagte die Sprecherin des Weißen Hauses, Karoline Leavitt. Der Plan werde von US-Präsident Trump unterstützt.
Trump selbst würde laut diesem Plan einem "Friedensrat" vorstehen, der den Waffenstillstand überwachen soll - angelehnt an den Nahost-Friedensplan und die darauf basierende Waffenruhe zwischen der Hamas und Israel. Außerdem sieht Trumps Plan eine amerikanisch-russische Arbeitsgruppe zu Sicherheitsfragen vor, die über die Einhaltung des Abkommens wachen sollte.
Wiederaufbau der Ukraine - Rehabilitierung Russlands
In dem Vorschlag wird die Position zu Russlands thematisiert. Demnach soll Russland "wieder in die Weltwirtschaft integriert" und wieder in die G8-Staatengruppe aufgenommen werden, aus der es 2014 nach der Annexion der Krim ausgeschlossen worden war. Bei einer erneuten Invasion der Ukraine würden die Sanktionen gegen Russland wieder in Kraft treten, heißt es in dem Plan-Entwurf. Allerdings werden Moskau darin nur wenige militärische Einschränkungen auferlegt - der Plan besagt lediglich, dass "von Russland erwartet wird, dass es keine Nachbarländer angreift".
Gegründet werden soll nach den US-Vorstellungen ein internationaler Fonds zum Wiederaufbau und zur Entwicklung der ukrainischen Infrastruktur. 100 Milliarden US-Dollar des beschlagnahmten russischen Staatsvermögens sollen in von den USA angeführte Bemühungen für Wiederaufbau und Investitionen in der Ukraine fließen - und die USA dann 50 Prozent möglicher Gewinne erhalten. Die EU sollte 100 Milliarden US-Dollar zum Wiederaufbau beisteuern und beschlagnahmtes russisches Vermögen wieder freigeben.
Humanitäre Fragen
Der US-Plan sieht weiters vor, dass Gefangene und Tote nach dem Prinzip "Alle gegen alle" ausgetauscht werden. Zivilisten müssten freigelassen, Familien zusammengeführt werden - und für alle am Krieg Beteiligten sollte es eine umfassende Amnestie geben. Beide Seiten sollten sich verpflichten, in Schulen gegenseitiges Verständnis und Toleranz zu lehren. Die Ukraine müsste die sprachlichen und religiösen Rechte von Minderheiten nach EU-Standards zusichern.
(Quelle: APA/dpa/AFP)