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Stiftsarchiv Laufen: 700 Jahre Geschichte in beeindruckenden Dokumenten

Es ist ein historischer Schatz, der seinesgleichen sucht: Im Stiftsarchiv in Laufen lagern rund 2600 Bücher und 1000 Urkunden aus 700 Jahren. Das Schmuckstück: ein Ablassbrief aus dem Jahr 1500.

Der „Star“ im Stiftsarchiv ist dieser Ablassbrief aus dem Jahr 1500. An dem Pergament hängen in Metall gefasste Siegel von 14 römischen Kardinälen.
Der „Star“ im Stiftsarchiv ist dieser Ablassbrief aus dem Jahr 1500. An dem Pergament hängen in Metall gefasste Siegel von 14 römischen Kardinälen.
Pfarrer Simon Eibl zeigt eine Urkunde aus dem 14. Jahrhundert.
Pfarrer Simon Eibl zeigt eine Urkunde aus dem 14. Jahrhundert.
Das Stiftsarchiv ist seit der Restaurierung auch optisch ein Juwel.
Das Stiftsarchiv ist seit der Restaurierung auch optisch ein Juwel.
Handgefertigtes Messbuch aus dem frühen 15. Jahrhundert.
Handgefertigtes Messbuch aus dem frühen 15. Jahrhundert.
Kuriosum: Im Medizinhandbuch aus den Jahren 1535/45 sind Einhörner und Drachen beschrieben.
Kuriosum: Im Medizinhandbuch aus den Jahren 1535/45 sind Einhörner und Drachen beschrieben.

Der Ablassbrief ist der "Star" des Stiftsarchivs. An dem mit Rankwerk sowie Christus- und Marienbild verziertem Pergament hängen die Siegel von 14 römischen Kardinälen. Anna von der Albm, eine Südtirolerin, die in Laufen verheiratet war, bestellte ihn im Vatikan. Er sichert allen Gläubigen, die an bestimmten Festtagen den Altar in der Stiftskirche von Laufen besuchten, einen Sündenerlass auf 100 Tage zu.

Das Prachtstück, das in einer unscheinbaren Archivschachtel lagert, hat einen unschätzbaren historischen Wert. "So etwas gibt es zumindest im Erzbistum München und Freising kein zweites Mal", sagt Stiftsdekan Simon Eibl. Er ist der Hüter des Schatzes. Der Pfarrer betrachtet es als seine Aufgabe, die jahrhundertealten Bücher und Urkunden für die Nachwelt zu erhalten.

Der Pfarrer krempelte selbst die Ärmel hoch

2017 stellte sich heraus, dass Bücher und Regale mit Schädlingen befallen waren. Weil es von der Diözese kein Geld für die Restaurierung des Stiftsarchivs gab, krempelte Eibl selbst die Ärmel hoch: Der studierte Theologe ist auch gelernter Schlosser. Er spannte den Hausmeister des Pfarrhofs ein, Firmlinge, Ministranten und weitere Ehrenamtliche aus der Pfarrei. Mühsam sortierten und registrierten sie den Archivbestand und digitalisierten die Urkunden. "Das war ein Gewaltakt", gesteht der Pfarrer. Ehrenamtliche halfen auch bei den Abbruch- und Bauarbeiten mit. Am Ende kostete die Restaurierung rund 160.000 Euro - und wurde ausschließlich über Spenden finanziert.

Heute, zwei Jahre nach Sanierungsende, ist das Stiftsarchiv im Obergeschoss des Laufener Pfarrhofs auch optisch ein Juwel. Die Wände sind nach Maßgabe des Denkmalschutzes verputzt und gekalkt. Im ersten Raum, dem Bücherarchiv, sind handgeschlagene Ziegel auf dem Boden verlegt. Die historischen Bücher stehen sortiert in maßgefertigten Holzregalen. Blickfänge sind unter anderem eine Vitrine, die in eine zuvor verdeckte Tür eingebaut ist, und ein Glaseinsatz im Boden, der den Blick in einen Schacht aus der Zeit des Dreißigjährigen Kriegs gewährt; Urkunden und Schätze des Stifts waren hier sicher verwahrt.

