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Bilder meiner Stadt

Bernhard Straßer

So richtig bewusst habe ich mir vorher noch nie ein Bild meiner Stadt gemacht. Sicher, ich habe so manches Foto meiner Stadt gemacht, aber so ein Stadtbild hat bisher selten Diskussionen ausgelöst. Seit Wochen redet man in Deutschland landauf, landab über das jeweilige Stadtbild und was dieses über das größere Bild unseres Landes aussagt. Jeder bildet sich da so seine eigene Meinung. Auch ich.

Statt mich zu Hause zu bilden, stand ich zuletzt am Wochenende oft stundenlang in der Stadt und habe mir ein Bild gemacht, was die Stadt so bewegt. Und wie immer bei Diskussionen, die bundesweit geführt werden, wird es immer schwieriger, je weiter man das Meinungsbild auf die kommunale Ebene herunterbricht. Denn allein schon aus typisch bayerisch-lokalpatriotischen Gründen würde sich bei uns in der Stadt kaum jemand vehement über das Stadtbild beschweren, im Gegenteil. Denn das vom Bundeskanzler raunend angedeutete Problem-Stadtbild war für mich nicht klar erkennbar.

Am ehesten noch im hiesigen Bahnhofsviertel, aber selbst da zeichnet sich zwischen Eisdiele und Wettbüro ein eher bunt durchmischtes Multikulti-Stadtbild ab, um das uns viele Brennpunkt-Großstädte vermutlich beneiden. Jedenfalls fühlt sich das Stadtbild im Bahnhofsviertel am Wochenende nicht weniger fremdartig an als an einem Ostermontag voller Trachtler und unserem Ministerpräsidenten mittendrin.

"Es war nie alles gut, aber selten etwas wirklich schlecht"

Wie immer hängt natürlich alles von der Sichtweise und dem jeweiligen Menschenbild ab. Bei jedem Spiel unserer Dorfmannschaft freue ich mich jedenfalls, dass dieselben Gestalten, die unserem Kanzler vielleicht in der Fußgängerzone negativ aufgefallen wären, dort eine Bereicherung für das Team und die Sportgemeinschaft sind. Natürlich ist auch diese Aussage plakativ und provokativ, und selbstverständlich sollte das Negative in der Politik und der Berichterstattung klar benannt werden. Ein Stadtbild zu zeichnen ist das eine, das gezeigte Bild negativ zu interpretieren das andere. Und das eigentliche Problem ist ja, dass jeder nur darüber diskutiert, ob das Bild positiv oder negativ ist, statt Lösungen zu zeigen, wie man es (noch) besser gestalten könnte.

Ich mag die Stadt, in der ich lebe, und das Dorf, in dem ich aufgewachsen bin. Es war nie alles gut, aber selten etwas wirklich schlecht. Auch unser Stadtbild nicht. Statt die vermeintlich anderen per Photoshop aus dem Stadtbild zu entfernen, wünsche ich mir ein Bild unserer Stadt, das wir gemeinsam gezeichnet und für gut befunden haben.