Klein und fein und mit einer bezaubernden Altstadt rund um den mittelalterlichen Stadtplatz zeigt sich Steyr, etwa eineinhalb Autostunden von Salzburg entfernt. Geprägt ist die Stadt vom Zusammenfluss von Enns und Steyr, aber auch vom erfolgreichen Unternehmertum von den mittelalterlichen Handelsherren über die Anfänge der Großindustrie bis zu den heute bedeutend gebliebenen Betrieben wie BMW und Magna.
Vom Getriebe der Wirtschaft merke ich bei meinem Kurztrip in Steyr wenig. Die Altstadt überzeugt mit romantischem Charme und vielen netten Lokalen und Geschäften hinter alten Mauern.
Steyr hat aber viel mehr zu bieten als eine bezaubernde Kulisse für eine kurze Aus-Zeit. Diese vier Highlights können Sie nicht in jeder Kleinstadt erleben:
1. Segway Roller - Stadt-Erkundung im Schildkröten-Modus
"Sicherheit geht vor", sagt Segway Guide Peter Schimmel. Darum muss ich zu allererst den Helm aufsetzen, ehe ich auf dem Segway Roller eingeschult werde. Mit der grünen Kopfbedeckung schaue ich aus wie eine Schildkröte. Wie passend: Peter schaltet am Display des Segway Rollers den "Schildkröten-Modus" ein. So fährt der Roller maximal 12 km/h. Ohne Schildkröte-Symbol "flitzt" man mit Tempo 20 durch die Stadt. Wir bleiben zunächst vorsichtig, und schon geht's bergauf mit uns - Richtung Schloss. Die Steyrerin Eva Pötzl führt mich zu ungewöhnlichen Schlossbewohnern: Zwei Steinböcke haben es sich im Schlossgraben bequem gemacht. Wenn im Sommer das Musikfestival Steyr startet, ist ihr Refugium ein wenig eingeschränkt. Die Tiere scheint's nicht zu stören, auch wenn ihnen die Musik vermutlich egal ist - Steinböcke sind schwerhörig.
Schon nach wenigen Minuten fühle ich mich eins mit dem Segway Roller. Erstaunlich, wie leicht sich die Gefährte über das Verlagern des Körpergewichts steuern lassen: Vorbeugen heißt Beschleunigen, leicht zurücklehnen bremsen. Macht Spaß. Weg mit der Schildkröte!
Wir rollen trotzdem nicht übermütig die Steyr entlang. Sehr idyllisch!
Info: www.segway-in-steyr.at
2. e-Bike-Tour: Mit elektrischem Rückenwind raus aus der Stadt
Nicht nur weil es so klein und überschaubar ist, hat Steyr einen enormen Vorteil für Bewegungshungrige: Es liegt vor den Toren des Nationalpark Kalkalpen - und der hat unzählige Wanderwege und Radstrecken zu bieten. Aber auch die unmittelbare Umgebung von Steyr ist ein Dorado für Radfahrer - entlang der Flüsse, durchs Naturschutzgebiet Unterhimmler Au oder für Anspruchsvolle in steilere Gefilde. Mit einem normalen Rad kann man da schon ins Schnaufen geraten. Zum Glück stellt mich Eva dem "Mister e-Bike" von Steyr vor: Rainer Aichinger hat sich ganz auf Räder mit zuschaltbarem Rückenwind spezialisiert, und sein Fuhrpark reicht vom klassischen e-Bike über Mountainbike bis zum Liefer-e-Bike.
Wir fahren raus aus der Stadt - und nehmen eine kurze "Bergwertung": zum Wallfahrtsort Christkindl. Gut, dass es den batteriebetriebenen Turbo gibt. Sonst wäre ich abgestiegen. Oder gleich umgedreht. So aber komme ich sogar mit e-Bike ins Schwitzen, aber immerhin schaffe ich das Ziel.