Das Raumklima in den alten Gemäuern ist ideal

Im zweiten Raum, dem Stiftsarchiv, ist ein Metallregal aufgebaut, in dem rund 950 Archivkartons stehen; darin lagern die historischen Urkunden. Eine Klimatisierung der Räume ist überflüssig: Die alten Gemäuer liefern das optimale Raumklima für die Aktenlagerung.

Das Besondere in Laufen: Das Kirchenarchiv ist in den vergangenen 200 Jahren weitgehend unberührt geblieben. "Die Räume sind nie groß ausgeräumt worden, hier ist immer nur was hineingekommen", sagt der Stiftsdekan. Anders als zum Beispiel in Salzburg, wo Archive geplündert worden seien. Oder in Berchtesgaden. "Die Archivbestände der Stiftsprobstei sind in München eingelagert", weiß Eibl.

Handgeschriebene Bibel aus dem frühen 15. Jahrhundert

In Laufen ist alles noch da: Aufzeichnungen über die einstigen Stiftsbesitzungen - unter anderem im Salzburger Pinzgau und Pongau -, Grundbücher, Kirchenrechnungen, Schulakten, Musiknoten, Liturgische Bücher, Frömmigkeitsbücher... Neben dem Ablassbrief aus dem Jahr 1500 gibt es zahlreiche weitere Kostbarkeiten; bei vielen gleicht es einem Wunder, dass sie noch existieren.

Die älteste Urkunde im Stiftsarchiv wurde am 28. November 1306 ausgestellt; darin verschreibt Seibot von Lampoting seiner Frau Gedraut 100 Pfund Pfennige auf verschiedene Güter und Gelder. Im Vitrinenschrank liegt eine handgeschriebene Bibel aus dem frühen 15. Jahrhundert; sie stammt wohl aus dem Kloster St. Peter in Salzburg. Das älteste gedruckte Buch im Archiv ist ein Direktorium (liturgisches Buch, Anm. d. Red.); es wurde 1497 mit beweglichen Lettern gedruckt. Ein Kuriosum - "ich weiß nicht, wie das hier reingekommen ist" - ist ein Medizinhandbuch aus den Jahren 1535/45; darin sind unter anderem Einhörner und Drachen beschrieben.

Notenblätter, die noch niemand gesichtet hat

Einige der historischen Bücher haben besondere Einbände: handbeschriebene Pergamente - Seiten aus Gebets- und Gesangsbüchern, die um das Jahr 1300 entstanden sind. Ein weiteres Glanzstück: ein Choralbuch, das liturgische Gesänge enthält, die der Salzburger Hofkapellmeister Peter Gutfreund ("Pietro Bonamico") um das Jahr 1620 für das Kollegiatstift Laufen komponierte.

"Im Archiv lagern auch Noten, die noch nie durchgeschaut wurden", erzählt Eibl. Der Erste, der seines Wissens im Laufener Stiftsarchiv forschte, war Pfarrer Otto Heichele (1894 bis 1982) in den 1920er Jahren. Später sichteten mehrere geschichtsbeflissene Laien das historische Material, allen voran der 2016 verstorbene Landesheimatpfleger Hans Roth aus Laufen.

Einen hauptamtlichen Archivar gibt es bis heute nicht. "Der Archivar bin ich", sagt der umtriebige Pfarrer schmunzelnd. Unterstützung bekommt er unter anderem von Lehrerinnen, die Urkunden mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz übersetzen und einer Abiturientin, die die Bücher noch mal akribisch nachsortiert.

Der Stiftsdekan führt unter anderem Schulklassen durch das Archiv. Er weiß: "Hier kann man Geschichte greifbar machen."

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