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Neue Mittelschule Lehen: Helfen, bevor ein Konflikt aufbricht

In der NMS Lehen in der Stadt Salzburg sind jede Woche Sozialarbeiter im Einsatz. Mit Erfolg.

Neue Mittelschule Lehen: Helfen, bevor ein Konflikt aufbricht
Neue Mittelschule Lehen: Helfen, bevor ein Konflikt aufbricht
Neue Mittelschule Lehen: Helfen, bevor ein Konflikt aufbricht
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Neue Mittelschule Lehen: Helfen, bevor ein Konflikt aufbricht
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Neue Mittelschule Lehen: Helfen, bevor ein Konflikt aufbricht

Die Lärmampel in der 2c der Neuen Mittelschule Lehen blinkt Grün. Das bedeutet: Es ist ruhig im Klassenzimmer, die Schülerinnen und Schüler sind konzentriert bei der Sache. In den Bänken sitzen acht Mädchen und elf Burschen, deren Eltern aus acht verschiedenen Nationen stammen. Einer der Buben ist ein syrischer Kriegsflüchtling, der drei Wochen nach Schulbeginn in die Klasse gekommen ist.

An der Tafel hängt ein Stück Packpapier, auf das drei Burschen den Körperumriss eines Mitschülers gezeichnet haben. In Gruppen haben die Jugendlichen die einzelnen Körperteile mit Plus oder Minus markiert, je nachdem, ob sie dort berührt werden möchten oder nicht.

Lippen berühren sei in Ordnung, meint Benjamin. "Außer ein Mann macht das." Freundschaftlich die Haare strubbeln sei auch ok. Auf Ohren, Hals und Bauch prangt ein großes Minus, auf den Penis haben die Schüler ein Plus und ein Minus gemalt.

Die Aktion ist Teil eines Workshops zum Thema "Grenzen setzen". Die Klassenlehrerin hat sich in die Rolle der Beobachterin zurückgezogen und überlässt das Geschehen den Sozialarbeitern Wolfgang Loidl und Iris Perner vom Verein Spektrum. Sie kommen seit dem Schuljahr 2010/11 regelmäßig in die Schule, um die Mädchen und Burschen zu unterstützen, zu beraten und ihnen bei Problemen zur Seite zu stehen. Die beiden sind in insgesamt vier Schulen im Einsatz.

Von Liebeskummer bis Notenstress Zur Sprache kommen in Workshops oder Einzelgesprächen alle Themen, die in einer Klasse oder im Privatleben der Schüler gerade aktuell sind. "Das reicht von Liebeskummer, Notenstress. Lernproblemen und Streit mit Freunden bis zu Drogen und Gewalt in der Familie", betont Loidl. "Wir nehmen alle Probleme ernst." Das Besondere an dem Projekt sei die Vernetzung zwischen dem Schulalltag und der Lebenswelt der Jugendlichen außerhalb der Schule. "Wir sind die Schnittstelle." Die Sozialarbeiter treffen die Schüler auch in deren Freizeit und besuchen sie bei Bedarf zu Hause. Zielgruppe sind stets auch die Eltern und Lehrer.

"Das ist das erste Unterstützungssystem, das über die Schule hinausgeht", erklärt Thomas Schuster vom Verein Spektrum. Die Schüler würden den Kontakt zu den Sozialarbeitern von sich aus suchen. "Das wird nichts von oben verordnet." Ein Vorteil sei, dass die Sozialarbeiter seit vielen Jahren durch die offene Jugendarbeit im Stadtteil vernetzt seien und bereits viel Vertrauen zu den Jugendlichen aufgebaut hätten.

Schon seit 1999 leistet in Salzburg der Verein Neustart Sozialarbeit in Schulen. Derzeit sind fünf Sozialarbeiter in den Polytechnischen Schulen in Salzburg, Neumarkt, Oberndorf und Hallein tätig. Das Kontingent im Poly Salzburg wurde im Mai auf 15 Wochenstunden aufgestockt. Die Mehrkosten trägt das Land.

In der 2c in der NMS Lehen kommt nun das Thema sexuelle Übergriffe zur Sprache. "Es hat im Freundeskreis der Schüler Vorfälle gegeben", sagt Sozialarbeiterin Iris Perner. Die Botschaft des Workshops ist klar: "Nur ihr ganz allein entscheidet, wer euch wann, wo und wie berührt." Eine enorme Entlastung für die LehrerFür die Lehrer seien die Sozialarbeiter eine enorme Entlastung, meint Klassenlehrerin Cindy Limpl. "Wir können viel an sie abgeben." Der Schulalltag verlange Lehrern mehr ab als Wissensvermittlung. "Die Schüler bringen ihre Alltagssorgen und Probleme mit." Mit Hilfe der Sozialarbeiter gelinge es, die soziale Kompetenz der Schüler zu verbessern, sie selbstbewusster zu machen und ihnen Grundwerte im Umgang miteinander zu vermitteln. Vor allem in der Großen Pause gehe es mittlerweile ruhiger zu, meint der zwölfjährige Gashi, dessen Eltern aus dem Kosovo stammen.

Die stellvertretende Schulleiterin Dagmar Neyer kann sich das Leben an der Schule gar nicht mehr ohne die Sozialarbeiter vorstellen. Das Klima an der Schule habe sich verbessert, die Konflikte und handgreifliche Auseinandersetzungen seien weniger geworden. Auch die Zahl der Schulschwänzer sei zurückgegangen. Themen wie zuletzt der Mord im Lehener Park machten bei den Schülern sofort die Runde. "Es kann rasch passieren, dass Probleme zwischen verschiedenen Nationalitäten an die Schule getragen werden." Die Sozialarbeiter könnten im Vorfeld viele Konflikte abfangen. "Eigentlich sollte es an jeder Schule Sozialarbeiter geben."

Das Projekt ergänzt Angebote wie die Schulassistenz, Beratungslehrer und Schulpsychologen. "Es wirkt über die Schule hinaus", sagt Landesschulinspektor Rudolf Mair, der das Projekt nun evaluieren lässt. Bedarf sieht Mair in allen Ballungsräumen. "Es werden immer mehr und schärfere Erziehungsprobleme in die Schule hinein getragen. "

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