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Er ist ein Salzburger Nachrichten-Leser der ersten Stunde: Nun feiert Franz Straßgschwandtner seinen 99. Geburtstag

Am 16. September wird der Zeller Franz Straßgschwandtner 99 Jahre alt. Im Gespräch erzählt er aus seinem bewegten Leben und warum er trotz seines hohen Alters geistig noch topfit ist.

Das Lesen ist eine von Franz Straßgschwandtners großen Leidenschaften.
Das Lesen ist eine von Franz Straßgschwandtners großen Leidenschaften.

Franz Straßgschwandtner öffnet die Tür. Freundlich, mit interessiertem Blick und festem Händedruck begrüßt der betagte Mann seinen Besuch. Er bittet einzutreten, führt ins Wohnzimmer. Dort an der Wand hängt ein Kalender von SN-Karikaturist Wizany. "Den bekomme ich seit Jahren zu Weihnachten geschenkt", erzählt der Mann. Er ist ein Salzburger-Nachrichten-Leser der ersten Stunde. "Ich habe die Salzburger Nachrichten abonniert, seit es sie gibt, also kurz nach dem Krieg. Und ich lese die Zeitung jeden Tag gleich nach dem Frühstück", schildert er sein morgendliches Ritual.

Mit Lesen und Rätseln hält er sich fit

Dass Lesen bekanntlich Abenteuer im Kopf ist und geistig gesund hält, belegen zahlreiche Studien. Der lebende Beweis dafür scheint Franz Straßgschwandtner zu sein. "Das Lesen und das Kreuzworträtseln halten mich fit", erklärt er und tippt sich an die Stirn. Dass der 99-Jährige bei bester geistiger Verfassung ist, zeigt sich auch, als er aus seinem Leben erzählt.

Schöne Kindheitserinnerungen trotz Not

Als Kind eines Zimmermeisters kam er 1926 in Zell am See zur Welt. Obwohl die Not oft groß war, erlebte er eine schöne Kindheit. "Wir waren viel draußen und hatten viel Spaß. Zum Beispiel haben wir die Mülldeponie hinter unserem Haus, da, wo jetzt der Fußballplatz ist, durchwühlt. Da habe ich sogar mal einen 20-Schilling-Schein gefunden. Und wir waren oft im Wald, haben Baumhütten gebaut, Nägel und Werkzeug dafür aus der Zimmerei geklaut. Da hat der Vater schon geschimpft", schildert der beinahe Hundertjährige seine Kindheitserinnerungen ganz detailliert.

Den Zweiten Weltkrieg unbeschadet überlebt

Im Jahr 1944 maturierte Franz Straßgschwandtner in Salzburg. Danach wurde er zum Kriegsdienst nach Jugoslawien eingezogen. "Der Krieg war eine wilde Sache, aber ich hatte Glück. Ich bin gut durchgekommen", blickt er auf diese düstere Zeit zurück. Ganz spurlos ging der Krieg aber auch an ihm nicht vorbei - denn danach weigerte er sich, Uniform zu tragen und in Reih und Glied zu marschieren, nahm deswegen auch an Ausrückungen der Feuerwehr, bei der er lange Zeit Mitglied war, nicht teil. "Wir sind im Krieg genug marschiert, zuerst beim Jungvolk, dann bei der HJ. Ich habe gesagt: Mit Marschieren habt's mich gern. Und ich habe nach dem Krieg auch keine Uniform mehr getragen."

Übernahme des elterlichen Zimmereibetriebes

Nach dem Zweiten Weltkrieg arbeitete der Zeller in der elterlichen Zimmerei, wurde später Bauleiter. "Ich habe die Zimmermeisterprüfung und die Baumeisterprüfung gemacht", sagt Straßgschwandtner. Bald darauf ließ er seinen Job als Baumeis- ter sausen und übernahm die Zimmerei.

Straßgschwandtner und seine Frau waren 70 Jahre verheiratet

Seine Frau lernte Franz Straßgschwandtner 1947 in der Tanzschule kennen. 1951 wurde der Bund der Ehe geschlossen. 70 Jahre waren die beiden verheiratet, feierten die gemeinsame Gnadenhochzeit im Seniorenheim. "Meine Frau wurde pflegebedürftig. Das konnte ich dann nicht mehr schaffen." Kurz nach dem Jubiläum verstarb die Gattin.

Lesen, Rätseln und unter die Leute gehen halten fit bis ins hohe Alter

Bis heute lebt Franz Straßgschwandtner alleine in seinem Haus in Schüttdorf. Er versorgt sich selbst, räumt auf, macht die Betten, wäscht sogar seine Wäsche. "Nur am Sonntag, da esse ich bei meiner Tochter Monika."

Auf die Frage, was sein Geheimnis sei, noch immer so fit zu sein, sagt er: "Ich habe gesund gelebt, früh mit dem Rauchen aufgehört. Und es ist auch ein bisserl Glück. Das Wichtigste ist, sein Gehirn fitzuhalten. Man muss interessiert sein, lesen, unter die Leute gehen." Gern unter Leuten war der 99-Jährige immer, ging viel auf Konzerte, hatte einen großen Freundes- und Bekanntenkreis, war Mitglied bei der Liedertafel, Kiwanis, des Ski- und Golfclubs. Und er bereiste die halbe Welt, machte seine ersten Flugreisen bereits in den 50er-Jahren, war in Nordamerika, Mexiko, Südafrika, Israel, Jordanien und vielen anderen Ländern.

Dankbarkeit für ein erfülltes Leben

Das Reisen war neben dem Fotografieren immer die große Leidenschaft des Franz Straßgschwandtner. Noch heute schmökert er gerne in alten Reise-Fotoalben, wenn er gerade nicht liest oder Kreuzworträtsel löst.

Ob er noch Wünsche habe? "Keine mehr", sagt er, "ich bin versorgt, es klappt in der Familie alles, das ist das Wichtigste. Ich habe viel erlebt und viel von der Welt gesehen. Das reicht."

Geburtstagsfeier mit der Familie

Zu seinem 99. Geburtstag am 16. September ist er zum Essen eingeladen, beim Enkelsohn, dessen Frau und den Urenkerln.

Und wie feiert der passionierte Zeitungsleser dann seinen 100er? "Den werde ich nicht mehr feiern", sagt Franz Straßgschwandtner. Doch das Blitzen in seinen Augen, sein verschmitztes Lächeln und sein klarer Verstand lassen anderes vermuten.

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