Hätte ich das nötige Kleingeld, würde ich ein Start-up nach dem anderen gründen. Ideen habe ich viele: Warum hat noch keiner eine Mikrowelle erfunden, die kalt statt warm macht? Oder einen alkoholfreien Rotwein, der schmeckt, aber nüchtern macht? Oder Chips, die keine Kalorien enthalten? Eine andere Erfindung, die ich auch gerne gemacht hätte, weil ich seit fünf Jahren ein fleischloses Leben führe, wäre ein schmackhaftes Schnitzel, das nicht aus Tier gemacht ist. Leider gibt es das schon.
Meine Erfinder-Konkurrenten, die all die Ersatzprodukte wie vegane Grillwürste oder pflanzliche Fleischpflanzerl entwickelt haben, müssen künftig ihr Hirnkastl noch mehr anstrengen. Denn geht es nach dem konservativen Block im EU-Parlament, sollen Produktbehauptungen wie Burger, Schnitzel und Co. künftig verboten sein, wenn kein Tier dafür getötet wurde. Die traditionelle Landwirtschaft und Fleischindustrie trug ihre Sorge ins Parlament, dass zu viele EU-Bürgerinnen und -Bürger sich versehentlich einen Tofu-Burger gebraten hätten.
Alle, die so wie ich seit Jahren versehentlich Erbsenprotein-Schnitzel essen und sich vor ihrem Gastroenterologen rechtfertigen müssen, warum sich die Werte auf einmal so verbessert haben, können ein Lied davon singen. Pflanzenwürstel böten nicht dieselben Innereien wie die tierischen Originale, so die Befürworter des Verbotsverfahrens.
Mir selber? Ist es Wurst!
Abgesehen davon, dass ich auch in früheren Fleischesser-Zeiten gar nicht wissen wollte, was in Leberkäse, Weißwurst und Co. drin ist, fürchte ich, dass eine Neuregelung die Verwechslungsgefahr noch weiter verstärkt. Ich weiß zwar nicht, was in der Weißwurst drin ist, aber ich weiß, dass sie nicht weiß ist. Eher hellgrau. Ja, das Beispiel hinkt. Da könnte man ja gleich behaupten, dass im Leberkäse weder Leber noch Käse drin sei.
Die Verwechslungsgefahr ist aber ganz real: Ich bestelle mir hin und wieder sehr gerne vegane Köttbullar oder einen pflanzlichen Whopper. Bei beiden Produkten hatte ich anfangs das Gefühl, dass mir ein unaufmerksamer Mitarbeiter das Fleischprodukt untergejubelt hat, so überraschend gut schmeckte es. Vielleicht liegt es daran, dass meine Geschmacksknospen inzwischen jegliches Gefühl für Genuss verlernt haben. Oder die geldgierige Ersatzproduktindustrie ist so gut geworden, dass so manches arme Schwein künftig um seinen Arbeitsplatz zittern muss.
Mir selber ist es Wurst. Wenn meine Erfindungen Erfolg haben, ernähre ich mich bald eh nur noch von kalorienlosen Chips.
