SN.AT / Salzburg / Chronik

Zeckenbisse: Vier Kinder mit akuten FSME-Symptomen im Uniklinikum Salzburg

Wegen der Folgen von Zeckenbissen müssen derzeit vier Kinder im Salzburger Uniklinikum stationär behandelt werden. Keiner der jungen Patienten war laut Salzburger Landeskliniken vollständig geimpft.

Zecken übertragen gefürchtete Krankheiten wie FSME oder Borreliose.
Zecken übertragen gefürchtete Krankheiten wie FSME oder Borreliose.

"Wir haben aktuell vier Fälle mit akuten FSME-Symptomen. Betroffen sind Buben im Alter von 3 bis 13 Jahren, drei davon sind noch stationär in Behandlung und haben eine nachgewiesene Hirnhautentzündung", berichtet Oberarzt Neil Jones, Infektiologe an der Uniklinik für Kinder- und Jugendheilkunde. "Diese Kinder leiden wirklich - sie brauchen intravenöse Schmerztherapie und Fiebermedikamente."

  • Die Abkürzung FSME steht für Frühsommer-Meningoenzephalitis (Gehirn/Gehirnhaut-Entzündung).

Was den Experten alarmiert: Keines der vier Kinder war vollständig, sprich: drei Mal, gegen FSME geimpft. "Es geht nicht nur darum, die akute Infektion zu verhindern. Es kann auch zu Spätfolgen kommen."

Teilweise leiden Kinder und Jugendliche nach Monaten oder sogar Jahren an Konzentrationsschwierigkeiten, Kopf- und Rückenschmerzen und Erschöpfung - einige müssen deswegen ein Schuljahr wiederholen. "Eine vollständige Impfung ist ein effektiver Schutz gegen FSME. Wir rufen alle Eltern auf, ihre Kinder jetzt impfen zu lassen", sagt Dr. Jones.

An FSME können aber nicht nur Kinder, sondern auch Erwachsene erkranken, weiß Richard Greil, Infektiologe und Vorstand der Uniklinik für Innere Medizin III. "Heuer ist ein starkes Zeckenjahr. Früher war FSME ein regionales Problem. Heute ist die Infektion weit verbreitet. Ich empfehle daher auch dringend den Erwachsenen, sich gegen FSME impfen zu lassen."

Starker Anstieg bei FSME-Fällen

Von Mitte Mai bis Mitte Juni stiegen die bis zu diesem Zeitpunkt dokumentierten FSME-Fälle von zuvor zwei sprunghaft auf 27 an. Im Vorjahr hatte es im Vergleichszeitraum erst 15 Erkrankungen gegeben, berichtete Renée Gallo-Daniel, Präsidentin des Verbands der Impfstoffhersteller (ÖVIH) im Gespräch mit der APA. Kommt es zu einem Zeckenbiss, sollte eine verpasste Impfauffrischung nachgeholt werden.

Auch Salzburg zählt zu "Hotspots"

Bei den FSME-Fallzahlen ist in den vergangenen zehn Jahren insgesamt ein Trend nach oben zu erkennen. Waren es 2012 noch 52 Erkrankungen, so kam es 2020 pandemiebedingt durch mehr Urlaube im Risikogebiet Österreich zu einem Rekordjahr mit 216 Fällen.

128 FSME-Betroffene im Vorjahr bedeuteten ebenfalls einen Wert über dem langjährigen Mittel. Dabei gibt es ein Ost-West-Gefälle mit praktisch keinen Infektionen in Wien und im Burgenland sowie vielen Fällen in den "Hotspots" Oberösterreich, Tirol, Salzburg und der Steiermark, erläuterte Gallo-Daniel.

"Mehr als 50 Prozent der FSME-Erkrankungsfälle treten in der Altersgruppe 50 plus auf", berichtete ÖVIH-Generalsekretär Christoph Jandl. Das zeige, dass auch Ältere trotz zehn oder mehr Auffrischungen in ihrem bisherigen Leben weiterhin "regelmäßig auffrischen gehen müssen", sagte Gallo-Daniel, ab dem 60. Lebensjahr alle drei statt fünf Jahre.

Das Risiko einer Schädigung des Gehirns und des Rückenmarks steigt mit zunehmendem Alter auf bis zu 86 Prozent aller FSME-Fälle bei über 75-Jährigen. Aber auch bei Kindern gibt es Erkrankungsfälle und schwere Verläufe, betonte Jandl.

Schwere Symptome möglich

FSME ist eine Viruserkrankung, die zur Entzündung des Gehirns, der Hirnhäute und des Zentralnervensystems führen kann. Rund 30 Prozent der infizierten Personen werden tatsächlich krank. Die Symptome können Wochen bis Monate andauern und bei schweren Verläufen zu Lähmungen der Arme, der Beine oder der Gesichtsnerven und zu bleibenden Schäden führen. Bei rund einem Prozent der Betroffenen verläuft die Erkrankung tödlich.

Gefahr durch Viren und Bakterien

Die FSME-Viren befinden sich im Speichel der Zecke und können beim Biss sofort übertragen werden. Daher schützt das schnelle Entfernen des Tiers nicht vor FSME, aber vor der häufiger durch Zecken übertragenen Borreliose. Hier dauert es einige Stunden, bis die die Entzündung auslösenden Bakterien - sogenannte Borrelien - nach einem Biss in das Blut des Wirts gelangen.

Nach Grippesymptomen sind ein Ausschlag an der Einstichstelle und ebenfalls ein Befall des zentralen Nervensystems möglich. Die Erkrankung lässt sich mit Antibiotika behandeln und heilt bei rechtzeitiger Therapie meist ohne Folgen aus. Eine Impfung gegen Borreliose gibt es noch nicht, sie ist aber beim heimischen Impfstoffhersteller Valneva in Entwicklung.

Impfung mit hohem Wirkungsgrad

Die FSME-Impfung schützt nur vor der Frühsommer-Meningoenzephalitis - bei nach dem empfohlenen Schema geimpften Personen zu 95 bis 99 Prozent. "Es gibt kaum eine Impfung, die so eine hohe Effektivität hat wie die FSME-Impfung", betonte Gallo-Daniel. Bei der Grundimmunisierung liegt die Durchimpfungsrate in Österreich über 80 Prozent, sagte die ÖVIH-Präsidentin.

"Was die Booster und Auffrischungen betrifft, kann man natürlich noch immer ein bisschen anziehen", merkte Jandl an. Eine Titer-Bestimmung ist bei FSME übrigens nur eine Momentaufnahme und "sagt über die Dauer des Schutzes nicht viel aus", sagte der ÖVIH-Generalsekretär.

Sollte bei einem Zeckenbiss die Grundimmunisierung noch nicht abgeschlossen oder eine Auffrischung zu lang her sein, kann eine zeitnahe weitere Impfung auch noch Wirkung gegen FSME zeigen. Bei einem Biss bis zu 14 Tage nach der ersten Dosis sollte beispielsweise laut Österreichischem Impfplan die zweite Dosis vier Wochen nach dem Zeckenbefall verabreicht werden, bei einem Biss ab dem 15. Tag nach der Erstimpfung sogar sofort.

Bei bereits zwei oder mehr erhaltenen Dosen sollte nach einem Zeckenbiss die nächste Impfung erfolgen, wenn diese nach dem Impfplan fällig oder überfällig ist. Bei gänzlich Ungeimpften kann eine zeitnahe FSME-Impfung nach einem Zeckenbiss "keine Wirkung mehr erzielen", warnte Gallo-Daniel.

SN Karriere