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Traktoren und Fahrräder: Tipps für sicheres Miteinander auf engen Landstraßen

Jetzt im Sommer treffen auf den schmalen Landstraßen haufenweise Fahrräder und Traktoren aufeinander. Da wird's oft eng.

Wenn sowohl Rad- als auch Traktorfahrer Rücksicht nehmen, dann lässt sich auch auf den Landstraßen der vorgeschriebene Abstand einhalten.
Wenn sowohl Rad- als auch Traktorfahrer Rücksicht nehmen, dann lässt sich auch auf den Landstraßen der vorgeschriebene Abstand einhalten.

Johann Steiner, der Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbands in Traunstein, kann ein Lied davon singen. Sein Hof steht oberhalb des Tachinger Sees. An seinen Feldern führt nicht nur der viel befahrene Rundweg um den Waginger See vorbei, sondern auch der Benediktweg, ein knapp 250 Kilometer langer Pilgerweg zu Ehren von Papst Benedikt XVI. Von Frühling bis Herbst sind beide Routen voll mit Radfahrerinnen und Radfahrern. "Am schlimmsten ist es von Freitagnachmittag bis Sonntagabend", erzählt der 59-Jährige.

Wann immer es möglich ist, verschiebt Hans Steiner die Feldarbeit auf andere Tage. Aus gutem Grund: "Wenn ich Gülle fahre, dann brauche ich außerhalb der Radsaison 30 Minuten pro Fass. In der Radsaison sind es 50 Minuten", erzählt der Landwirt. Das Silieren erledigt er gerne in den frühen Morgen- oder späten Abendstunden - "um Stress zu vermeiden", wie er sagt.

Dieser "Stress" ergibt sich automatisch. Denn selbst asphaltierte Wirtschaftswege sind oft nur zweieinhalb oder drei Meter breit - so breit wie es heutzutage eben auch ein Traktor oder ein Güllefass sind. "Ich weiche aus, wann immer es geht. Aber oft frage ich mich auch, wohin ich ausweichen soll", gesteht der Tenglinger.

Gegenseitige Rücksichtnahme hilft

Beim Überholen von Fahrrädern müssen Kraftfahrzeuge laut Straßenverkehrsordnung innerorts eineinhalb und außerorts zwei Meter Seitenabstand halten. Doch auf den schmalen Landstraßen ist das schwierig bis unmöglich. Darum hilft nur gegenseitige Rücksichtnahme beziehungsweise Verständigung. Die Regel lautet so: Wenn der Traktorfahrer ein deutliches Handzeichen erhält, das ihm das Einverständnis signalisiert, darf er den Radfahrer mit äußerster Vorsicht überholen - nämlich so, dass er langsamer fährt, die überholte Person im Blick behält und jederzeit reagieren kann.

Schließlich ist es für Radfahrer nicht ganz ohne, wenn die wuchtigen Bulldogs - sie sind nicht nur so breit wie ein Lkw, sondern wiegen schon ohne Anhänger bis zu sieben Tonnen - an ihnen vorbeipreschen. Wobei der Traunsteiner Kreisobmann betont, dass durch die Größe oft ein falscher Eindruck in Bezug auf die Geschwindigkeit entsteht. Die meisten Traktoren seien deutlich langsamer unterwegs, als man glauben würde, so Steiner. "Ich habe mal einen, der dachte, dass ich mit 40 km/h fahre, auf meinen Bulldog geholt und ihm gezeigt, dass ich gerade mal 14 km/h fahre."

Doch selbst wenn ein Traktor ein moderates Tempo fährt, bleiben brenzlige Begegnungen mit Fahrrädern nicht aus. Eine Stelle, an der es wiederholt zu gefährlichen Begegnungen gekommen ist, ist die bergige und kurvige Straße von Tengling nach Lampertsham bei Palling. Dort steht seit einigen Monaten ein Schild, das Radfahrer auffordert, langsam zu fahren: "Wenn da ein Radfahrer schnell den Berg runterfährt, dann hast du als Bulldogfahrer fast keine Chance, den rechtzeitig zu sehen und zu reagieren", sagt Steiner.

"„Radfahren ist Freizeit, Traktorfahren ist Arbeitszeit.“"
Johann Steiner
BBV-Kreisobmann

Der Milchbauer würde sich wünschen, dass Radfahrer rücksichtsvoller unterwegs sind. "Sie sollten sich bewusst machen, dass Radfahren Freizeit ist und Traktorfahren Arbeitszeit." Natürlich ärgert es ihn, wenn er unter Zeitdruck steht und dann ein Radfahrer "stur mit 10 oder 15 km/h vor mir herfährt und ich ihn nicht überholen kann". Die besten Erfahrungen macht Hans Steiner mit Familien. "Die bleiben am ehesten stehen und lassen mich vorbei." Viele andere würden nicht einmal ins Bankett ausweichen.

Doch das ist vor allem für Rennradfahrer, die auf schmalen Reifen unterwegs sind, schwierig, wie Christian Leitenbacher, der Vorsitzende des Radsportvereins "Radlpower" Petting, erklärt. Gerade schadhafte Bankette mit hohen Asphaltkanten stellen ein erhebliches Sturzrisiko dar. "Wenn du ganz langsam fährst, dann kannst du vielleicht ins Bankett ausweichen. Aber sonst ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass du stürzt", so Leitenbacher.

Platz machen fällt Radfahrern leichter

Er selbst ist viel mit dem Rad unterwegs - allein und mit seinen Vereinskameraden. Gefährliche Begegnungen mit Traktoren blieben ihm erspart. Vermutlich auch, weil er im Zweifelsfall kurz stehenbleibt, um Platz zu machen. "Wenn es eng wird, dann fahre ich auch an die Seite und steige ab. Da muss man eben ein bisschen Rücksicht aufeinander nehmen", sagt der Pettinger.

So sieht es auch Günter Wolf vom Radsportverein Berchtesgadener Land: "Die Bauern sind ja beruflich unterwegs. Darum fahren wir an die Seite und steigen ab, wenn es eng wird." Der Bad Reichenhaller ist schon sein ganzes Leben lang viel mit dem Fahrrad unterwegs; selbst jetzt mit 80 fährt er mit seinem Mountainbike - ohne Elektromotor - noch rund 2000 Kilometer im Jahr. Viele davon strampelt er gemeinsam mit den anderen Seniorinnen und Senioren vom RSV Berchtesgadener Land.

Mit ihrem rücksichtsvollen Verhalten machen es die Mitglieder der beiden heimischen Radsportvereine genau richtig. Denn ein erneuter Blick in die Straßenverkehrsordnung zeigt: Ist eine Straße durchgehend schmal, dann gilt das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme. Platz machen müssen demnach die Verkehrsteilnehmenden, denen es leichter fällt. Und das werden auf einem Feldweg in der Regel nicht die Traktorfahrer mit ihren Anhängern oder Anbaugeräten sein.

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