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Warum Klima schützen glücklich macht

Über Umweltschutz reden ist eine Sache, ihn leben eine andere. Dabei bleibt uns keine Wahl. Hitzeperioden und Unwetter zeigen es.

 Leben umweltbewusst: Isabella Uhl und Kevin Knott.
Leben umweltbewusst: Isabella Uhl und Kevin Knott.

Kein Auto, kein Fernseher, so gut wie kein Fleisch, keine ausgedehnten Einkaufstouren. Psychologin Isabella Uhl pflegt seit sieben Jahren einen nachhaltigen Lebensstil. Von ihrer Kaffeekapselmaschine hat sie sich verabschiedet. Fast alle Lebensmittel kauft die 29-Jährige frisch und saisonal am Markt. Plastik vermeidet sie, wo immer es möglich ist.

"Ich empfinde das nicht als Verzicht, sondern als Zugewinn an Lebensqualität", sagt die Wissenschafterin. Es fühle sich gut an, durch die eigene Lebensweise etwas zu bewirken. "Es geht ja nicht nur um einen selbst, sondern auch um die Verantwortung für die nächste Generation."

Begonnen habe alles mit dem Dokumentarfilm "Plastic Planet". Dann habe sie sich mit der Herstellung von Kleidung und den Arbeitsbedingungen in der Textilindustrie auseinandergesetzt und beschlossen, auf fair gehandelte Kleidung aus ökologischen Rohstoffen oder auf gebrauchte Kleidung umzusteigen. Einige Lieblingsstücke aus ihrem "alten" Leben hängen nach wie vor im Schrank. Zum Interview trägt Uhl Jeans aus Biobaumwolle und eine zehn Jahre alte Hemdbluse, die ebenso gut aus einer aktuellen Modekollektion sein könnte.

Konsum wecke stets aufs Neue den Wunsch nach mehr, sagt Uhl. "Man gerät in eine Spirale und ist am Schluss trotzdem unzufrieden, das Betäuben durch Konsum macht nicht glücklich."

Regt sich die Lust nach einem Produkt, schaut sich Uhl in Secondhandgeschäften oder auf Onlinebörsen um. Auf Willhaben hat sie zum Beispiel günstig eine Markengeldtasche erstanden. Am schwierigsten sei der nachhaltige Umgang mit Elektronik. "Da gibt es kaum umweltfreundliche Alternativen." Uhl verwendet ein Fairphone aus Holland. Der Großteil der Bestandteile ist fair produziert, durch das modulare System kann man alle Einzelteile nachkaufen.

Uhl wird demnächst ihr Doktoratsstudium abschließen und arbeitet derzeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Salzburg. Die Uni ist seit mehr als zwei Jahren Partner des Landes bei der Umsetzung der Klima- und Energiestrategie SALZBURG 2050. Uhl leitet das Green Campus Students Team, in dem Studierende Klimaschutz zum Thema machen und selbst aktiv werden. Kürzlich haben sie etwa an der Uni einen Flohmarkt für fair gehandelte Kleidung der Marke Stanley&Stella veranstaltet. Uhl ist gerade dabei, an der Universität alle Mitarbeiter zu vernetzen, die sich mit dem Klimawandel beschäftigen.

Im Campus Team engagiert sich auch Psychologiestudent Kevin Knott. Der gebürtige Deutsche arbeitet derzeit an seiner Masterarbeit über Umweltschutz und Kommunikation. Im Kopf würden die meisten Menschen ein nachhaltiges Leben mit Verboten und Verzicht verknüpfen, was zwangsläufig negative Emotionen mit sich bringe und niemanden motiviere, aus Gewohnheiten auszubrechen, sagt der 24-Jährige. Er plädiert dafür, mehr über die Vorteile zu reden. Wer als junger Mensch umweltfreundlich lebe, sei keineswegs uncool. "Man kann auch ressourcenschonend Spaß haben."

