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Ermittlungsberichte manipuliert? - Harter Anwaltsvorwurf im Salzburger Captagonverfahren

Verteidiger äußert den Verdacht auf "Manipulationen im Ermittlungsverfahren".

Das Salzburger Drogenverfahren um angeblich riesigen Captagon-Handel birgt jede Menge Brisanz.
Das Salzburger Drogenverfahren um angeblich riesigen Captagon-Handel birgt jede Menge Brisanz.

Das Salzburger Mega-Drogenverfahren um den Handel mit Millionen suchtgifthaltiger Captagon-Tabletten vom Libanon über eine Flachgauer Pizzeria nach Saudi-Arabien stand und steht unter keinem guten Stern.

Nachdem im März 2022 acht der 14 Angeklagten am Landesgericht erstinstanzlich zu teils langähriger Haft verurteilt worden waren, wurde kürzlich bekannt, dass ein Polizist des Innenministeriums "irrtümlich" sämtliche Daten aus der mehrjährigen Telefonüberwachung zum Captagon-Akt gelöscht hat. Mit anderen Worten: Die Datensätze zu Tausenden ab dem Jahr 2018 abgehörten Telefonaten zwischen den Angeklagten seien laut den SN vorliegenden Unterlagen "versehentlich unwiederbringlich gelöscht worden" - obwohl kein Auftrag zur Löschung ergangen war bzw. das Verfahren nicht rechtskräftig abgeschlossen ist.

Dessen ungeachtet erhebt nun Kurt Jelinek, Verteidiger von drei zu mehrjähriger Haft verurteilten Mandanten (u.a. dem Pizzeria-Betreiber), schwere Vorwürfe gegen die kriminalpolizeilichen Ermittlungen in dem Suchtgiftfall: Jelinek spricht in seinen Nichtigkeitsbeschwerden an den Obersten Gerichtshof gegen die Verurteilungen am LG Salzburg wörtlich von "hinreichend indizierten großangelegten Manipulationen des LKA Salzburg im Rahmen des Ermittlungsverfahrens".

War späterer Kronzeuge zuvor schon als Polizeispitzel bzw. "agent provocateur" tätig?

Zuvorderst bringt Jelinek vor, dass der begründete Verdacht bestehe, dass der Kronzeuge bzw. Hauptbelastungszeuge der Staatsanwaltschaft gegen die Angeklagten bereits 2018 in Kontakt mit dem leitenden LKA-Ermittler in der Causa gestanden sei und für diesen als Vertrauensperson (VP) bzw. Informant gearbeitet habe; dem Ermittlungsakt zufolge soll der Kronzeuge, ein hier lebender Iraker, allerdings erst 2020 erstmals zur Polizei gegangen und angeblich von sich aus über den mutmaßlichen Handel von Millionen Pillen Captagon "ausgepackt haben". Handfeste Indizien, so Jelinek, würden dafür sprechen, dass - entgegen der Darstellung im Akt - die Ermittler den Kronzeugen wohl gegen Belohnung heimlich dafür eingesetzt haben, um die Angeklagten in - überwachten - Telefonaten mit diesen zu belastenden Angaben bzw. Geständnissen zu verleiten.

Im Salzburger Prozess, so Jelinek, habe das Gericht den Beweisantrag der Verteidigung auf Einvernahme des besagten Ermittlers "unzulässig abgewiesen".