Neun Wochen haben Musiker Thomas Weiß und seine Partnerin Valentina Georgoulopoulos im letzten Jahr als Volunteers in Uganda gearbeitet - für Brass for Africa. Die NGO bringt Musik und mit ihr lebenspraktische Bildung an trostlose Orte wie Jugendgefängnisse, Waisenhäuser und Slums. Mitte November will das Paar nun für sechs Monate dorthin zurückkehren. Warum? Weil es fasziniert davon ist, wie nachhaltig sich das Programm auf Kinder und Jugendliche auswirkt, die trotz harter Lebensumstände und Bildungsdefiziten beginnen, an sich zu glauben und daran, dass auch sie es schaffen können. So wie die rund 30 Musiklehrerinnen und Musiklehrer, die als Alumni des Programms alle eine ähnliche Geschichte haben wie ihre nunmehrigen Schülerinnen und Schüler.
Thomas Weiß ist ausgebildeter Musiklehrer, hat Posaune im Konzertfach studiert und ist seit sechs Jahren fixes Mitglied im Mozarteumorchester. Nie vergessen wird der 34-Jährige aus Pfarrwerfen seinen ersten Tag in einer Jugendstrafanstalt außerhalb von Ugandas Hauptstadt Kampala. Der Ort ist an Tristesse kaum zu überbieten - nicht nur straffällig gewordene Jugendliche leben dort, er ist auch ein Auffangbecken für Straßenkinder von 12 bis 18 Jahren. Manche sind aber auch jünger und viele bleiben länger dort, als die offiziell maximal drei möglichen Jahre. Zaun gibt es keinen, "weil wohin sollten diese Kinder auch gehen", sagt er. Zu essen gibt es an 365 Tagen im Jahr dasselbe - Bohnen und Maisbrei. Und: Das T-Shirt und die kurze Hose, die die Kinder und Jugendlichen tragen, wenn sie Fußball spielen, sind dieselben, die sie auch bei allen anderen Tätigkeiten und beim Schlafen anhaben - jeden Tag. "Es war mein dritter Tag in Uganda, als wir dort waren. Wir sind mit 60 bis 70 Kindern durch nahe Dörfer marschiert - und jedes dieser Kinder hat dabei auf einem Blechblasinstrument gespielt. Das hat so eine Kraft, da ist an diesem extrem trostlosen Ort so viel Lebensfreude aufgekommen, dass mir die Tränen runtergelaufen sind. Es war einfach nur schön", beschreibt er. Einer der Musiklehrer ist der 20-jährige Hussein. Mit fünf Jahren wurde er zum Straßenkind, mit acht kam er in die Jugendstrafanstalt, wo er über viele Jahre am Musikunterricht teilnahm. Fleiß und Talent haben ihn dorthin gebracht, wo er nun ist. Wobei jeder Musiklehrer auch eine professionelle Ausbildung mit Abschlussprüfung absolvieren muss.
Zwei Mal pro Woche rücken die Musiklehrerinnen und Musiklehrer von Brass for Africa in 25 Orte in und um Kampala, aber auch in Ruanda und Liberia aus. Die Musik schaffe ein Gefühl der Zusammengehörigkeit und bestärke die Kinder darin, füreinander da zu sein, etwas auszuprobieren. Nebenbei werden auch Fähigkeiten wie Resilienz, Kommunikation oder Teamwork weiterentwickelt. Und: Auch Alltagsthemen werden - oft spielerisch und subtil - unterrichtet. Da gehe es etwa um Menstruation und Hygiene oder um Schutz vor HIV-Infektionen, schildert Valentina Georgoulopoulos. Sie betont, dass die Arbeit von Brass for Africa wissenschaftlich evaluiert werde. Einer der Orte, in die die NGO geht, ist Kalangala. Die NGO ist nicht zufällig dort: Der Bezirk auf einer Insel im Viktoriasee weist eine zwei bis drei Mal so hohe HIV-Rate auf wie der Rest Ugandas. Daten würden zeigen, dass dort die HIV-Infektionsrate seit dem Engagement der NGO gesunken sei. Zudem werde wissenschaftlich erhoben, aus welchen Gründen Teilnehmer das Brass-for-Africa-Programm abbrechen - um dann nachzubessern. "Manchmal scheitert es an einfachen Dingen wie dem Transport", sagt Valentina Georgoulopoulos. Die Aufgaben der Juristin und Kulturmanagerin bei Brass for Africa sind strategischer Natur. So hat sie das Programm auf eine Schule für hörbehinderte und taube Kinder ausgerollt. Nun wird sie den Bereich der Inklusion weiterentwickeln.
SN-Info: Bei einem Benefizkonzert am 5. November (19.30 Uhr) im Orchesterhaus des Mozarteumorchesters wird Thomas Weiß seine Erlebnisse schildern und Spenden für das Projekt sammeln. Infos unter mozarteumorchester.at