Zum ersten Mal sei er mit 18 Jahren beim Freiwilligen-Dienst mit einem anderen Weltbild konfrontiert worden. "Mein Zimmerkollege war Veganer, das habe ich dann aus Interesse ausprobiert." Er habe sich viel frischer und energiegeladener gefühlt. "Und ich konnte klarer denken." Seither lebt Knott ohne tierische Produkte, obwohl er den Geschmack von Fleisch mag. Er empfinde seine Ernährungsweise trotzdem nicht als Einschränkung. "Am Anfang war ich dogmatisch und wollte die Leute bekehren." Davon sei er abgekommen. "Leben und leben lassen" laute seine Devise. Er versuche durch sein Beispiel zu überzeugen.

Wie Uhl kommt Knott ohne fahrbaren Untersatz aus. "Mit 18 habe ich mir ein Auto gekauft. Das war die schlechteste Investition meines Lebens." Ohne Auto habe sein Leben Qualität gewonnen. Er stehe nie im Stau, sei nie auf Parkplatzsuche und spare viel Geld. Uhl formuliert es so: "Ich gönne es mir, kein Auto zu haben." Sie reise gerne mit dem Zug und nütze die Zeit zum Arbeiten.

Er reflektiere sehr bewusst, was er tatsächlich brauche, sagt Knott. "Es ist ein Phänomen, dass in meiner Generation viele trotz des unglaublichen Wohlstands auf der Suche nach Sinn und Glück sind." Wichtiger als Materielles sei ihm, ehrlich und freundlich auf andere Menschen zuzugehen und im Moment zu leben. Im Gehen einen Kaffee aus einem Plastikbecher zu trinken käme ihm nie in den Sinn. "Es ist doch viel schöner, sich mit einer Tasse Kaffee hinzusetzen und ihn bewusst zu genießen."

Stand der Umsetzung beim Masterplan Klima + Energie 2020

Welche Folgen der Klimawandel für Salzburg hat, zeigt sich gerade in diesen Tagen, wenn es wieder zu gravierenden Murenabgängen und Starkregen-Ereignissen kommt. Das Land hat sich daher schon 2012 in seiner Klima- und Energiestrategie konkrete Ziele gesetzt: Bis 2020 soll die Hälfte des Energieverbrauchs im Bundesland aus erneuerbaren Energien stammen - also vor allem aus Wasserkraft, Windkraft und Sonnenstrom. Und bis zum Jahr 2050 will das Bundesland ganz klimaneutral und energieautonom sein.


Derzeit steht das Land aber erst bei 47 Prozent Anteil der erneuerbaren Energien, gesteht Energielandesrat Josef Schwaiger (ÖVP). Auch ein weiteres Teilziel bis 2020 - alle Landesgebäude zu 100 Prozent durch Fernwärme und/oder erneuerbare Energie zu heizen - ist mit einem Umsetzungsgrad von 85 Prozent noch unerreicht.

Sorgenkind ist für Schwaiger der Verkehr: Denn der umfasse 36 Prozent der verbrauchten Bruttoenergiemenge im Land. Fortschritte hat Salzburg in puncto E-Autos gemacht: Laut Verkehrsclub Österreich war der Anteil der neu zugelassenen E-Autos im 1. Halbjahr 2017 österreichweit im Pongau am größten - mit 2,6 Prozent oder 34 Stück. In Summe gibt es im Bundesland derzeit rund 1100 E-Autos - bei in Summe 305.000 Pkw in Salzburg sind das aber nur 0,36 Prozent.

Dennoch ist Landesrat Schwaiger optimistisch: "Bei Raumwärme und Biomasse sind wir über unserem Ziel, bei der Photovol taik sind wir im Plan." Bei Letzterem erwartet er sich einen Schub durch die jüngste Ökostromgesetz-Novelle: "Ab 2018 kann man dann auch bei Mehrparteienhäusern Photovoltaik-Anlagen installieren."

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