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Anderen helfen und damit für sich selbst vorsorgen:Projekt Zeitpolster sucht neue Helfer/-innen

Seit Ende 2021 ist der Verein "Zeitpolster" im Bundesland Salzburg aktiv, seit 2023 im Tennengau. Das Prinzip ist so einfach wie genial: Wer anderen hilft, erhält eine Zeitgutschrift, die später für die eigene Betreuung oder Hilfe eingelöst werden kann.Weitere freiwillige Helfer/-innen werden stets gesucht.

„Wir sind über jeden froh, der mitmacht und uns unterstützt“, sagt Arthur Höllbacher vom Organisationsteam (v. l.: Höllbacher, Reinhard Brüstle und Andrea Wördemann).Bild: sw/c. Fröschl
„Wir sind über jeden froh, der mitmacht und uns unterstützt“, sagt Arthur Höllbacher vom Organisationsteam (v. l.: Höllbacher, Reinhard Brüstle und Andrea Wördemann).Bild: sw/c. Fröschl

Fast sein ganzes Berufsleben, nämlich 38 Jahre lang, war Reinhard Brüstle (64) in der Krankenpflege tätig. "Ich kann mein Engagement in der Pension nicht ganz ablegen und betreue einen an Multipler Sklerose erkrankten Rollstuhlfahrer", sagt Brüstle. Darüber hinaus leitet er das "Team Zeitpolster Tennengau".

Brüstle lebt mit seiner Familie in St. Koloman. Seit Oktober 2023 ist er in Pension und hat Erfahrungen in der Hauskrankenpflege und im Seniorenwohnheim gesammelt. Der gebürtige Vorarlberger erledigt während seiner Betreuungstätigkeit beim Verein "Zeitpolster" Kleinigkeiten im Ausmaß der Nachbarschaftshilfe.

Das "Team Zeitpolster Tennengau" wurde im Vorjahr gegründet. Derzeit sind über 20 freiwillige Helferinnen und Helfer dabei. Sie unterstützen rund 30 Menschen. Das Konzept des sozialen Vereins stammt aus Vorarlberg. Bei diesem Betreuungs- und Vorsorgemodell gilt: Wer anderen hilft, bekommt kein Geld, aber eine Zeitgutschrift, die im Alter oder bei Bedarf gegen Betreuung eingelöst werden kann. Die Helfenden stellen also ihre Zeit zur Verfügung und bekommen die geleisteten Stunden, wenn sie selber eine Betreuung brauchen, 1:1 retour.

Die freiwilligen Helferinnen und Helfer erledigen Alltagskleinigkeiten

Wenn jemand kein Zeitguthaben hat, kostet eine Stunde neun Euro. "Mit diesem Geld sind die Helfenden unfall- und haftpflichtversichert", sagt Brüstle. Außerdem wird ein Teil des Geldes zurückgelegt. Damit werden die geleisteten Stunden zusätzlich abgesichert. Denn sollten einmal helfende Hände fehlen, können die angesparten Stunden zugekauft werden. "Wenn ich 100 Stunden angespart habe, bekomme ich 372 Euro ausbezahlt", rechnet Brüstle.

Die freiwilligen Helferinnen und Helfer erledigen Alltagskleinigkeiten wie Botengänge, gemeinsam einkaufen fahren, Glühbirnen wechseln oder miteinander kochen. "Kinderbetreuung wird immer mehr nachgefragt", sagt Brüstle.

Andrea Wördemann (62) lebt allein und ist seit ihrer Pensionierung bei Zeitpolster, weil "ich meine Zeit sinnvoll nützen möchte". Ihre Familie wohnt in Deutschland. "Das Gefühl, dass ich einen Zeitpolster habe, ist gut", sagt Wördemann. Sie besucht zwei Mal pro Woche eine an Demenz erkrankte Dame um die Mittagszeit. Wördemann leistet der Frau beim Essen Gesellschaft und hört ihr zu. Wenn Wördemann für längere Zeit ihre Familie in Deutschland besucht, ist das kein Problem. "Wenn ich nicht da bin, springt jemand für mich ein."

"Durch unsere Arbeit werden professionelle Dienste entlastet"

Wördemann arbeitet zwei Stunden pro Woche. Alle Helfenden arbeiten so viel sie wollen und es ihre Zeit erlaubt. Das können eine Stunde im Monat oder zehn Stunden in der Woche sein. "Wichtig ist es, dass die Freude dabei ist, jemandem etwas Gutes zu tun", sagt Brüstle, der mit einem vierköpfigen Team organisatorische Aufgaben wie die Vermittlung von Helfenden, die Zusammenarbeit mit den Gemeinden und den Community Nurses erledigt. "Durch unsere Arbeit werden professionelle Dienste entlastet", sagt Brüstle. "Zeitpolster Tennengau" ist bisher das einzige Team im Bezirk. Die Betreuungen finden vor allem im Salzachtal statt.

Im Lammertal gibt es Zeitpolster noch nicht

Zeitpolster ist ein neues Betreuungs- und Vorsorgemodell. Wer heute anderen hilft, erhält eine Zeitgutschrift, die im Alter gegen Betreuungsleistungen eingelöst werden kann. Das Team Zeitpolster Tennengau arbeitet vorwiegend im Salzachtal. Das Lammertal ist nicht abgedeckt, weil es von der Entfernung her zu weit weg ist. Für die Gründung einer Ortsgruppe braucht es anfangs ein lokales Organisationsteam. Erst dann können interessierte Menschen als Helfende die eigentlichen Tätigkeiten übernehmen und ihre Zeit und Hilfe anbieten. In Salzburg werden 329 Menschen von 289 freiwilligen Helfenden betreut. Diese haben von Jahresbeginn bis Ende Juni 1914 Einsätze geleistet und konnten so 3005 Stunden ansparen.

Ein Infoabend findet am 13. November, 17.30 Uhr, im Bräustübl Kaltenhausen statt. Weitere Informationen unter 0664/8848 7902, team.tennengau@zeitpolster.at und www.zeitpolster.com

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