Anna Buchegger mag das Experiment. Die Sängerin ist mutig und strotzt vor Energie und Ideen. Beim Experimentieren schöpft sie aus dem Boden, auf dem sie das Musizieren gelernt hat. Das Hackbrett trifft in der Musik der gebürtigen Abtenauerin Jazz und Pop. Nun kann die 25-Jährige ihre Experimentierfreude auch als Organisatorin ausleben. Zum ersten Mal kuratiert sie gemeinsam mit Laura Lebesmühlbacher das Festival Bodenständig.
"Als ich gefragt wurde, das Programm zu gestalten, habe ich schnell zugesagt", sagt Buchegger im SN-Gespräch. Sie folgt als künstlerische Leiterin Krimiautor und Kabarettist Manfred Baumann. Volksmusikalische Basis trifft bei dem Festival auf moderne Klänge - oder auch umgekehrt. Die Richtungen, aus denen sich Musikkulturen nähern und gegenseitig nähren, sind nicht eindeutig. "Ich mag es, das Unübliche zu verbinden", sagt Buchegger. Das passt zu einem Motto, das auch für eine der Bands beim Festival gilt: "Wir halten uns musikalisch an alles, außer an klassische Regeln", sagt das Kärntner Trio Gschrems.
7. Ausgabe des Festivals Bodenständig
Heuer findet die siebte Ausgabe von Bodenständig im Petersbrunnhof statt. "Die Veranstaltung ist gut eingespielt, hat starke Wurzeln und wir wollen jetzt neue Töne setzen", sagt Laura Lebesmühlbacher. Ein "Festival für moderne Volksmusik" lautete lange Zeit der Untertitel des Festivals, das 2016 zum ersten Mal stattgefunden hat. Dieses "modern" gilt, auch wenn jetzt dasteht: "Starke Wurzeln, neue Töne". Es geht in jedem Fall um zeitgenössische Ausdrucksformen. "Musik lebt immer durch die, die sie machen", sagt Lebesmühlbacher. Die, die das heuer machen, sind etwa der Mundart-Rapper Holza oder auch Paul Plut, dessen Musik entwickle fast eine "Dark Drama"-Dimension, sagt Buchegger.
"Es gibt eine große Bandbreite", sagt Buchegger über die Auswahl für das Festival. Dafür sieht Buchegger auch in mancher erfolgreicher Popströmung die Basis. "Die deutsche Sprache spielt seit einigen Jahren im Pop wieder eine große Rolle", sagt sie. Die Bandbreite reicht dann vom enorm erfolgreichen Deutsch-Rap bis zu österreichischen Acts wie Wanda oder Bilderbuch. Damit werde für Künstlerinnen und Künstler auch Dialekt wieder interessant und "in vielen Formen neu interpretiert". Es wird auch traditionelle Musik wieder interessant - jedenfalls als Ausgangspunkt für eine neue Melange.
Neue Melange von Volksmusik
In dieser Richtung wurde schon vor ein paar Jahrzehnten wichtige Arbeit geleistet. "Wir können daran anknüpfen, dass Leute wie Hubert von Goisern, Broadlahn oder Aniada a Noar eine Art Pionierarbeit geleistet haben", sagt Buchegger. Ab den späten 1980er-Jahren wurden die Grenzen zwischen Rock und Pop und Volksmusik erstmals völlig durchlässig, ja, sogenannte Crossover-Musik schaffte es mit Hubert von Goisern auch an die Spitze der Hitparade.
Die Ausdrucksweise, die Sprache - vokal und musikalisch - habe sich "geändert und weiterentwickelt". Das betreffe Stile, etwa wenn nun auch Rap oder R'n'B auftauchen. Es betreffe aber technische Produktionsweisen. "Längst gehören auch Beats und Samples ganz selbstverständlich dazu. Das ist alles eine sehr coole Bewegung, da passiert viel und viel sehr Interessantes", sagt Buchegger. Aus diesem Interessanten wolle sie für Bodenständig schöpfen. Gleichzeitig wird um das Festival das Traditionelle nicht vergessen, sondern auf neuen Wegen und über Grenzen hinweg belebt.
Ein "Ethno" fand im Vorfeld stat
Im Vorfeld von Bodenständig fand heuer zum ersten Mal in Österreich ein "Ethno" statt, eine Initiative der "Jeunesses Musicales International". Für die Premiere von "Ethnic Alps" trafen sich 17 Musikerinnen und Musiker, unter anderem aus Indien, der Ukraine, Chile und Portugal, auf der Sattelalm in Faistenau. Es geht dabei nicht um die Erfindung neuer Klänge, sondern um ein Zusammenspiel der "mitgebrachten" Volksmusiken. Für die Teilnahme an dem Projekt, an dem weltweit schon 47 Länder teilnahmen, brauche man keine Noten, sondern "offene Ohren und die Lust, sich auf andere Musikkulturen einzulassen", sagt Projektleiterin Lebesmühlbacher. Aufmerksam geworden sei sie durch eine Salzburger Freundin, die mittlerweile in Chile lebt und schon an "Ethnos" teilgenommen hat. "Die Idee hat mich sofort begeistert", sagt Lebesmühlbacher. Selbst ist sie ebenfalls Musikerin. Seit 2020 ist sie bei der Musikkapelle Anthering auch Kapellmeisterin - eine von sieben im ganzen Bundesland. Nach einem Konzert in Fuschl, einem Warm-up-Gig für das Bodenständig-Festival, wird es auch einen Auftritt am ersten Festivaltag geben.
Buchegger ist ein gutes Beispiel
Bodenständig-Kuratorin Buchegger, selbst aufgewachsen mit Hackbrett, Gitarre und Gesang in einer volksmusikalischen Umgebung in Abtenau, ist für die Vielschichtigkeit des Festivals ein gutes Beispiel. Sie gewann 2021 bei "Starmania", erhielt den Hubert-von-Goisern-Kulturpreis und brachte im vergangenen Jahr mit "Windschatten" ein Debütalbum heraus, das mühelos alpenländische Tradition und hippen Pop verbindet.
Sie wird beim Festival auch selber auftreten. Zunächst gemeinsam mit dem Bruckner Alphornklang, dann zum Abschluss des ersten Festivaltages mit dem eigenen Programm.
Da wird es dann auch einen Vorgeschmack auf ihr zweites Album geben. Das Werk mit dem Titel "Soiz" erscheint im Oktober. So viel kann nach einem ersten Hinhören schon gesagt werden: Sie bleibt dem treu, was sie über sich selber sagt. "Ich bin ja schon recht experimentierfreudig."
Festival: Bodenständig,
5./6. September, Salzburg/
Petersbrunnhof.