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Wie reagiert die Nato auf Putins Provokation?

Nach den russischen Kampfjets über Estland testete Russland am Sonntag erneut die Reaktion der Nato. Berlin schickte Abfangjäger.

Eine Aufnahme der schwedischen Luftwaffe zeigt einen russischen Kampfjet im Luftraum des Nato-Mitgliedes Estland.
Eine Aufnahme der schwedischen Luftwaffe zeigt einen russischen Kampfjet im Luftraum des Nato-Mitgliedes Estland.

Wegen einer russischen Militärmaschine über der Ostsee hat die Nato am Sonntag erneut zwei Eurofighter alarmiert. Das zunächst nicht zu identifizierende Luftfahrzeug sei ohne Flugplan und Funkkontakt im internationalen Luftraum unterwegs gewesen, teilte die deutsche Luftwaffe mit. Die Eurofighter starteten auf dem Fliegerhorst Rostock-Laage.

Es habe sich um ein russisches Aufklärungsflugzeug vom Typ Il-20M gehandelt, das mit einer sogenannten Sichtidentifizierung aufgeklärt wurde, so die Luftwaffe. Die Lage im Ostseeraum hat sich mit Luftraumverletzungen Russlands zuletzt weiter angespannt.

Wenn die Nato-Partner kommende Woche in Brüssel zusammenkommen, um über die Überflüge russischer Kampfjets zu beraten, steht eine zentrale Frage im Raum: Werden die USA eine harte Reaktion der Nato erlauben - und etwa eine Warnung eines Abschusses im Wiederholungsfall aussprechen, wie dies der deutsche CDU-Außenpolitiker Jürgen Hardt fordert? Estland hat dazu auch eine Dringlichkeitssitzung des UNO-Sicherheitsrats beantragt.

Der Nato-Artikel 4 sieht Beratungen mit den Verbündeten vor, wenn sich ein Nato-Staat von außen gefährdet sieht. Estland hatte dies beantragt, nachdem drei russische Kampfflugzeuge Armeeangaben zufolge am Freitag unerlaubt in den Luftraum des EU- und Nato-Staats eingedrungen waren. Auch Polen meldete am Freitag, zwei russische Kampfjets hätten sich im Tiefflug einer polnischen Bohrinsel in der Ostsee genähert und dabei eine Sicherheitszone über der Anlage verletzt.

Russlands Regierung wies die Darstellung Estlands zurück. Die Jets hätten den Luftraum des baltischen Nato-Landes nicht verletzt. Das Verteidigungsministerium in Tallinn veröffentlichte auf dem Portal X eine Karte mit der eigenen Darstellung der Flugroute der drei russischen Maschinen. Demnach flogen die Russen am Freitag nicht in dem schmalen internationalen Korridor über dem Finnischen Meerbusen, sondern etwa zehn Kilometer tief im estnischen Luftraum. Sie seien schließlich von Nato-Kampfflugzeugen aus Italien aus dem Luftraum eskortiert worden, hieß es. Die Verletzung des Nato-Luftraums habe etwa zwölf Minuten gedauert.

Wie wird die Nato nun reagieren? Das angekündigte Drosseln US-Militärhilfe für die Ukraine lässt aus Sicht der baltischen Staaten, die sich als frühere Sowjetrepubliken von Russland massiv bedroht fühlen, nichts Gutes erwarten. Russland habe in Estland die These testen wollen, dass die NATO unter einem US-Oberbefehlshaber in Europa "niemals kinetisch auf eine russische Provokation reagieren wird", schrieb der Außenpolitik-Experte der "Zeit", Jörg Lau, auf der Plattform Bluesky in Anspielung auf mögliche Abschüsse russischer Kampfjets über NATO-Gebiet. Christian Mölling, Experte des European Policy Centre in Brüssel, äußerte Zweifel, ob die USA oder das russland-freundliche Ungarn einer schärferen Reaktion der Nato überhaupt zustimmen würden. SN, dpa