127.000 Salzburger Lebensgemeinschaften - ob verheiratet oder nicht - leben mit Kindern im Haushalt. Hinzu kommen 19.000 Alleinerzieherinnen und 3000 Alleinerzieher. In etwa der Hälfte der Kinder-Haushalte lebt nur ein Kind, in 36 Prozent zwei Kinder, in zehn Prozent drei Kinder. Größere Familien sind statistisch gesehen Exoten: 2015 gab es im Land 101 Familien mit sechs oder mehr Kindern.
Familien mit mehr als zehn Kindern bilden die absolute Ausnahme. Doch das war nicht immer so. Vor weniger als Hundert Jahren war das Gang und Gäbe.
Kinder bedeuteten sogleich Arbeitskräfte, vor allem in der Landwirtschaft. Kinderreichtum war daher auch unabhängig von Stand und Vermögen die Regel.
Kinderreicher Fürsterzbischof
Viel Nachwuchs konnte sowohl Pensionsversicherung für Arme als auch Statussymbol für Wohlhabende sein, die sich den Kinderreichtum leisten konnten - ob erlaubt oder nicht. Fürsterzbischof Erzbischof Wolf Dietrich von Raitenau etwa hatte mindestens 15 Kinder mit seiner Lebensgefährtin, der Kaufmannstochter Salome Alt. Die meisten starben früh, zwei Söhne wurden Mönche. 1609 wurde Salome in den Reichsadelsstand erhoben, ihre Kinder damit "aller Makel und Gebrechen ihrer unehelichen Geburt enthoben".
Klausbauer mit 26 Kindern
Einige Alpentäler waren bis in die Gegenwart als besonders kinderreich bekannt. In Wagrain und im Kleinarltal betrug die durchschnittliche Kinderzahl in der ersten Ehe im 17. Jahrhundert zwischen drei und sechs Kindern, bis ins 20. Jahrhundert waren es fünf Kinder im Durchschnitt. Als "Tal der Kinder" galt lange Zeit das Pongauer Großarltal. Besonderer Kindersegen war Florian Rohrmoser, Klausbauer in Großarl, im 19. Jahrhundert beschieden: Mit seiner ersten Frau hatte er 18 Kinder, nach deren Tod heiratete er seine "Dirn" am Hof und wurde weitere acht Mal Vater. Als er 1901 im Alter von 72 Jahren während einer Frühmesse starb, waren noch zwanzig seiner Kinder am Leben. "Selbst als Familie mit 26 Kindern fiel man im Dorfleben damals nicht besonders auf", erinnert sich sein 92-jähriger Enkel Raphael Rohrmoser an Erzählungen über den familiären Kindersegen.
Zweistellige Kinderzahl als Norm
Was im Tal Normalität war, nämlich Kinderreichtum, wurde in der Zeit des Nationalsozialismus zum ideologischen Vorbild. Mit durchschnittlich sieben Kindern pro Familie galt Großarl als das kinderreichste Dorf Großdeutschlands. Noch 1953 gab es in Großarl keine Familie, die nicht wenigstens sechs Kinder hatte. In den 1960er-Jahren gab es in Großarl und Hüttschlag immer noch viele Familien mit zehn und mehr Kindern. Die Schicksale kinderreicher Familien finden in vergangenen Tagen in den Geschichtsbüchern nur selten Erwähnung, weil sie nicht ungewöhnlich waren.
Ein Landeshauptmann mit sieben Töchtern
Im 20. Jahrhundert wurden Vielkindfamilien immer mehr zur Kuriosität. Der ehemalige Landeshauptmann Hans Lechner (im Amt von 1961 bis 1977) brachte es auf sieben Kinder, allesamt Töchter. Für die jüngste Vergangenheit hat Bevölkerungs-Experte Peter Kurz von der Landesstatistik 1989 eine Mutter mit 17 Kindern und 2007 eine mit 13 Mal Nachwuchs als am kinderreichsten ermittelt. 2016 waren es zwei Mütter mit je zwölf Kindern.
Salzburger Grenzfälle: Kurioses zusammengefasst
Die Salzburger Grenzfälle versammeln Kuriositäten rund um die Grenzen Salzburgs und bilden eine aufschlussreiche Lektüre zu Geschichte, Landeskunde und Politik des Bundeslandes. Autor Stefan Mayer beschäftigt sich seit 2002 mit Besonderheiten in und um Salzburg. Er gestaltet die monatliche Serie "Grenzfälle", von der bereits vier Bücher erschienen sind. Band 4 kann per E-Mail an landesmedienzentrum@salzburg.gv.at bzw. telefonisch unter 0662/8042-2417 um 6,90 Euro bestellt werden. Digitale Versionen aller vier Bände stehen unter www.salzburg.gv.at/grenzfaelle zum kostenlosen Herunterladen zur Verfügung. Einzelne Grenzfall-Artikel können jederzeit abgerufen werden