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Jedermann-Nachtkritik: Die Buhlschaft fällt vom Rad

Die Lebhaftigkeit der Inszenierung von Brian Mertes und Julian Couch gibt keinen Schutz vor der Bleiernheit der Moralität in den Versen.

Jedermann-Nachtkritik: Die Buhlschaft fällt vom Rad
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Jedermann-Nachtkritik: Die Buhlschaft fällt vom Rad
Die Buhlschaft schmeißt's vom Radl. Da erwachte in der Reihe 12/Mittelblock auf dem Domplatz ein bisserl die Aufregung. Geplanter Fall? Blöder Unfall? Die Dame und ihr Begleiter sind verunsichert. Dem Spiel tut der Sturz keinen Abbruch. Nur der rechte Schulterträger des Kleides, das ohnehin bloß Tarnung für das Wenige darunter ist, reißt. Oder war's geplant? Egal. Jedenfalls spielt diese zusätzliche Aufmerksamkeit einer bemerkenswerten Gewichtsverlagerung in die Karten.

Diese Buhlschaft darf nicht nur aufreizend schön sein. Sie darf gierig nach dem Mann, kess und anhabig sein - sie darf richtig mitspielen. Und ein energischer Wildfang ist sie ja nicht nur auf dem Radl auf der engen Bühne, die Brigitte Hobmeier als Buhlschaft. Sie fährt ihrem Jedermann mit dem Rad in die Arme. Das bringt Schwung. Eine gute Idee der Regisseure Brian Mertes und Julian Crouch. Ideen, das ist ihre Sache. Ein Abklopfen des Stückes, ein Hinterfragen der tödlichen und himmelschreienden Moralität in den Hofmannsthal'schen Versen sparen sich der US-Amerikaner und der Engländer. Da stöberten sie lieber bis ins Mittelalter nach Everyman-Geschichten. Sie nehmen, was da ist. Sie bebildern es großzügig. Im vergangenen Jahr war das der neueste Schrei dieser ewig alten Domplatz-Story. Wiederholungstat mit wenig ÄnderungenHeuer ist es eine Wiederholungstat, bei der sich kaum etwas änderte. Naja, bei der Buhlschaft schon. Die bekam ein neues, zweites Kleid. 48 Sekunden braucht sie bei der Aufführung, um sich umzuziehen. So unglaublich flott, wie später der Jedermann eh alles wieder bereuen und fest glauben wird. Das passt alles zu diesem Zauberkasten-Jedermann, für den im zweiten Teil mit Puppenspiel und Bühnenshow und Begräbnis alle Register gezogen werden. So wie die Mertes-Crouch-Ideenwelt sind auch alle Akteure heuer wieder dabei.

Cornelius Obonya kniet sich über die Bühne, rauft sich die Haare und spielt einen Jedermann der weniger grausam als einfach nur stinkreich ist und eben deshalb rücksichtslos agiert. Aber dann kommt eh der Tod. Peter Lohmeyer schreitet zaundürr, Nosferatu ähnlich, niemals gnadenlos und mit einem Leichentuch, unter dem sich die ganze Bühne begraben ließe. Sarah Viktoria Frick spielt zunächst als Puppe die zerbrechlichen Guten Werke, ehe sie mit unbändiger Lust den Teufel besiegt. Der Teufel, den Simon Schwarz spielt, ist ein kletternder Hampelmann, chancenlos ab dem ersten Wort. Aber was zählen Einzelleistungen, wenn das Konzept ein großes Miteinander vorsieht. Lebensnahe Buntheit, vorgetäuschte UnzulänglichkeitDas Lebhafte, die lebensnahe Buntheit, ja bisweilen eine echt vorgetäuschte Unzulänglichkeit machen - wie schon im Vorjahr - den Reiz dieser aktuellen Domplatz-Variante der Erlösungsshow aus. Es wird getanzt. Es wird viel musiziert. Und dann wird halt in die Arme Gottes gestorben. Passend zum Amüsier- und Wichtigkeitscharakter, den diese Aufführung, eher: dieses Ritual, innerhalb der Salzburger Sommersaison genießt, wird aber kein mahnender Zeigefinger erhoben. Die wollen nur spielen. Und konsequenterweise ziehen nach ein paar Verbeugungen am Ende alle Akteure durch das Publikum wieder ab. Gekommen sind sie ja in einer Prozession durch die Altstadt. Passanten bildeten ein dichtes Spalier. Mertes und Crouch legen ihre Spielversion wie das Auftauchen und Verschwinden von Theater-Vagabunden an. Da kommt also ein Trüppchen Schauspieler und legt dramatisch los. Dieser Zugang entschwert das Stück enorm. Es nimmt ihm die Last deklamierender Jedermann-Legenden und einer auch im Jahr 94 nach Aufführungsbeginn immer noch nicht gänzlich verrotteten Reinhardt'schen Bedeutungsschwangerschaft.

Gegen die moralgetränkten und sänftlich wabernden Verse aber kann auch die beste Gaukelei nichts anstellen. Das Adrenalin, das an vielen Stellen in diese Inszenierung geschossen wird, stockt in der Gekünsteltheit der Knittelversewelt dann doch immer wieder zu Blei. Bei der ersten Aufführung des heurigen Festspielsommer spielte das aber so wenige Rolle, wie wohl bei allen anderen die noch kommen. Am Ende wurde getrampt und applaudiert.

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