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Fachärztin in Oberndorf: Kann man Schmerz modulieren, Frau Wittels?

"Ja", sagt Fachärztin Martina Wittels, die eine Praxis für Schmerztherapie und Psychosomatik in Oberndorf bei Salzburg hat.

Schmerztherapeutin Dr. med. Martina Wittels.  Bild:  KSK Schwarzach
Schmerztherapeutin Dr. med. Martina Wittels.  Bild: KSK Schwarzach

Die gebürtige Wienerin ist Fachärztin für Anästhesie und Intensivmedizin, diplomierte Schmerz- und Psychotherapeutin. Im Krankenhaus Schwarzach leitet die Oberärztin die Multimodale Schmerzambulanz. Im Interview erklärt Martina Wittels, welche Therapien bei Schmerzen helfen.


Redaktion: Welche Rolle spielt die Schmerztherapie innerhalb des medizinischen Behandlungsspektrums?
Martina Wittels: Die Schmerztherapie ist ursprünglich im Bereich der Anästhesie verortet, aber deren Methoden decken den Bedarf bei chronischen Schmerzpatienten nicht ab. Bei der Behandlung chronischer Schmerzsyndrome sind so viele Zusatzfaktoren wirksam, die psychischer und sozialer Natur sind. Eine einzelne Methode führt hier nicht zum Ziel, sondern eher die Summe interdisziplinärer Anwendungen. Die Schmerzambulanz im Krankenhaus Schwarzach ist aber in der Psychiatrischen Abteilung verankert, auch weil dort in einem Team aus vielen Berufsgruppen aus unterschiedlichen Fachbereichen ineinandergreifend gearbeitet wird.

Wie lassen sich akut auftretende Schmerzen behandeln?Heutzutage gibt es sehr gute Möglichkeiten, akute Schmerzphasen zu bewältigen. Schmerzen sollten grundsätzlich behandelt und nicht auf die lange Bank geschoben werden. Im Gehirn wird Schmerz in einer riesigen Schmerzmatrix verarbeitet und jeder länger anhaltende Schmerz kann zur Chronifizierung beitragen. Das sogenannte Schmerzgedächtnis wird ausgebaut. Von chronischen Schmerzen spricht man, wenn sie etwa drei bis sechs Monate - oder noch länger - anhalten.

Schmerzen führen oft zu Fehlhaltungen und Einschränkung der Beweglichkeit. Wie kann man dem entgegensteuern?

Schmerz führt zu einer Schutzreaktion des Körpers. Die Balance von Strecker und Beuger wird verschoben, wodurch es zu einer höheren Verletzungsgefahr kommt. Betroffene glauben, sie müssten mehr aufpassen, um dem Schmerz zu entkommen, und versteifen immer mehr. Durch aktive physiotherapeutische Begleitung lässt sich die Balance im Körper wieder herstellen. Die Einnahme etwa von Opiaten hat bei diesen Schmerzerkrankungen nur dann ihre Berechtigung, wenn diese wieder Bewegung ermöglichen. Aber es gilt, Vor- und Nachteile abzuwägen. Kurzfristig stellt deren Einnahme auch bei gutartigem Schmerz kein Problem dar und ist gerechtfertigt. Nach einer Versuchsdauer über zwölf Wochen wird die Medikation überprüft. Bei Tumorschmerzen und in der Palliativmedizin gelten hingegen ganz andere Regeln.

Welche Anwendungen sind insbesondere bei chronischen Schmerzen wirksam?Die Schwierigkeit besteht in der Veränderung im zentralen Nervensystem. Obwohl die Heilung schon abgeschlossen ist, kann es zu einem dauerhaften Schmerzempfinden kommen. Diesen Schmerz muss man ganz anders behandeln, da der Körper auf übliche Schmerzmittel oft nicht reagiert. Antidepressiva zum Beispiel unterstützen die Schmerzhemmung, da sie auf die Verarbeitung von Schmerz einwirken. Vielen Betroffenen muss man das erklären, da ihnen die Einnahme zuerst unlogisch erscheint und sie dagegen Vorbehalte haben.

Wie kann man sich die Chronifizierung von Schmerzen vorstellen und wie sehen die Therapieprogramme aus?Wenn man nach einer Operation eine Wundheilungsstörung hat, können weitere Belastungen, Sorgen oder eine depressive Neigung zum Tragen kommen. Diese Faktoren verknüpfen sich und können sogar eine Depression auslösen. Diese kann zu Rückzug und Schonung führen. Der Umgang mit der Krankheit spielt also eine große Rolle. So haben wir am Klinikum Schwarzach ein multimodales Konzept installiert, wo mehrere Professionisten zusammenarbeiten. Im tagesklinischen Setting werden je acht Patientinnen und Patienten vier Wochen lang mit einem Programm behandelt, das einen besseren Umgang mit der Krankheit und eine höhere Lebensqualität ermöglicht. Diese Kassenleistung gibt es seit 2024. Vier bis fünf Mal im Jahr soll in Zukunft ein Turnus stattfinden.

Sie setzen auch Hypnose zur Schmerzbehandlung ein?
Ja. Hypnose ist eine wissenschaftlich gesicherte Methode, die Schmerz verändern kann. Sie lässt sich gut einsetzen, um Betroffene in einen beruhigten und kreativen Zustand zu bringen. Sie machen die Erfahrung: "Ich kann selbst meinen Schmerz regulieren." Auch im Gruppensetting funktioniert das, beispielsweise durch das Fokussieren auf positive Bilder.

Man darf sich keine Spontanheilung erhoffen, denn chronischer Schmerz verschwindet nicht gänzlich. Wichtig ist die Wiederholung. Ich zeichne Hypnosesitzungen am Handy auf. Meine Patienten hören sie regelmäßig an - wie ein Lernprogramm. So werden andere Impulse vorrangig und die Schmerzwahrnehmung tritt in den Hintergrund.