Nach sechs Jahren des Wartens und der Ungewissheit beginne für sie jetzt in Salzburg ein neues Leben, sagt eine Irakerin, die 2015 mit ihrer Familie nach Salzburg geflüchtet ist. Seit drei Wochen hält die 55-Jährige, die in ihrer Heimat als Lehrerin gearbeitet hat, die Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr in Händen. Vor zwei Tagen hatte sie den ersten Schnuppertag als Heimhilfe in einem Altersheim. Nun hofft sie, bald eine Wohnung zu finden und aus dem Flüchtlingsquartier in Salzburg-Schallmoos ausziehen zu können. "Ich habe mich geschämt, von der Grundversorgung leben zu müssen, aber ich durfte bisher nicht arbeiten, das hat mich sehr belastet." Dazu kam 2018 die Scheidung von ihrem Mann.
Ohne die Hilfe des Vereins Hiketides (griech. "Schutzbefohlene") hätte sie das alles nicht geschafft, sagt die Frau. Der Verein bietet im Bundesland Psychotherapie für Flüchtlinge an. Viele leiden unter Kriegstraumata, auch die unmenschlichen Zustände auf der Flucht hinterlassen tiefe seelische Spuren. Dazu kommt die zermürbende Zeit des Wartens im Asylverfahren. Die Nachfrage nach Psychotherapie sei ungebrochen, sagt die Geschäftsführerin von Hiketides, Petra Digruber. 15 Menschen stehen auf der Warteliste, im Vorjahr wurden 24 Frauen und 42 Männer betreut. Durch das isolierte Leben während Corona seien bei vielen Flüchtlingen Traumata und quälende Erinnerungen wachgerufen worden. Der Verein finanziert sich zur Hälfte aus Spenden.
Durch die Psychotherapie habe sie ihre Depressionen überwunden und fühle sich zum ersten Mal selbstbestimmt, sagt die Irakerin. In ihrer Heimat gelte als Schande, psychische Probleme einzugestehen. "Man wird für verrückt erklärt." Als Frau sei das Leben im Irak schwierig. "Ich habe damit gehadert, als Frau geboren zu sein, jetzt bin ich stolz darauf und fühle mich stark."
Auch er verdanke es dem Verein, dass er in Salzburg Fuß gefasst habe, sagt ein 21-jähriger Afghane. Um der Koranschule und der Zwangsrekrutierung durch die Taliban zu entgehen, war er als Minderjähriger geflohen. "Ich kannte seit meiner Geburt nur Krieg." Nach einem Jahr Flucht stellte er als 17-Jähriger in Salzburg den Asylantrag. Er genießt nun subsidiären Schutz, lebt in Hallein und arbeitet dort bei der Firma Binderholz. Er habe viel Gewalt erfahren und in ständiger Angst gelebt, sagt der junge Mann. In der Therapie habe er gelernt, Vertrauen zu fassen.
Info: Zugunsten des Vereins Hiketides hält die Wiener Psychoanalytikerin Barbara Preitler heute einen Vortrag in Salzburg: "Nach Krieg, Folter und Flucht. Wie leben im Exil trotzdem gelingen kann." ABZ Itzling, Kirchenstraße 34, 19 Uhr, 12 Euro. Anmeldung: office@menschenrechte-salzburg.at
Spendenkonto Verein Hiketides:
Volksbank Salzburg
IBAN: AT16 4501 0001 0924 5597
BIC: VBOE ATWWSAL
Hiketides ist ein spendenbegünstigter Verein. Spenden sind steuerlich absetzbar.



