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"Wir in der Justiz müssen zu einer aktiven Öffentlichkeitsarbeit schreiten"

"Zwischen Transparenz und Datenschutz: Bedeutung für den Gerichtsalltag". - Das Generalthema der diesjährigen österreichischen Richterwoche, die am Dienstag in Salzburg eröffnet wurde, klingt sperrig. Dabei ist das Thema ebenso brisant wie aktuell. Denn schon im September 2025 tritt das neue Informationsfreiheitsgesetz in Kraft, das dem in Österreich so lange hochgehaltenen Amtsgeheimnis den Garaus macht. Oder zumindest machen will.

Von links: Helmut Katzmayr, Präsident des Oberlandesgerichts Linz, Meinhard Lukas, Bundesministerin Anna Sporrer, Britta Tichy-Martin, Sektionschef Alexander Pirker.
Von links: Helmut Katzmayr, Präsident des Oberlandesgerichts Linz, Meinhard Lukas, Bundesministerin Anna Sporrer, Britta Tichy-Martin, Sektionschef Alexander Pirker.

Das Informationsfreiheitsgesetz verpflichtet Behörden und damit (auch) die Justizverwaltung, künftig Informationen von allgemeinem Interesse "proaktiv" zu veröffentlichen. Der Drahtseilakt dabei: In den Veröffentlichungen muss der Persönlichkeits- bzw. Datenschutz stets gewahrt werden bzw. bleiben.

100 Richterinnen und Richter tauschen sich bis Freitag aus

Die rund 100 Teilnehmenden der diesjährigen Richterinnen- und Richterwoche, vornehmlich Rechtsprechende aus ganz Österreich, wurden in Ansprachen von Justizministerin Anna Sporrer (SPÖ) und Helmut Katzmayr, dem Präsidenten des OLG Linz (zu dem Salzburg gehört), begrüßt. Im Hinblick auf das Thema - "Justiz zwischen Transparenz und Datenschutz" - fand OLG-Präsident Katzmayr eindrückliche Worte: "Wir müssen den Menschen erklären, was wir tun. Wir müssen ihnen unsere Entscheidungen zugänglich machen. Und noch mehr offenlegen, wie wir zu Entscheidungen kommen." Nachsatz Katzmayrs: Gerade in Zeiten einer neuer Medienrealität müsse auch die Justiz "von einer relativen zu einer aktiven Öffentlichkeitsarbeit schreiten".

Justizministerin hat kein neues Personal im Gepäck

Justizministerin Anna Sporrer (SPÖ) überbrachte den Richterinnen und Richtern zuerst eine schlechte Nachricht: "Wir werden wohl in den kommenden eineinhalb Jahren keine neuen Planstellen dazubekommen." Sporrer bezog sich auf das neue Doppelbudget 2025/26, das "auch uns zu einem Beitrag zur Konsolidierung des Schuldenbergs verpflichtet". Wiewohl die Ministerin hervorhob: "Die Richterinnen und Richter leisten sehr gute Arbeit, die Arbeitslast steigt zunehmend - vor allem an den Erstgerichten."

Mit Blick auf das Thema der Richterwoche stellte Sporrer fest: "Das neue Informationsfreiheitsgesetz verpflichtet alle staatlichen Stellen der Verwaltung, grundsätzlich alle Informationen offen zu legen - aber natürlich immer unter Berücksichtigung des Datenschutzes."

Dabei, so Sporrer, seien aber etliche Fragen von großer Relevanz, die in den kommenden Tagen in zahlreichen Vorträgen, Workshops und Diskussionen bei der Richterwoche diskutiert würden: Welche Informationen sind von allgemeinem öffentlichen Interesse? Wer veröffentlicht diese? Wie gelangen sie an die Bürgerinnen und Bürger?

Bemerkenswerter Nachsatz der neuen Ministerin: "Wichtig ist aber auch das Verhältnis zwischen Justiz und den Medien. Journalistinnen und Journalisten schauen uns auf die Finger - und das ist auch richtig so."

Sensible Daten als Problemfeld

Den Festvortrag zur Eröffnung hielt der renommierte Zivilrechtsprofessor Meinhard Lukas, Leiter der Abteilung für Grundlagenforschung an der Johannes Kepler Universität Linz. Meinhard Lukas bezeichnete dabei den Spagat zwischen proaktiver Veröffentlichung einerseits und der datenschutzrechtlichen Verantwortung des "Veröffentlichers" andererseits als "Hochseilakt".

Bezogen auf das neue Gesetz erachtet es der Zivilrechtsexperte als "fraglich, ob unter eine proaktive Veröffentlichungspflicht auch besonders sensible Daten fallen (z. B. Gesundheitsdaten, Daten zur sexuellen Orientierung oder zum Sexualleben eines Menschen). Seine Antwort auf seine rhetorische Frage: "Wohl eher nicht."

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