Der Wahlsonntag hat durchaus für Überraschungen gesorgt. Die ÖVP hatte im Wahlkampf das Ziel ausgerufen, den Chefsessel in Filzmoos zurückzuerobern und künftig 22 Bürgermeister im Bezirk zu stellen. Josef Hofer konnte SPÖ-Ortschef Christian Mooslechner in Filzmoos zwar tatsächlich besiegen, in anderen Orten ging der Plan allerdings nicht auf. In Großarl unterlag ÖVP-Bürgermeister Johann Rohrmoser seinem SPÖ-Konkurrenten Johann Ganitzer. Auch in Mühlbach, wo bisher die nicht mehr angetretene Anna Reitinger regierte, muss die ÖVP den Chefsessel räumen. In der Stichwahl trifft Josef Wölfler von der neu gegründeten Liste "Für Mühlbach" auf Willibald Bodner von der FPÖ. Der schwarze Bezirksparteiobmann und Bürgermeister von Goldegg, Hannes Rainer, bilanziert: "Das Ergebnis ist nicht ganz zufriedenstellend. Aber wir rechnen damit, dass wir die ausstehenden Stichwahlen für uns entscheiden, dann halten wir immer noch bei 21 Ortschefs. Wir dürfen das Resultat auch nicht schlechterreden, als es ist."
Wahlen im Pongau: Ortschefwechsel und starke Listen
Von Forstau über Altenmarkt und Mühlbach bis nach Bad Gastein: Listen abseits der Traditionsparteien feierten am Wahlsonntag viele Erfolge. Die traditionellen Parteien wollen die Wähler durch fundierte Arbeit wieder zurück gewinnen. In den Stichwahlen hoffen sowohl ÖVP als auch SPÖ und FPÖ auf weitere Bürgermeistersessel. Der Ortschefwechsel in Großarl ist indessen bereits fix.


Alternative Listen überzeugten auf Anhieb
In Bad Gastein, Bad Hofgastein, Forstau und St. Johann müssen ÖVP-Kandidaten in die Stichwahl. Im Gasteiner Tal blieben die schwarzen Kandidaten im ersten Wahlgang nur knapp unter der 50-Prozent-Hürde. In Bad Gastein fehlte Norbert Ellmauer gar nur eine Stimme, um nicht in den Zweikampf mit Franz Weiss von der neuen Bürgerliste zu müssen, die in der Gemeindevertretungswahl 29,2 % erreichte. Die ÖVP kam auf 35,7 %. Ellmauer spricht trotz der verlorenen absoluten Mehrheit von einem "zufriedenstellenden Ergebnis". Die Stärke der Bürgerliste sei zu erwarten gewesen: "Dass Protestbewegungen Stimmen bekommen, ist angesichts der gesellschaftspolitischen Lage nicht überraschend." Er sei aber zuversichtlich, "dass sich letztlich die Vernunft durchsetzt und fundierte Arbeit honoriert wird". Weiss selbst ortet den Grund für seinen Erfolg in der Politikverdrossenheit. "Den etablierten Parteien wird aus gutem Grund nicht mehr vertraut. Wir haben das Ohr bei der Bevölkerung und das merken die Wähler", sagt er.
In Forstau bekommt es Martina Rettensteiner mit Gregor Schwarz von der neu gegründeten "Liste Forstau" zu tun, die in der Gemeindevertretung aus dem Stand zur stärksten Kraft wurde. Rettensteiner: "Ich war schon überrascht, aber das Ergebnis entspricht dem allgemeinen Trend, dass alternative Listen viele Stimmen bekommen haben. Wir müssen den Leuten wieder beweisen, dass sich unsere fundierte Arbeit und Leistung auszahlen." Für die Stichwahl gibt sie sich optimistisch, auch wenn das Ergebnis "schwer abzuschätzen" sei. Schwarz selbst war vor Redaktionsschluss nicht erreichbar. Vor der Wahl meinte er: "Wir sind eine bunte Liste ohne eindimensionale politische Ideologie. Wir möchten als weitere Alternative auftreten und nach der Wahl mit den anderen Parteien auf Augenhöhe mitarbeiten.", Das scheint gelungen zu sein.
Listen abseits der traditionellen Großparteien konnten auch andernorts im Pongau Erfolge einfahren. In Altenmarkt kam "Dein Altenmarkt" beim ersten Antreten auf 29,3 %. "Wir waren deshalb erfolgreich, weil wir den Menschen viel zugehört haben und an jenen Themen interessiert waren, die die Altenmarkter bewegen", meint Listenerste Nicole Trojer zu ihrem Wahlerfolg. "Gemeinsam für Wagrain" - eine Liste rund um den 2019 noch für die SPÖ angetretenen Vizebürgermeister - erreichte 22,6 %. Auch in Untertauern und Hüttau freuten sich Listen abseits der traditionellen Parteienlandschaft über Zuwächse. "Die Wähler flüchten sich da in etwas, das sie eigentlich gar nicht kennen. Wir müssen in jedem Ort analysieren, an welchen Themen das liegt", meint Hannes Rainer zu den oft damit zusammenhängenden ÖVP-Verlusten.
SPÖ holte Bürgermeistersessel in Großarl
Der Bezirksvorsitzende der SPÖ und Bürgermeister von Bischofshofen, Hansjörg Obinger, meint zur Stärke neuer Listen: "Zu glauben, dass Parteien noch aus der Tradition heraus gewählt werden, wäre fatal." Mit dem SPÖ-Ergebnis ist Obinger zufrieden: "Die Ergebnisse in Filzmoos und Mühlbach tun natürlich weh, aber ansonsten ist der Trend positiv. Gerade in St. Johann haben wir eine hervorragende Ausgangsposition für die Stichwahl."

