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Angeklagte im Prozess um Menschenhandel: "Die Frauen durften nicht hinaus, es sollte ,undercover' ablaufen"

In dem seit Montag in Salzburg laufenden Mammutprozess gegen fünf mutmaßliche Mitglieder eines vielköpfigen Menschenhändlerrings, der 43 Frauen aus Kolumbien nach Österreich gelockt und hier ausgebeutet haben soll, wurde am Dienstag die Zweitangeklagte einvernommen.

Die 32-jährige Zweitangeklagte, eine gebürtige Oberösterreicherin.
Die 32-jährige Zweitangeklagte, eine gebürtige Oberösterreicherin.

Die 32-jährige Einheimische, sie stammt aus Oberösterreich, war laut Anklage für die Vermittlung der Kolumbianerinnen an die zahlreichen Freier zuständig. Wie berichtet, soll den Frauen aus Südamerika vorgegaukelt worden sein, sie würden in Österreich als legal arbeitende Prostituierte in kurzer Zeit sehr viel verdienen. Tatsächlich war ihre Sexarbeit illegal und die sozial isolierten Frauen hätten das für alle möglichen Sexpraktiken erhaltene Entgelt entweder zur Gänze oder jedenfalls zum größten Teil abführen müssen.

Der mutmaßlich oberste Chef und Drahtzieher des Menschenhändlerrings, ein 34-jähriger Türke, ist untergetaucht. Er soll sich in seiner Heimat versteckt halten. Im Salzburger Prozess erstangeklagt ist dessen (offizielle) Lebensgefährtin - eine 31-jährige Rumänin, die auch ein Kind mit dem 34-Jährigen hat. Die perfekt spanisch sprechende Rumänin soll unter Anleitung des 34-Jährigen die kolumbianischen Frauen erst von Salzburg und dann von der Türkei aus mit eigens erstellten Werbevideos angelockt und für die späteren Opfer die Flüge nach Österreich und deren Abholung organisiert haben.

Termine mit den Freiern und Art der sexuellen Dienstleistung vereinbart

Zurück zur zweitangeklagten Oberösterreicherin (32), die teilgeständig ist. Pikant: Auch sie hatte ein Verhältnis bzw. eine (Sex-)Beziehung mit dem Türken: "Ich habe mich auf einer Datingplattform als Prostituierte angeboten", so die 32-Jährige - und einer ihrer ersten Kunden sei damals der mutmaßliche Bandenchef gewesen. Dieser habe später "kolumbianische Frauen als Prostituierte holen lassen" und zu ihr gesagt, sie könne "da mitverdienen". Ab 2021 habe sie, so die 32-Jährige, für die Kolumbianerinnen, die nach Österreich kamen, "die Termine mit den Freiern vereinbart und auch die Dienstleistungen, die gewünscht werden".

Bemerkenswert: Die Zweitangeklagte sagte - entgegen den Angaben etlicher Opfer -, "dass ich schon davon ausgegangen bin, dass die Frauen 50 Prozent des Entgelts behalten dürfen".

Dass die in Hotels und teils auch in ihrem Reihenhaus im Flachgau unterbrachten Frauen einem strengem Reglement unterlagen, räumte die 32-Jährige ein: Auf Anweisung des Chefs "durften die Frauen außer für die Fahrten zu den Freiern nicht außer Haus gehen. Er wollte, dass alles möglichst ,undercover' abläuft".

Der Prozess wird am Mittwoch mit der Vernehmung der erstangeklagten Rumänin fortgesetzt.