Es ist ein warmer Herbsttag in Lehen, als Susanna Pils den älteren Herrn am Eingang begrüßt. Er ist einer von vielen, die an diesem Vormittag den Flohmarktshop später mit einer vollen Tasche verlassen. "Einer meiner Stammkunden", erzählt sie. Pils ist Obfrau des Vereins "Die SOSA" (kurz für: Die sozialen Salzburger) und betreibt den kleinen Laden in der Scherzhauserfeldstraße. Dort abgegebene Sachspenden verkauft der Verein zu Preisen, die auch finanziell schlechtergestellte Menschen stemmen können. Mit den Einnahmen wird die Miete bezahlt. Alles, was übrig bleibt, geht an bedürftige Familien. Für die ist Pils auch zur Stelle, wenn es Fragen zu Sozialbeihilfen, Anträgen oder der zu hohen Stromrechnung gibt. "Die meisten sind aus Lehen oder Maxglan. Ich habe aber auch Kundinnen und Kunden, die aus dem Lungau kommen", sagt Pils, die den Verein gemeinsam mit dem ehemaligen Gemeinderat Ernst Flatscher gegründet hat.
Nachfrage im Flohmarktshop stark gestiegen
Seitdem sind viereinhalb Jahre vergangen, in denen sich der Laden zu einem Dreh- und Angelpunkt im Stadtteil entwickelt hat. Dass Pils mit ihrem Projekt der Gesellschaft etwas zurückgeben möchte, trifft sich bei der hohen Nachfrage gut: Die hat es zwar schon immer gegeben, aber "sie ist stark angestiegen. Am Anfang des Monats zahlen die Leute noch mit Scheinen, am Ende des Monats mit Münzen", sagt die Obfrau. Kleidung - insbesondere Jacken - verkaufen sich so schnell wie nie zuvor. Aus persönlichen Gesprächen weiß Pils, dass die hohen Lebenshaltungskosten in der Stadt die aktuelle Situation am stärksten befeuern: "Auch die Lebensmittelteuerung ist schwierig. Daher kaufen sich manche eine gebrauchte Jacke, weil sie bei den Lebensmitteln nicht sparen können."
In Salzburg gibt es ein großes Missverhältnis zwischen Einkommen und Lebenskosten
Was die Wohnkosten betrifft, zieht auch die Salzburger Armutskonferenz eine ernüchternde Bilanz: Bei vergleichsweise niedrigen Löhnen oder Gehältern und hohen Quadratmeterpreisen ist Salzburg eines der teuersten Pflaster Österreichs. Aktuell spricht das Netzwerk von landesweit rund 72.000 Salzburgern, die armutsgefährdet sind. "Studien, die sich dezidiert mit der Stadt Salzburg beschäftigen, gibt es wenige", so Katharina Obenholzner von der Armutskonferenz. Der Stadt liegen keine exakten Zahlen vor, heißt es dazu aus dem Büro der Sozialstadträtin. Ein Blick in den Sozialbericht aus dem Jahr 2022 zeigt: Mit rund 18 pro 1000 Einwohnern wird landesweit in der Stadt Salzburg am häufigsten Sozialunterstützung bezogen. Hallein rangiert auf Platz zwei, dort gibt es nicht einmal halb so viele Betroffene.
"Es braucht mehr leistbaren Wohnraum"
Um die Situation zu entschärfen, pocht die Armutskonferenz auf Maßnahmen, die sowohl Existenzen sichern als auch Ursachen bekämpfen. Für die Stadt Salzburg betrifft das die Bereiche Wohnen und Energiekosten im Besonderen, sagt Obenholzner: "Es braucht hier mehr leistbaren, gemeinnützigen und geförderten Wohnraum, der nicht nur aus Eigentum, sondern auch aus Mietwohnungen besteht. Auch Mietobergrenzen und Deckelungen sind wichtig."
Bedarf nach günstigen Angeboten: Familien suchen nach konsumfreien Räumen für Kindergeburtstage
Dass hohe Lebenshaltungskosten Menschen über einzelne Stadtteile hinweg beschäftigen, bekommen zudem die Bewohnerservicestellen zu spüren: "Beratungen für Beihilfen und Anträge haben zugenommen. Wir merken auch, dass immer mehr Bewohnerinnen und Bewohner zu uns kommen, die bisher noch keine Unterstützung in Anspruch genommen haben", so Antje Kindler-Koch. Sie ist für die fünf Bewohnerservicestellen zuständig, die das Diakoniewerk im Auftrag der Stadt Salzburg betreibt.