Mitunter der größte SPÖ-Erfolg war der Sieg in der Bürgermeisterwahl in Großarl. Johann Ganitzer ist dort seit 2019 Vizebürgermeister und setzte sich nun gegen den langjährigen ÖVP-Bürgermeister Johann Rohrmoser mit 56,2 % der Stimmen durch. Wahlsieger in der Gemeindevertretungswahl sind allerdings die ÖVP mit 36,6 % und die erstmals angetretenen Freiheitlichen mit 33,5 %. Die SPÖ ist mit 29,9 % "nur" dritte Kraft. "Ich glaube, dass es auch eine Denkzettelwahl war", meint Ganitzer, "das Stimmungsbild nach vielen großen Bauprojekten in Großarl zeigt das. Der Tourismus ist für uns sehr wichtig, aber die Einheimischen erwarten gleiches Recht für alle." Der neue Ortschef will sich zuerst dafür einsetzen, dass das Seniorenheim wieder von der Gemeinde betrieben wird.
Freiheitliche Zuwächse in den Gemeindestuben
Freiheitliche Erfolge gab es unter anderem auch in Flachau (+11,4 Prozentpunkte im Vergleich zu 2019), Dorfgastein (+11,1) und Werfenweng (+9,1). Auch das Ergebnis in St. Veit war mit 21,2 % bemerkenswert. Die Verluste hielten sich in Grenzen - -6,9 Prozentpunkte gab es beispielsweise in Radstadt, -5,9 in Forstau. Der größte Erfolg gelang in Mühlbach mit dem Einzug in die Stichwahl und einem Plus von 15,8 Prozentpunkten in der Gemeindevertretungswahl.

Bezirksparteiobmann ist Landesrat Christian Pewny. "Wir sind sehr zufrieden, gerade Großarl und Mühlbach sind sensationell", sagt er. Die Verluste in Radstadt und Bad Gastein (-6,4) bezeichnet er als "Wermutstropfen". Man spüre bei der Suche nach Personal auf Kommunalebene zuletzt klar den Rückenwind der Bundes- und Landespartei. Zum potenziellen Abgang von Protestwählern, die anstelle der FPÖ starke alternative Listen wählen könnten, meint Pewny: "Den Trend spüren natürlich alle Fraktionen. Die Auswirkungen auf uns haben sich meiner Meinung nach sogar in Grenzen gehalten."