Die Angeklagten - alle in U-Haft - zeigen sich zwar grundsätzlich zum Suchtgifthandel geständig, wollen aber, wie sie am Donnerstag im Prozess betonten, deutlich weniger Drogen verdealt haben. Ausgeforscht wurden die Angeklagten im Alter zwischen 30 und 35 Jahren, weil ihre Kryptohandys geknackt worden waren. Laut Staatsanwältin Sandra Lemmermayer hatten die Angeklagten über den - angeblich nicht entschlüsselbaren und abhörsicheren - Krypto-Messengerdienst "SKY ECC" kommuniziert.
Tatsächlich war es aber - im konkreten Fall - französischen Behörden im Rahmen einer großen internationalen Polizeioperation gegen organisierte Drogenkriminalität gelungen, die jeweiligen SKY-ECC-PINs der Angeklagten zu identifizieren und so deren Chats zu entschlüsseln. Die entschlüsselte Kommunikation wurde dann Österreichs Behörden im Rechtshilfeweg zur Verfügung gestellt.
Laut Staatsanwältin bedienten sich die Männer bei ihren Telefonaten und in den Chats untereinander "zwar einer konspirativen, für das Drogenmilieu typischen Diktion" - dennoch sei es gelungen, ihnen zahlreiche Lieferungen bzw. Schmuggelfahrten vom Balkan nach Salzburg und die Weitergaben bzw- -verkäufe hierzulande nachzuweisen.
Konkret sollen die Bande ab Sommer 2019 bis zum Februar 2024 im Rahmen einer kriminellen Vereinigung fast 365 Kilo Cannabis, 24 Kilo Kokain, zwei Kilo Speed sowie kleinere Mengen an Crystal Meth und 1050 Stück Ecstasy bezogen haben. Zum größten Teil seien die Drogen in Serbien und Bosnien bezogen worden. Bemerkenswert diesbezüglich: Der mutmaßliche Bandenkopf selbst, ein 55-jähriger Serbe, ist flüchtig. Der 55-jährige Serbe, der auch in Salzburg eine Wohnadresse hatte, soll die Lieferungen am Balkan organisiert haben; die Drogen seien meist per Lkw durch diverse, unbekannt gebliebene Kuriere nach Salzburg gelangt.
Ebenfalls führend beteiligt an den Drogengeschäften war laut Staatsanwältin auch der 34-jährige Sohn des 55-Jährigen "Kopfes" - der Sohn ist im nunmehrigen Prozess der Erstangeklagte. Die weiteren vier Angeklagten waren für Weitergabe und gewinnbringenden Verkauf der Drogen in Salzburg zuständig, ein Angeklagter soll zudem seine Wohnung als Suchtmittelbunker bzw. Zwischenlager zur Verfügung gestellt haben. Die eingeschmuggelten Drogen haben einen Verkaufswert von rund vier Millionen Euro.
Am Donnerstag, im fortgesetzten, von Strafrichterin Ilona Schalwich-Mózes geleiteten Prozess, "schmälerten" die Angeklagten in ihren Aussagen die Drogenmengen, die sie organisiert bzw. weitergegeben haben sollen. Die Ermittler hätten unzulässige Hochrechnungen angestellt, Zahlen missinterpretiert. Das Quintett wird von den Anwälten Leopold Hirsch, Franz Essl, Kurt Jelinek, Robert Morianz und Christoph Margreiter verteidigt.
Die Vorsitzende Richterin hielt dem Erstangeklagten - er soll die kriminelle Vereinigung mit seinem untergetauchten Vater gegründet haben - vor, er sei "jener Angeklagte, der am bemerkenswertesten aussagt". Zuerst habe er, der Erstangeklagte, "nichts gesagt", dann ein ausführliches Geständnis gemacht, "und jetzt liegt nur noch ein Teilgeständnis vor". Tatsächlich zeigte sich der 34-Jährige eher wortkarg, nichtwissend und - bezüglich einzelner Drogenanlieferungen und -weitergaben - mit Erinnerungslücken behaftet.
In ihren Chats hatten die Angeklagten übrigens Spitz- bzw. Nicknamen wie "doktor", "MR Armani", "Mr. Nice" oder "LeBron" verwendet. In welchen Dimensionen hier Suchtgiftgeschäfte abgewickelt wurden, zeigt sich etwa an folgenden Chats, wo es heißt: "Das Weiße ist bezahlt 35500. 22000 sollen sie fürs Gras abziehen". Oder: "Heute habe ich Sim 16100 gegeben. Und er hat ja auch soviel genommen (...)".
Eine erneute Vertagung des Prozesses schien wahrscheinlich.