"Es belastet mich sehr, dass ich als über 80-Jähriger erstmals in meinem Leben vor Gericht gestellt werde. Und wie ein Verbrecher hingestellt werde." - So kommentierte der Angeklagte, ein hagerer Pensionist aus dem Pongau, der lange Zeit Holzknecht und Lohndiener in einem Hotel war, den (Haupt-)Vorwurf der Staatsanwaltschaft, sich im nationalsozialistischen Sinne (wieder-)betätigt zu haben.
Am Mittwoch musste der 80-Jährige vor einem Geschworenensenat (Vorsitz: Richter Philipp Grosser) Platz nehmen. Neben dem Verbrechen nach dem Verbotsgesetz warf ihm der Staatsanwalt auch Verstöße gegen das Waffengesetz vor.
Fakt ist: Der 80-jährige Angeklagte hat einen Sammler-Tick. Im Juli 2022 waren 14 Polizisten, darunter Cobra-Beamte, auf eine Anzeige hin in seine Eigentumswohnung gestürmt. Die Exekutive entdeckte dort neben einer Masse von allerlei anderen Gegenständen und Trödel auch etliche NS-Devotionalien: Unter anderem ein großes gesticktes Bild, das den Reichsadler samt Hakenkreuz zeigt, eine Hitlerbüste, einen Dolch mit Hakenkreuz, Weinflaschen mit Etiketten, die Hitler zeigen oder etliche Bücher und Hefte aus der NS-Zeit. Zudem stellten die Ermittler zwei Flak-Granatpatronen und einen Schalldämpfer sicher.
Der Staatsanwalt begründete seine Anklage wegen Verstoßes gegen Paragraf 3g Verbotsgesetz so: "Jede nach außen wirksame, positive Darstellung des Nationalsozialismus, seiner Ziele oder Persönlichkeiten ist strafbar. Es reicht schon, wenn man, wie der Angeklagte, NS-Devotionalien in den eigenen vier Wänden für andere Personen wahrnehmbar präsentiert." Der Angeklagte, so der Staatsanwalt, habe es "ernstlich für möglich gehalten, dass er durch sein Handeln von Besuchern seiner Wohnung für eine dem Nationalsozialismus gegenüber positiv aufgeschlossene Person" gehalten werde.
Rechtsanwalt Franz Essl, der Verteidiger des Pensionisten, konterte scharf: "Mein Mandant hat alles Mögliche in seiner Wohnung gesammelt bzw. aufbewahrt. Von altem Trödel über Kuckucksuhren, Bauernschränke, alte Werkzeuge bis hin zu Gegenständen aus dem Dritten Reich. Aber er hat diese inkriminierten Sachen nicht gesammelt, um sie jemanden zu zeigen oder irgendeine Gesinnung zur Schau zu stellen. Er hat das einfach ohne jede Intention gesammelt und aufbewahrt."
Der Pensionist selbst betonte, dass er viele der Gegenstände von einem seit längerem verstorbenen Bekannten als Dank für Entrümpelungsarbeiten bekommen habe. Einiges stamme auch von Onkeln, die im Krieg gewesen seien, und aus seinem Elternhaus. Auf die Frage des Staatsanwalts, warum er "auch diese Nazisachen zuhause aufgestellt" habe, sagte der verwitwete Angeklagte: "Mir gefällt halt alles, was alt ist." In der Wohnung besuchen würde ihn übrigens schon seit Jahren ohnehin nur sein Sohn sowie ganz selten auch ein Schwager.
Nach nur kurzer Beratung sprachen die Geschworenen den Angeklagten vom Vorwurf der NS-Wiederbetätigung gemäß 3g Verbotsgesetz einstimmig frei (rechtskräftig).
Zum Besitz der verbotenen Waffen(-teile) hatte sich der Pensionist ohnehin schuldig bekannt. Das Gericht beendete den Prozess mit einer Diversion: Unter Bestimmung bzw. Setzung einer Probezeit von einem Jahr wird das Strafverfahren eingestellt.