Ein bunter Regenbogen steigt vom Terrassenboden hinauf in den ersten Stock, an seinem oberen Ende flattern Vögel heraus. "Sie sollen später einmal über die ganze Hauswand fliegen", erzählt Sandra Schön. Der Regenbogen ist ihr neuestes Projekt, seit fast einem Jahr klebt sie dafür Mosaikstein um Mosaikstein an die Fassade. Die Bad Reichenhallerin schätzt, dass der bunte Bogen mittlerweile rund zwölf Quadratmeter der Fassade bedeckt.
Sandra Schön hat einen gut gefüllten Terminkalender. Sie arbeitet als Erziehungswissenschaftlerin an der Technischen Universität Graz und hat drei Töchter. Doch wenn es die Zeit zulässt, dann legt sie Mosaike. Alles fing vor zwölf Jahren an. Da bekam sie von Verwandten ausrangiertes Geschirr geschenkt. Zusammen mit ihren beiden älteren Töchtern Anna und Elisa zerschlug sie Teller, Tassen und Co. und klebte die Scherben als Mosaike an die Garagenwand. So entstand eine Blumenwiese mit Eule, Libelle und Schnecke. "Ich habe mich damals oft geschnitten und viel geflucht", erinnert sich die 48-Jährige lachend zurück.
Mosaike auf rund 40 Quadratmetern
Trotz allem fand sie Gefallen an der Beschäftigung - und blieb dabei. Rund ums Wohnhaus an der Fallbacherstraße sind heute zahlreiche Mosaike zu entdecken, circa 40 Quadratmeter sind alles in allem mit bunten Steinchen bedeckt. Immer wieder tauchen Bäume, Blumen und Vögel auf. An die Garagenwand hat Sandra Schön zusammen mit ihren Töchtern und Nachbarskindern einen mannshohen Elefanten und eine Unterwasserwelt mit Meerjungfrau und Tintenfisch geklebt.
An der Hausfassade hat sie Gustav Klimts Werk "Der Kuss" und Shepard Faireys Werk "Make Art Not War" mit Mosaiksteinen nachgelegt. Jedes Fenster und jede Tür hat inzwischen einen bunten Mosaikrahmen. Neben dem Eingang ziert ein farbenfrohes Mosaikschild mit der Aufschrift "Villa Bunta" die Wand. Den Namen trägt ihr Zuhause in Anlehnung an die "Villa Kunterbunt" von Astrid Lindgrens Kinderheldin Pippi Langstrumpf, die sich die Welt auch so macht, wie sie ihr gefällt.
Sandra Schön und ihre drei Töchter - die beiden älteren sind mittlerweile beim Studieren - lieben ihr farbenfrohes Zuhause. "Mein Mann und mein Vater haben zwar selbst noch nie ein Mosaik geklebt, aber sie schätzen das bunte Haus genauso sehr wie ich - auch wenn es immer irgendwo ein Baustellen-Eck gibt", erzählt die Mosaikkünstlerin. "Gebremst haben sie mich noch nie, aber manchmal schauen sie ein bisschen skeptisch, wenn ich wieder mit neuen Fliesenideen um die Ecke komme." Aktuell beginnt sich im Hausinneren auch schon das Treppenhaus mit Mosaiken zu füllen.
Instagram-Kanal erhält positiven Zuspruch
"Für mich ist das Legen von Mosaiken wie eine Meditation. Eine Beschäftigung, bei der ich runterkommen kann", sagt die Bad Reichenhallerin. Obwohl auch ihre Töchter Fliesen verlegen und verfugen können, legt sie die Mosaike mittlerweile weitgehend allein. Aber ihre jüngste Tochter Florina sortiert für ihre Mama oft die Steinchen und ihre älteste Tochter Anna nimmt ihr ab und an das Verfugen ab - "das mag ich nämlich gar nicht".
An die bunten Steine versucht die Bad Reichenhallerin günstig zu kommen. Viele sind Restposten, die sie online auf einen Kleinanzeigen-Portal ersteht. "Ich glaube, unsere Briefträger hassen mich mittlerweile, weil sie so viel zu uns schleppen müssen", sagt Sandra Schön lachend. Ab und an kauft sie auf Flohmärkten ein. "Da hatte ich mal Glück und echtes venezianisches Glasmosaik entdeckt."
Die Bad Reichenhallerin freut sich, wenn Freunde, Bekannte oder Passanten positiv auf ihre bunten Mosaike reagieren. Inzwischen bekommt sie auch auf Instagram viel Zuspruch. Ihrem Kanal villa.bunta folgen fast 1400 Menschen. Von ihnen bekommt sie jede Menge Herz-Emojis und anerkennende Kommentare.
"Wenn mich keiner bremst, dann werde ich weitermachen, solange ich kann", sagt Sandra Schön. Ein wenig "Bammel" habe sie nur davor, dass jemand vom Bauamt der Stadt komme und sage, dass die Mosaike weg müssten - "denn wir wollen alle, dass das so bleibt."