Innerhalb weniger Wochen wurden in Großarl und Bischofshofen insgesamt drei Wildschweine erlegt. Für den Pongau, wo bisher im Jahr maximal vier Tiere geschossen wurden, ist das eine ungewöhnliche Häufung. Jäger und Bauern rechnen künftig mit einer stärkeren Verbreitung des Schwarzwildes im Bezirk.
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In Teilen Salzburgs, wie in der Antheringer Au im Bild, sind Wildschweine längst keine Seltenheit. Künftig werden sie sich wohl auch im Pongau stärker breit machen.
Im Jänner wurden in Großarl in rund 1600 Metern Seehöhe zwei Wildschweine erschossen. Bereits rund um den Jahreswechsel wurde ein Abschuss am Buchberg in Bischofshofen gemeldet. Das sagt Bezirksjägermeister Johann Sulzberger auf PN-Anfrage. Drei Abschüsse von Wildschweinen in so kurzer Zeit sind im Pongau eine Seltenheit. Das zeigen Statistiken der Salzburger Jägerschaft. Von 2020 bis Ende 2023 wurden im Bezirk demnach insgesamt nur fünf Wildschweine erlegt - vier davon im Jahr 2021. Dass sich Schwarzwild in den Pongau verirrt, ist aber keine Ausnahme mehr. Die Zahl der Sichtungen habe in den vergangenen Jahren zugenommen, weiß Sulzberger.
Jägermeister rechnet zunehmend mit Problemen
"Noch sind die Wildschweine bei uns kein Grund zur Beunruhigung," sagt der oberste Jäger, "aber ich gehe fest davon aus, dass sie uns künftig vermehrt Probleme machen werden." Doch welche Probleme bringt das Schwarzwild mit sich? "Aus Sicht der Jäger ist vor allem das Zusammenleben mit Rehen schwierig. Einerseits können die Schweine durchaus mal ein Rehkitz attackieren, andererseits stören sie im Winter die Fütterung. In Eben haben sie zum Beispiel erst kürzlich Abgrenzungen rund um eine Futterstelle für Rehwild niedergetrampelt", erklärt Sulzberger.
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Johann Sulzberger rechnet mit einer stärkeren Verbreitung von Schwarzwild im Pongau.
Tiere graben Äcker im Lungau um
Hauptleidtragender eines zunehmenden Wildschwein-Bestands wäre aber wohl die hiesige Landwirtschaft. Im Lungau, wo das Schwarzwild bereits viel weiter verbreitet ist und von wo aus aktuell auch die meisten der gesichteten Tiere in den Pongau ziehen, kämpft man schon mit den Folgen der Ausbreitung. Lungauer Bauern berichten vor allem im Süden des Bezirks immer wieder von umgegrabenen Äckern und Schäden auf Feldern, die klar auf Wildschweine zurückzuführen sind. Der dortige Bezirksjägermeister, Franz Lanschützer, erklärt, man arbeite aktuell daran, Tiere mit Sendern auszustatten, um das Verhalten des Schwarzwildes besser beurteilen zu können. Momentan gleiche die Wildschweinjagd einer Suche nach der Nadel im Heuhaufen.
Maisanbau lockt Schwarzwild
Die Pongauer Bauernschaft ist vor der Ausbreitung des Schwarzwildes jedenfalls gewarnt. "Wildschweine verursachen enorme Kulturschäden und es kann dir auch auf der Alm passieren, dass sie dir den ganzen Boden umgraben", schildert Silvester Gfrerer, Obmann der Bezirksbauernkammer. Der verstärkte Maisanbau in der Region gilt mit als Hauptgrund, warum Wildschweine zunehmend angezogen werden. Die Felder sind beliebte Rückzugsorte für die Tiere. "Aufgrund des Klimawandels werden die Vegetationszeiten länger und der Mais wächst auch bei uns besser. Die Erträge sind gut und die Bauern können damit selbst Futtermittel anbauen, deren Preis nicht vom Weltmarkt abhängt", erklärt Gfrerer die Hintergründe der zunehmenden Maisfelder. Um künftig Probleme in der Landwirtschaft vorzubeugen, müsse man sich jedenfalls eng mit der Jägerschaft abstimmen, um auf Sichtungen rasch reagieren zu können.
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Silvester Gfrerer schildert, dass Wildschweine enorme Kulturschäden verursachen können.
Muss Jagd in der Nacht künftig erlaubt sein?
"Die Bejagung der Wildschweine ist allerdings gar nicht so einfach", gibt der Jägermeister zu bedenken. Da die Tiere nachtaktiv sind, seien sie besonders schwer zu erwischen, insbesondere weil in Salzburg die Jagd mit Nachtsichtgeräten verboten ist. "Ich bin grundsätzlich ein großer Unterstützer der bestehenden Regelung, weil das Wild so zumindest in der Nacht zur Ruhe kommen kann. Das ist aufgrund der vielen äußeren Einflüsse, denen die Tiere heutzutage ausgesetzt sind, ohnehin kaum mehr möglich", bekräftigt Sulzberger. Der Filzmooser räumt aber gleichzeitig ein: "Wenn sich das Schwarzwild tatsächlich auch bei uns weiter verbreiten sollte, wovon ich in Zukunft stark ausgehe, werden wir irgendwann über Möglichkeiten der Jagd mit Nachtsichtgeräten sprechen müssen."
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Wildschweine sind vorwiegend in der Nacht unterwegs.
Abschüsse wie jener in Großarl, bei dem auch eine Bache erlegt wurde, seien jedenfalls wichtig, um die Verbreitung zu verlangsamen. "Wenn die Wildschweine einmal da sind, pflanzen sie sich sehr schnell fort", sagt Sulzberger. Prognosen aufzustellen, ab wann es im Pongau zu ähnlichen Problemen wie im Lungau kommen könnte, sei daher kaum möglich.
Zahlen zu den Abschüssen im Detail
Vier Schwarzwildabschüsse in einem Jahr waren bis Ende 2023 der Maximalwert im Pongau. Dieser wurde 2015 und 2021 erreicht.
Bis 2015 gab es zumindest seit 1998 gar keine gemeldeten Abschüsse im Bezirk. Seither liegt die Zahl jährlich zwischen null und vier.
Im Lungau explodierte die Zahl der erlegten Wildschweine im Jahr 2023 und erreichte mit 42 ein Allzeithoch. Der bisherige Maximalwert wurde mit 25 Abschüssen im Jahr 2021 erreicht.
Erste vereinzelte Abschüsse wurden im Lungau ab 2008 gemeldet. Seit zehn Jahren steigen die Zahlen stark an.