Am Landesgericht Salzburg hat sich am Donnerstag ein 40-Jähriger erneut wegen eines brutalen Banküberfalls in der Stadt Salzburg verantworten müssen. Der Serbe soll am 23. April 2018 den damaligen Leiter einer Bawag-PSK-Filiale mit zwei unbekannten Komplizen überfallen und gefesselt haben. Er wurde im Juni 2020 zu zwölf Jahren Haft verurteilt. Der OGH hob das Urteil wegen eines Formalfehlers auf. Heute ging es um die Frage, ob das Opfer schwere Dauerfolgen erlitten hatte.
Bei dem Überfall hatte der damals 57-jährige Postangestellte Todesängste erlitten, wie er danach schilderte. Drei Männer brachen in den frühen Morgenstunden über den Hinterhof der Bank in das Gebäude ein und warteten, bis der Angestellte seinen Dienst antrat und die Alarmanlage deaktiviert hatte. Dann drückten sie ihn zu Boden, zogen ihm seine Jacke über den Kopf und fesselten ihn mit Kabelbindern an Händen und Füßen.
Opfer wurde zu Boden gedrückt, gefesselt und es wurde ihm eine Pistole an den Kopf gesetzt
Während einer der Täter mit den Schlüsseln des Mannes den Tresor öffnete, wurde ihm mehrfach eine Schusswaffe an den Kopf gesetzt. Der Angestellte musste dann auch noch ein Schließfach öffnen. Die Räuber entkamen mit rund 43.500 Euro und 40 Goldmünzen im Wert von rund 5000 Euro.
Der gefesselte Filialleiter konnte sich selbst befreien. Er wurde zunächst von einem Kriseninterventionsteam betreut. Danach musste er sich in psychologische und psychiatrische Behandlung begeben. Auch heute noch muss er wegen der attestierten Traumafolgestörung Medikamente einnehmen.
Der Angeklagte wurde am 30. Juni 2020 wegen schweren Raubes mit schweren Dauerfolgen zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von zwölf Jahren verurteilt. Der Oberste Gerichtshof gab der Nichtigkeitsbeschwerde des Verteidigers zu einem kleinen Teil statt. Der OGH habe das konkrete Tatgeschehen als gegeben angesehen, der Schuldspruch wegen schweren Raubes sei rechtskräftig, sagte der Staatsanwalt. Im heutigen Prozess gehe es darum, ob die Folgen der Tat für das Opfer als schwere Dauerfolgen oder als schwere Körperverletzung zu werten seien.
Die Frage, ob es sich bei der partiellen Berufsunfähigkeit, welche die Gerichtssachverständige bei dem Opfer festgestellt hatte, um eine schwere Dauerfolge handelt, muss also noch detaillierter erörtert werden. In einem zweiten Schritt werden die Geschworenen gemeinsam mit den Berufsrichtern über die Höhe der Strafe entscheiden.
Nach dem Überfall befand sich der Postangestellte laut dem Gerichtsgutachten von Psychiaterin Gabriele Wörgötter in einem akuten Schockzustand. Dieser Zustand sei dann in eine posttraumatische Belastungsstörung und schließlich in eine Anpassungsstörung übergegangen. "Er leidet nach wie vor an einer psychischen Erkrankung, die ihn sowohl im Alltag als auch in der Berufsausübung entsprechend beeinträchtigt", fasste die Sachverständige heute das Ergebnis der zweiten Begutachtung des Mannes Anfang Juni zusammen.
Eine relevante Besserung sei nicht zu erwarten, prognostizierte Wörgötter. Der Salzburger leide nach wie vor an Schlafstörungen und Albträumen. Personen mit Kapuzenpullovern machen ihm Angst. Er fährt seit dem Überfall nicht mehr mit öffentlichen Verkehrsmitteln, weil er sich im eigenen Auto am besten geschützt fühlt.
Kernfrage im neuen Prozess: Zog die Tat schwere Dauerfolgen für das Opfer nach sich?
Heute musste der Salzburger in dieser Causa bereits zum vierten Mal aussagen, vor Gericht zum dritten Mal. Das erste Verfahren am Landesgericht Salzburg endete im Jahr 2019 mit einem Unzuständigkeitsurteil. Die Richterin war der Ansicht, dass wegen der posttraumatischen Störung und der dadurch eingeschränkten Arbeitsfähigkeit des Opfers nicht ein Schöffensenat, sondern ein Schwurgericht zuständig sei.
Beruflich ist der Salzburger immer noch eingeschränkt. Er hat die Filiale gewechselt und arbeitet nicht mehr mit "Laufkunden", sondern ist im Firmenkundenbereich für Pakete und Massensendungen zuständig. "Ich habe mit Bargeld fast nichts mehr zu tun", schilderte er der Vorsitzenden des Schwurgerichts, Richterin Gabriele Glatz. Etwa 95 Prozent seiner damaligen Arbeit seien Bankgeschäfte gewesen, jetzt habe er mit Bargeldverkehr fast nichts mehr zu tun. Zudem verdiene er monatlich 200 bis 300 Euro weniger als vor dem Überfall.
Die Sachverständige stellte bei dem Postangestellten eine 20-prozentige Minderung seiner Erwerbsfähigkeit bis zu seiner Pensionierung fest. Falls das Gericht entscheidet, dass diese partielle Berufsunfähigkeit eine schwere Dauerfolge darstellt, ist die Strafandrohung für den Angeklagten höher als bei der Qualifikation einer schweren Körperverletzung. Das Opfer befand sich wegen der Traumastörung neun Monate lang im Krankenstand.
Nach Ansicht des Verteidigers lag keine kriminelle Vereinigung vor, und es sei auch keine Berufsunfähigkeit bei dem Postangestellten gegeben, wie er heute betonte. Der Mann gehe einer Vollzeitbeschäftigung nach und habe Kundenkontakt. "Er verrichtet nach wie vor seine Tätigkeiten bei seinem Arbeitgeber. Eine Berufsunfähigkeit ist meiner Meinung nach nicht gegeben."
Der Angeklagte entschuldigte sich für den Vorfall und sagte, "natürlich tut es mir leid". Er wurde anhand von in der Bank gefundenen DNA-Spuren identifiziert und verhaftet. Der Lkw-Fahrer räumte beim Prozess im Vorjahr eine Beteiligung am Überfall ein. Er sei aber von seinen Mittätern zuerst nach Salzburg gelockt, in einer Wohnung festgehalten und letztlich gezwungen worden, am Überfall mitzumachen. Von einem Komplizen fehlt weiter jede Spur, der zweite soll mittlerweile verstorben sein.
Das Teilschmerzensgeld in Höhe von 16.500 Euro, das Opferanwalt Stefan Rieder für den Postangestellten gefordert hatte, "ist schon im ersten Rechtsgang rechtskräftig geworden", sagte Rieder heute zur APA. Dass der Salzburger heute bereits zum vierten Mal aussagen musste, "ist für ihn extrem belastend".
Gericht nahm keine schweren Dauerfolgen an - dennoch erneut zwölf Jahre Haft
Am Nachmittag wurde nun das neue Urteil gesprochen: Das neu zusammengesetzte Geschworenengericht nahm die vom Staatsanwalt inkriminierten schweren Dauerfolgen beim Opfer infolge der Tat nicht an. Allerdings verhängte das Gericht erneut zwölf Jahre Haft. Das Urteil ist nicht rechtskräftig - der Verteidiger meldete Strafberufung an.