Der 50-Jährige, schwer adipös und vorerkrankt (schwerer Schlaganfall, Lungenerkrankung COPD), war am frühen Morgen des 23. Juni 2023 im Schlaflabor der Pneumologie des Uniklinikums gestorben. Todesursache war letztlich ein Atemversagen.
Die nun vor Strafrichter Günther Nocker sitzende Diplompflegerin (Verteidiger: RA Leopold Hirsch) war in der Nacht von 22. auf 23. Juni 2023 zur Überwachung des erheblich vorerkrankten Patienten und zwei weiterer Schlaflabor-Patienten eingeteilt. Im Strafantrag wird ihr angelastet, in jener Nacht den Gesundheitszustand des 50-Jährigen jedenfalls in der Zeit zwischen 3.45 Uhr und 5.28 Uhr nicht lege artis überwacht und trotz laufender Verschlechterung seines Zustandes nicht rechtzeitig ärztliche Hilfe geholt zu haben.
Vorwurf: Diplompflegerin kam ihren Überwachungspflichten nicht nach
Kern-Anschuldigung von Staatsanwalt Christoph Wancata: Die Angeklagte habe damals bei der Patientenüberwachung keine Maßnahmen gesetzt bzw. nicht rechtzeitig Alarm geschlagen, obwohl bei dem 50-Jährigen der sogenannte pCO₂-Wert (Wert für den Kohlendioxidpartialdruck; misst die Abatmung von Kohlendioxid über die Lungen, Anm.) bereits lebensgefährlich hoch gewesen sei bzw. das entsprechende Messgerät schon den diesbezüglichen Höchstwert erreicht hatte. Ab circa vier Uhr Früh sei der Schlaflabor-Patient deshalb schon von CO₂ quasi narkotisiert gewesen - und dann um 5.28 Uhr erstickt.
Verteidiger: Angeklagter "in subjektiver Hinsicht kein strafbarer Fehler anzulasten"
Leopold Hirsch, Verteidiger der Angeklagten, betont, dass "meiner Mandantin in subjektiver Hinsicht kein strafbares Fehlverhalten anzulasten ist". Die Diplompflegerin sei nach 41 Dienstjahren, großteils auf der Kardiologie, eigentlich schon in Pension, habe aber ab September 2022 wieder begonnen, drei Nächte pro Monat im Schlaflabor tätig zu sein: "Sie hatte bei Übernahme des konkreten Patienten nur die schriftliche Vorgabe, dafür zu sorgen, dass der Wert der Sauerstoffsättigung immer bei 90 Prozent liegt. Dafür hat sie gesorgt. Sie hatte aber keinerlei Vorgaben, was die Höhe des CO2 -Werts betrifft. Dass das Gerät, das diesen Wert misst, mit 120 bzw. 125 mmHg bereits die Höchstgrenze erreicht hatte, war ihr überhaupt nicht bewusst. Das Gerät hat auch nicht Alarm geschlagen, es hat weder zu piepsen begonnen noch hat es 'Error' angezeigt."
Angeklagte durch die Tragödie selbst schwer psychisch belastet
Die Angeklagte, sie leidet sichtlich an der Tragödie, betonte, dass ihr damals aufgetragen worden sei, "den Patienten zu verkabeln und den Schlaf zu überwachen. Meine Aufgabe war, ihm kontinuierlich Sauerstoff zu geben, wenn die Sättigung sank." Sie habe, so die Angeklagte, keine Vorgabe gehabt, "wie hoch der CO₂-Wert sein muss. Oder maximal sein darf. Für mich war dieser Wert von 120 zwar hoch, aber nicht alarmierend. Erstens wusste ich gar nicht, dass das der Höchstwert des Geräts ist, es gab ja auch überhaupt kein Warnsignal. Zweitens war der Patient chronisch schwer krank - die 120 waren für mich so etwas wie ein Ausgangswert - zuerst hatte ich nämlich keine Werte, weil der Patient so unruhig war und sich ständig den Sensor herausriss."
Der geladene Sachverständige entlastete die Angeklagte im Prozess insofern, als er betonte: "An die schriftliche Vorgabe betreffend die Sauerstoffsättigung des Patienten hat sich die Angeklagte gehalten. Weitere Vorgaben lassen sich im Protokoll nicht erkennen." Allerdings, so hielt der Gutachter auch fest, "waren die späteren Sauerstoffgaben durch die Angeklagte angesichts des damals bereits ab circa 1.30 Uhr extrem hohen pCO₂-Werts fatal, ja völlig kontraproduktiv und letztlich todesursächlich".
Prozess vertagt: Richter will Diplompfleger und Ärzte als Zeugen hören
Opferanwalt Stefan Rieder, er vertritt die Eltern und die Schwester des Verstorbenen, stellte in der Folge mehrere Beweisanträge, denen das Gericht großteils nachkam: Richter Günther Nocker vertagte den Prozess auf vorerst unbestimmte Zeit; er will etwa jenen Diplompfleger als Zeugen hören, der damals den Patienten an die zum Nachtdienst eingeteilte Angeklagte übergeben hatte. Es gelte zu klären, welche konkreten Anweisungen die Angeklagte bezüglich der Überwachung des 50-Jährigen bekommen habe.
Weiters will Nocker zwei Ärzte als Zeugen vernehmen, unter anderem jenen Arzt, der damals Nachtdienst hatte, von der Angeklagten erst um 5.28 Uhr verständigt worden war und der trotz sofortiger Reanimationsmaßnahmen das Leben des Mannes leider nicht mehr retten konnte.
Opferanwalt Rieder betonte nach dem Prozess gegenüber den SN, "dass es zu klären gilt, ob die Angeklagte eine Schulung erhalten hat, welche Relevanz die CO2 -Werte bezüglich der Gabe von Sauerstoff haben".



