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Timon darf nicht in Gehörlosenschule in Lehen: Familie schaltet Volksanwalt ein

Der Siebenjährige kann nicht sprechen, aber hören. In die Schule für Gehörlose darf er deshalb nicht. Die Familie muss eine Privatschule zahlen.

Mutter Corina Wallinger mit dem siebenjährigen Timon.
Mutter Corina Wallinger mit dem siebenjährigen Timon.

Kommende Woche geht auch der Schulalltag für Timon wieder los. Der siebenjährige Bub wird die zweite Klasse in der Volksschule des Diakonievereins in Aigen besuchen. Auch wenn Timon dort gut unterstützt wird, wäre es der Familie lieber, er ginge in eine andere Schule: Aufgrund eines Gendefekts kann Timon nur einzelne Worte sprechen. Er hört alles und drückt sich großteils mit Gebärden aus. In seiner jetzigen Schule verstehen die anderen Kinder aber keine Gebärden. In der Josef-Rehrl-Schule in Salzburg-Lehen wird in Gebärdensprache unterrichtet.

Trotz ärztlicher Empfehlung nicht an Gehörlosenschule angenommen

Timon wurde dort aber nicht aufgenommen - trotz ärztlicher Empfehlung. Zuletzt wurde der Familie als Absagegrund genannt, dass Timon Defizite über die Sprachprobleme hinaus habe. Zwar gibt es in der Josef-Rehrl-Schule auch Sonderschulklassen, dort wäre er aber unterfordert.

Nach einem SN-Bericht im Frühjahr wandte sich die Familie an die Volksanwaltschaft. Diese erreichte noch vor dem Sommer bei der Bildungsdirektion, dass für Timon eine Helferkonferenz abgehalten wird. Das Ergebnis sei allerdings enttäuschend gewesen, sagt Mutter Corina Wallinger. Experten der Bildungsdirektion hätten Timon in seiner aktuellen Schule besucht und festgestellt, dass er sich wohlfühle.

Gebärdenunterricht muss derzeit privat finanziert werden

Um ihn weiter zu unterstützen, werde er im kommenden Schuljahr zwei Mal pro Woche Sprachheilförderung bekommen. Auch könne eine Gebärdenlehrerin in die Schule kommen, diese müsste die Mutter aber selber zahlen. Eine Einheit kostet 70 Euro.

Auch nach der Konferenz bleibt bei der Familie die Frage, warum Timon nicht in die Josef-Rehrl-Schule gehen darf. Gebärdenunterricht bekäme er dort ohne zusätzliche Kosten. Auch Logopädie gäbe es dort. "Wir zahlen dafür derzeit 100 Euro pro Einheit. Eigentlich sollte er zwei Mal pro Woche gehen, aber das ist uns zu teuer."

Teure Privatschule und langer Schulweg

Dazu komme auch noch, dass Timon jeden Tag vom Samariterbund in die Schule nach Aigen gefahren werden muss. In die Rehrlschule könnte er zu Fuß gehen. "Den Transport zahlen wir zwar nicht selbst, aber es sind unnötige Kosten, die von der Allgemeinheit getragen werden."

Für die Familie ist die jetzige Schulvariante auch aus anderen Gründen finanziell problematisch. Die Privatschule kostet 550 Euro im Monat. Auch musste die Mutter beruflich zurückstecken, weil für den Sohn die Ganztagesbetreuung auf Dauer zu anstrengend war. "Nach dem Unterricht ist er weiter unter Kindern, mit denen er sich nicht verständigen kann. Das war ihm zu viel."

Die Mutter ließ sich nun von der Arbeit bis November karenzieren. Sie fährt Timon selbst in die Schule und holt ihn wieder ab. Das alles könnte sie sich ersparen, wenn ihr Kind in die Josef-Rehrl-Schule dürfte. "Uns wurde ärztlich bestätigt, dass er wohl nie normal sprechen wird. Timon muss die Gebärdensprache richtig lernen. Da ist er in einer anderen Situation als Kinder, die wir in der Rehrlschule kennengelernt haben: Da haben die Eltern gesagt: Mein Kind kann schon drei Sprachen, da ist die Gebärdensprache ein netter Bonus."

Jetziges Setting laut Bildungsdirektion ideal

In die Josef-Rehrl-Schule für gehörlose Kinder gehen auch Kinder ohne Beeinträchtigung. Die genaue Zusammensetzung der Klassen ließ die grüne Landtagsfraktion in einer Anfrage an Bildungslandesrätin Daniela Gutschi (ÖVP) erheben. Die Antwort blieb man aber mit Verweis auf die Sonderpädagogik als Bundesvollzugsmaterie schuldig. Es gebe aber keine Klasse, in die kein gehörloses Kind gehe, hieß es.

Die Beantwortung habe die Entscheidung der Bildungsdirektion nicht nachvollziehbar gemacht, sagt Grünen-Abgeordnete Kimbie Humer-Vogl. "Ein Kind muss täglich durch die halbe Stadt fahren, um eine Schule zu besuchen, die seine Bedürfnisse nach Kommunikation nicht erfüllt. Wir appellieren an die Bildungsdirektion, endlich den Bedürfnissen des Kindes gerecht zu werden und Timon wohnortnah in der Rehrlschule zu beschulen."

Die Bildungsdirektion betont, dass Timon an seiner jetzigen Schule gut unterstützt werde - mit Logopädie und durch Sprachheillehrpersonen. Die Bildungsdirektion habe festgestellt, dass das jetzige Setting für ihn ideal sei. Die Josef-Rehrl-Schule biete für Timon nicht das passende Profil. Ein Kind mit solchen Befunden profitiere dort nicht so sehr wie im jetzigen Setting.

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