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Sorge um Zukunft der Schutzhütten

Der Bergsport boomt und alpine Hütten sind touristischer Anziehungspunkt. Viele Schutzhütten sind allerdings ein Sanierungsfall.

Die Salzburger Naturfreunde betreiben das Leopold-Happisch-Haus mit einem Selbstversorgerkonzept
Die Salzburger Naturfreunde betreiben das Leopold-Happisch-Haus mit einem Selbstversorgerkonzept
„Die alpinen Vereine stehen mit dem Rücken zur Wand', so der Geschäftsführer des ÖTK, Michael Platzer
„Die alpinen Vereine stehen mit dem Rücken zur Wand', so der Geschäftsführer des ÖTK, Michael Platzer

Seit Jahren ist die Zukunft der Südwiener Hütte ungewiss. Für den Tourismus im Pongau wäre der Verlust der rund 100 Jahre alten und baufälligen Schutzhütte bitter. Ein Abriss steht im Raum und auch wenn die Frist für die Erneuerung der Abwasseraufbereitung seitens der Behörde verlängert wurde, sind die aktuellen Nachrichten schlecht. In der kommenden Sommersaison soll die Hütte auf der Oberen Pleißlingalm noch bewirtschaftet werden. Doch alles Weitere ist ungewiss.

Vertragslaufzeit machte Einigung unmöglich

Die letzten Gespräche von Grundbesitzern mit der Alpenvereinssektion Pongau sind nun endgültig gescheitert. Die Alpenvereinssektion Pongau wollte sich noch bis vor Kurzem engagieren. "Wir haben jedoch keine klaren schriftlichen Zusagen für die nächsten 50 Jahre bekommen", so Vorsitzender Wolfgang Islitzer, "das wäre für uns als Betreiber aufgrund der derzeitigen Sachlage eine wesentliche Bedingung gewesen." Die Pongauer Mitglieder hätten ehrenamtlich und in ihrer Freizeit viel Zeit investieren wollen - auch ein umfangreiches Wegenetz gehört zur Schutzhütte.

Für alpine Vereine wird die Situation immer schwieriger. Denn viele Schutzhütten sind in die Jahre gekommen, desolat und abrissreif. Nicht nur in Wegerhaltung, sondern auch in Neuerrichtung muss viel Geld investiert werden. Berge, Wanderwege und Schutzhütten sind Teil der Identität und Kultur Österreichs. Ihre Erhaltung wird durch die Vereine und ihre Mitglieder gewährleistet, doch die Kosten steigen - mitunter durch strenge Behördenauflagen. Braucht es diese Stützpunkte noch? Oder sollten sie - wie etwa die Hofmannshütte in der Glocknergruppe im Jahr 2016 - im Zweifelsfall abgerissen und die Fläche renaturiert werden? Haben sie noch eine alpinistische Bedeutung?

Happisch-Haus mit innovativem Konzept

Die Salzburger Naturfreunde betreiben seit 2016 das Leopold-Happisch-Haus im Tennengebirge mit einem Selbstversorgerkonzept, der Gast wird dabei zum Hüttenwirt. Die Schutzhütte am Windischriedel wurde umgebaut und Stück für Stück saniert. "Heuer haben im Winter heftige Stürme das Vordach des Happisch-Hauses gleich zwei Mal abgetragen. Glücklicherweise war jedoch immer wer zufällig vor Ort und hat notdürftig abgedeckt", sagt Naturfreunde-Salzburg-Geschäftsführer Helmut Schwarzenberger. "Trotzdem müssen wir einiges in die Reparatur investieren."

Auch beim Anton-Proksch-Haus helfen Ehrenamtliche am Wochenende am Ladenberg (Werfenweng) aus. Für die dringend benötigte Generalsanierung und damit für mögliche Pächter fehlt jedoch das Geld.

Hütten werden zu enormer Herausforderung für Vereine

"Wir Vereine stehen mit dem Rücken an der Wand", meint Michael Platzer, Chef des Österreichischen Tourismusklubs (ÖTK). Der ÖTK erbaute im Jahr 1890 die Werfener Hütte (1967 m) am Fuße des Hochthrons. Auch hier steht längst eine dringende Investition an, eine enorme Herausforderung für den alpinen Verein. Auf der "Werfener" gibt es kein Wasser, eine Materialseilbahn ist für einen Fortbestand unabdingbar. Seitens der Gemeinden und Tourismusverbände bekennt man sich zwar klar zur Schutzhütte, aber auch hier stocken die Verhandlungen mit Grundbesitzern. Die Schutzhütte ist ein zentraler Anziehungspunkt für Wanderer, "doch Pachteinnahmen können bei Weitem nicht die Erhaltungs- und Investitionskosten decken".

Die Finanzierung des Neubaus ist weiterhin offen. "Wir alpinen Vereine bekommen vom Bund insgesamt nur 2,7 Mio. Euro Unterstützung. Das verteilt sich auf elf Organisationen. Der ÖTK erhält hiervon nur 300.000 Euro", klagt der Geschäftsführer und fordert viel mehr öffentliche Unterstützung für alpine Infrastruktur: "Unser Tourismus lebt davon, ein Fehlen der Hütten hätte negative Auswirkungen auf den Sommertourismus. Unsere Gründungsväter haben damals die Wege und den Zugang zu den Bergen erschlossen. Letzens sind wir für die Grundbesitzer aber einfach geduldete Gäste. Durch Jagdeinnahmen erhalten sie viel höhere Erträge. Einzelne schwarze Schafe unter den Bergsportbegeisterten, etwa bei den Mountainbikern, schaden durch ihr Verhalten. Hinweise werden einfach ignoriert. Dazu kommen Haftungsprobleme", beobachten sogar alpine Vereine.

"Seit der Pandemie haben sich die Klagen verdoppelt. Wir müssen sogar Bereiche oberhalb der Wege aufgrund der Steinschlaggefahr absichern. Auch die Rechtsprechung muss sich ändern. Mehr Vernunft und Eigenverantwortung am Berg wären so wichtig. Trotzdem kämpfen wir natürlich weiterhin für die Werfener Hütte", versichert der ÖTK-Chef.

Hütten nicht nur für Tourismus wichtig

Eine Entwicklung, die auch dem Landesleiter der Bergrettung Salzburg, Balthasar Laireiter, Sorgen bereitet: "Ein Fehlen von Schutzhütten hätte fatale Auswirkungen für die Bergrettungen. Wir benötigen diese dringend für die Unterbringung von Verletzten. Die Versorgung dort verhindert auch manche Unfälle und ist fundamental wichtig für die alpine Sicherheit. Die gute Wegerhaltung der Mitglieder verhinderte schon manches Unglück, auch wenn alpines Gelände Selbstverantwortung verlangt. Denn wer garantiert, dass nicht z. B. eine Gams einen Steinschlag auslöst? Jeder einzelne Hüttenstandort ist wichtig und muss für die Zukunft gesichert werden."

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