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Wenn der eigene Vater ein Deserteur war

Einer der Goldegger Deserteure überlebte die Razzia am 2. Juli 1944.

Luftaufnahme von Goldegg-Weng, links im Hintergrund der Böndlsee.
Luftaufnahme von Goldegg-Weng, links im Hintergrund der Böndlsee.
Franz Unterkirchner hat als einziger der Goldegger Deserteure überlebt.
Franz Unterkirchner hat als einziger der Goldegger Deserteure überlebt.

Vor 81 Jahren kam es zum "Sturm" auf Goldegg: Ein Bataillon SS-Soldaten, Gestapo-Leute und Polizisten durchkämmten den Goldegger Ortsteil Weng beim Böndlsee auf der Suche nach sechs Deserteuren. Etliche von ihnen sowie viele Unbeteiligte wurden ermordet, gefoltert oder in KZ verschleppt. Nur ein Deserteur überlebte: Franz Unterkirchner konnte sich der Razzia am 2. Juli 1944 entziehen und bis Kriegsende versteckt halten. Sein Sohn Erhard Gassner wird am 1. Juli (19 Uhr, Schloss Goldegg) von Familienerinnerungen berichten. Tagsüber (ab 10 Uhr) geht es im Seminar von Soziologin Maria Pohn-Lauggas um die Wirkung von Familienbiografien und die Bedeutung des Erinnerns. Am 2. Juli führt Esche Schörghofer eine Gedenkwanderung (9.30-13 Uhr) rund um den Böndlsee. Um 17 Uhr findet die offizielle Feier statt, beim Torbogen am Schloss Goldegg, wo es seit 2024 Stolpersteine gibt, sowie beim Deserteursdenkmal, das vor elf Jahren auf dem Gelände der ÖGK verlegt wurde.

Die Festrede bei der Gedenkfeier hält Regionalhistoriker Walter Thaler, ehemaliger Bürgermeister von Zell am See und ehemaliger zweiter Landtagspräsident. Die musikalische Umrahmung übernehmen Anneliese Schneider (Cello, E-Piano) und Hans Kirchgasser (Klarinette). Die Moderation übernimmt ORF-Redakteur Michael Kerbler, den Ehrenschutz Staatssekretär Sepp Schellhorn aus Goldegg.

Bei der Gedenkwanderung um den Böndlsee übernimmt die musikalische Gestaltung Bertl Mütter auf der Posaune. Treffpunkt ist die Postbushaltestelle Böndlsee. Freiwillige Spenden erbeten.

Das Seminar mit Soziologin Maria Pohn-Lauggas dauert von 10 bis 12 sowie von 14 bis 18 Uhr, die Teilnahmegebühr beträgt 30 Euro.

Das Gespräch mit Erhard Gassner wird von der Historiker Ingrid Böhler moderiert. Sie leitet das Institut für Zeitgeschichte in Innsbruck und hat zum Thema Desertion in Tirol und Vorarlberg geforscht. Den Einleitungsvortrag hält die Soziologin Maria Pohn-Lauggas. Sie hat zu den Auswirkungen kollektiver Gewaltvergangenheiten geforscht und arbeitet derzeit an der Ruhr-Universität Bochum. Eintritt: freiwillige Spende.

Franz Unterkirchner war der einzige der Goldegger Deserteure, der nie aufgegriffen werden konnte. Er überlebte die Zeit bis zum Kriegsende auf Almen im Wolfbachtal bei Taxenbach. Nicht zuletzt dank der Unterstützung eines Jägers aus dem Dientnergraben. Franz Unterkirchner wurde im Wolfbachtal mehrmals von Gendarmen gesucht, die Anrainer verrieten ihn aber nicht.
Nach dem Krieg heiratete Franz Unterkirchner Viktoria Kendlbacher und lebte bis zu seinem Tod, am 16. Mai 1972, zurückgezogen in Högmoos bei Taxenbach.

Erhard Gassner kam am 1940 auf die Welt und kam zu Unterkirchners Mutter Anna Schager in Pflege.