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104 Jahre alt: Die bekannte Apothekerin aus Mittersill freut sich über jeden Tag in ihrem Leben

"Gute Laune ist wichtig", sagt sie, "denn damit geht alles besser."

Christa Reinartz, hier vor einem Bild ihres Enkels.
Christa Reinartz, hier vor einem Bild ihres Enkels.

So flexibel und unkompliziert! Als die Redakteurin der 104-jährigen Christa Reinartz unangemeldet einen Besuch abstattet, dürfen Schreibblock und Kugelschreiber sofort ausgepackt werden. Dabei ist das Ansinnen zunächst ja nur die Bitte um einen Termin gewesen. Vielleicht eher früh am Tag, wenn die alte Dame noch nicht zu erschöpft ist…

Davon kann jedoch keine Rede sein. Es ist später Nachmittag und die hochbetagte Pharmazeutin sitzt frisch und munter in ihrem Wohnzimmer. "Machen wir das einfach gleich", sagt sie gastfreundlich. Und gibt diesem Attribut zusätzlich alle Ehre: "Zdenka, bitte bringen Sie unserem Besuch Kaffee und Kuchen." Zdenka ist eine der beiden wechselnden 24-Stunden-Betreuerinnen, von denen die Oberpinzgauerin äußerst angetan ist.

Am Esstisch sitzend, wird dann geplaudert und in Erinnerungen gestöbert. "So manche Details und Jahreszahlen habe ich aber nicht mehr im Kopf", sagt die als Mittersiller Apothekerin im ganzen Oberpinzgau bekannt gewordene Frau. Und freut sich, als klar wird, dass es nicht um einen genauen Lebenslauf geht, sondern einfach um einige Einblicke in ihr so langes Leben. Ein Leben, das von viel Arbeit geprägt gewesen ist. "Aber wissen Sie, das ist mir nie eine Last gewesen - im Gegenteil. Ich habe große Freude an meiner Apotheke gehabt, wo ich die meisten Kunden mit Namen gekannt habe. Die Leute waren nett und haben uns oft gelobt. Und wenn jemand kompliziert gewesen ist oder unzufrieden, hat man mit Fröhlichkeit und Liebenswürdigkeit viel geschafft." Die große Leidenschaft, mit der die gebürtige Sudetendeutsche ihren Beruf ausgeübt hat, beweist der Umstand, dass sie - man lese und staune - bis zum hohen Alter von 89 Jahren gearbeitet hat.

Insgesamt war die Apotheke in der Kirchgasse 56 Jahre lang im Besitz der Familie. "Als wir sie einst von Josef Sedlar gekauft haben, haben wir im Vorfeld an vermögende Personen Bittbriefe geschrieben. Es kamen viele Absagen, aber letztendlich ist es doch gelungen, ein Darlehen zu bekommen", erinnert sich Christa Reinartz. Sie, ihre Schwester und ihre Eltern - der Vater war ebenfalls Apotheker - sind nach dem Zweiten Weltkrieg aus Sudetendeutschland vertrieben worden. "Wir durften nichts mitnehmen, aber wir hatten gesunde Hände und gesunde Beine. Damit kann man viel schaffen, wenn man fleißig ist", sagt die Frau, die am 15. August 1921 zur Welt kam und nun die älteste Bewohnerin der "Oberpinzgauer Hauptstadt" ist.

Dass Christa Reinartz noch täglich mit Begleitung spazieren geht und im Haus selbstständig unterwegs ist, erstaunt enorm: Im Vorjahr war eine große Operation im Bauchraum notwendig, und 2019 - bis dahin schaffte sie alles komplett alleine - zog sie sich bei einem Treppensturz schwere Verletzungen zu. Mit ihren positiven Eigenschaften - dazu zählen Frohsinn und Willensstärke - hat sie ihre Genesung vorangetrieben. "Und ich bin ja auch so gut aufgehoben. Es gibt nicht viele Angehörige, aber dafür sind sie umso lieber mit mir. Und zum Glück kann ich mit dem Festnetz immer noch gut telefonieren - zum Beispiel mit meinen zwei Nichten. Ich lebe wirklich gerne und freue mich schon auf meinen nächsten Geburtstag."

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