Info: www.emobility.co.at
3. Nachtwächter Tour
"Gebt's acht auf's Feuer und auf's Licht, dass in der Nacht ka Unglück g'schiecht. "s hat Zwölfe g'schlag'n!" Mit Inbrunst stimmt Nachtwächter Wolfgang Hack sein Lied an. Es ist zwar lang noch nicht Mitternacht, aber ich bin gar nicht böse, dass das Nachtwächter Dine Around früher beginnt. So habe ich einen besseren Ausblick auf Steyr, den mir der mittelalterlich gewandete Geselle gleich zeigen wird. Vorher gibt's am Brucknerplatz vor der Stadtpfarrkirche einen Aperitif, und dann führt mich der Nachtwächter den Kirchturm hinauf. Über 228 Stufen gelangen wir zur Turmstube, wo einst der Nachtwächter samt Familie seinen Dienst versah. Witterte er ein Feuer oder eine sonstige Gefahr, stieß er so laut er konnte ins Horn. Im Video sehen Sie, dass auch Wolfgang Hack diesen Job perfekt beherrscht, nur dass wir anstatt zu wachen, nach dem Rundblick wieder runter dürfen.
Die nächste Station ist das Steyrer Kripperl - eines der ältesten Stabpuppentheater der Welt, das noch bespielt wird. Rührig, wie sich der Verein Heimatpflege um die Erhaltung der rund 500 handgefertigten Puppen und Kulissen, aber auch des Brauchtums sorgt. In der Adventszeit werden hier volkstümliche und religiöse Szenen gezeigt, wie schon vor 160 Jahren. Wir dürfen eine Kostprobe erleben, in der Szene spielt auch der Nachtwächter mit. Danach gibt's die erste Stärkung - ein Weckerl mit Schweinsbraten und Kren.
Der Nachtwächter erzählt uns auf dem Weg durch die Altstadt allerlei Geschichten aus Steyr, ehe wir in die einstige "sündige" Meile Steyrs gelangen - das Viertel der Bader. Wir bleiben auf dem rechten Weg und steigen die Stufen des Michaeler Kellers hinunter. Spannend sind die historischen Stadtaufnahmen des Filmarchivs, die im urigen Ambiente des Kellers gezeigt werden. Dann geht's noch weiter hinunter. Im "Bauch" des Weinkellers werden Suppe und Wein serviert, ein Dudelsackpfeifer sorgt für den richtigen "Soundtrack". Zum Finale geleitet uns der Nachtwächter zum Abendessen in einem der gutbürgerlichen Steyrer Gasthäuser.
Info & Buchung: www.steyr.info/unterkuenfte-kulinarik/dine-around/
4. Die wundersamen Jesus-Kinder vom Wallfahrtsort Christkindl
Ein Ort, der Christkindl heißt: Das klingt nach "ganzes Jahr Weihnachten". Dem ist nicht ganz so, denn im Sommer ist der Wallfahrtsort richtig beschaulich - bei Hochzeitspaaren sehr beliebt. Auch bei Christkindlfans. Denn der Ort kann gleich mit mehreren einzigartigen Exemplaren von Jesuskindern aufwarten: In der Wallfahrtskirche "Zum gnadenreichen Christkindl im Baum unterm Himmel" kann man jene Christkind-Figur aus Wachs bestaunen, die dem Ort seinen Namen gab. Das Wachs-Christkindl wurde schon im 17. Jahrhundert als "wundertätig" verehrt. Was es damit auf sich hat, verrät mir und Ihnen Ferdinand Jakob, der Obmann des Krippenvereins Christkindl, im Video:
Nicht weniger eindrucksvoll sind zwei große Krippenanlagen im Pfarrhof oberhalb der Kirche: Eine mechanische Krippe zeigt, angetrieben von Fahrradketten,eine detaillreiche biblische Landschaft. Der Clou: Das Jesuskind erhebt sich unentwegt aus der Krippe, um die Besucher mit einem huldvollen wink zu grüßen. Das gab's nicht mal in Bethlehem. 300 aus Lindenholz geschnitzte Figuren sorgen hier für reges Leben. Krippen-Experte Ferdinand Jakob gewährt mir Einblicke in die einzigartige Mechanik.
Nicht minder eindrucksvoll ist die Pöttmesser Krippe im Nebenraum - eine riesige orientalische Landschaftskrippe mit 778 geschnitzten und bekleideten Figuren.
Was die Steyrer angehen, machen sie gründlich. Davon zeugen etliche Baukunstdenkmäler, die es in der Stadt zu bestaunen gibt.