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Vom Krebs zum Vizeweltmeister im Apnoetauchen: "Ich bin Sportler bis zur Urne"

Im Kampf gegen den Krebs entdeckte Andreas Kruszena seine Leidenschaft fürs Apnoetauchen und wurde in nur vier Jahren zu einem Spitzensportler von Weltrang.

Bei der Weltmeisterschaft in Athen schwamm Kruszena 127 Meter mit der Monoflosse und schnappte sich so den Vizeweltmeistertitel.
Bei der Weltmeisterschaft in Athen schwamm Kruszena 127 Meter mit der Monoflosse und schnappte sich so den Vizeweltmeistertitel.

Aufzugeben stand nie auf Andreas Kruszenas Agenda. Der gebürtige Pole war einst Mitglied der polnischen Judoka-Nationalmannschaft, Unternehmer - und ist heute, mit 69 Jahren, noch immer voller Energie: als Judotrainer im Lammertal, als Mentalcoach - und seit Kurzem auch als Vizeweltmeister im Apnoetauchen. Doch das war nicht immer so. Das Jahr 2017 brachte einen gesundheitlichen Rückschlag: Ein Tumor wurde in seinem Blinddarm entdeckt. Die Diagnose: Krebs. "Der Arzt stand zittrig vor mir, als er mir die Nachricht überbrachte. Ich stand auf, legte meine Hand auf seine Schulter und fragte ihn: ‚Warum machen Sie sich fertig? Haben Sie Krebs, oder ich?'" Seine Devise: "Akzeptiere die Schwierigkeiten - dann geht die Angst weg." Kruszena blickt heute nicht verbittert zurück, im Gegenteil: "Ich habe durch die Krankheit gelernt, dass es weitergeht."

"Den Krebs zu besiegen, war mein schönster Sieg."
Andreas Kruszena
Vizeweltmeister Apnoetauchen


Statt sich zurückzuziehen, begann er, nach vorne zu blicken - und zu atmen. Während seiner Genesung probierte er verschiedenste Methoden zur Stärkung von Körper und Geist, auch Atemtechniken. "Ich hielt einfach die Luft an und stoppte die Zeit. Drei Minuten. Da dachte ich: Schaffe ich das auch unter Wasser?" Das testete er kurzerhand im Sportzentrum Rif. "Dort bin ich zum ersten Mal getaucht und habe großen Gefallen an diesem Sport gefunden." So trainierte er weiter, bis er schließlich auf der Vizeweltmeisterbühne in Athen stand. Ein besonderes Erlebnis für ihn: "Ich stand auf dieser Bühne und erinnerte mich, wo ich vor einigen Jahren war, und wo ich jetzt bin." Dieser Kontrast, diese innere Reise bedeutete ihm mehr als jede Medaille. "Ich war so beeindruckt davon, wie viel Kontrolle der Geist über den Körper hat. Und dass ich nicht aufgegeben habe - trotz allem." Erfolge hatte der 69-Jährige viele. "Aber den Krebs zu besiegen - das war mein schönster Sieg. Dagegen verblasst sogar der Vizeweltmeistertitel."

Obwohl seine Leistungen beachtlich sind. Er konnte 109,5 Meter Strecke mit Flossen schwimmen und 6 Minuten und 4 Sekunden die Luft anhalten. "Davor lag mein Spitzenergebnis bei 5 Minuten und 4 Sekunden. Als ich bei der Weltmeisterschaft auftauchte und sah, dass ich eine ganze Minute länger unter Wasser war, traute ich meinen Augen nicht." Wie man innerhalb von vier Jahren zum Leistungssportler wird? "Das ist eine gute Frage. Doch ich bin bereits Spitzensportler im Judo", sagt er. "Ich habe das einfach im Blut." Sport ist für den gebürtigen Polen eine Art zu leben. "Natürlich kann ich heute nicht mehr auf dem Niveau trainieren, auf dem ich mit 25 Jahren war. Doch ich bleibe Sportler bis zur Urne." Und diese Haltung gibt er weiter, denn seit vielen Jahren ist er im Judoclub Hallein-Golling Trainer für Menschen mit Beeinträchtigung: "Ich möchte anderen Menschen helfen, damit sie Sicherheit im Leben bekommen", betont der Vizeweltmeister.

Körperbeherrschung, mentale Stärke und Ruhe

Am Apnoetauchen fasziniert ihn besonders die Verbindung von mentaler Stärke und körperlicher Leistung. "Wenn ich tauche, versuche ich, die Gedanken abzuschalten", erklärt er. "Ich beruhige mich im Wasser so gut es geht und versuche, fast einzuschlafen." Denn so gehe der Puls runter und der Körper verbrauche weniger Sauerstoff. "Aufregung ist Gift, weil ein Adrenalinausstoß viel Sauerstoff verbraucht." Auch den starken Zusammenhalt unter den Sportlern schätzt Kruszena am Apnoetauchen. "Man taucht nie allein - ein Partner ist immer dabei, der im Ernstfall eingreifen kann", erklärt er. "Dein Leben hängt also von deinem Tauchpartner ab." Was ihm in seiner Heimat, dem Lammertal, am besten gefällt? "Die netten Menschen und das Bergpanorama." Denn neben Judo und Tauchen zählt das Bergwandern zu den sportlichen Leidenschaften des 69-Jährigen. Er bestieg unter anderem Aconcagua, Elbrus, Mont Blanc und das Matterhorn. "Ich war auf Bergen der ganzen Welt. Jetzt in den Alpen zu wohnen, ist das Beste, das ich mir erträumen kann."

Glück ist für Kruszena eine Frage des Moments

Auch als Mentaltrainer gibt Andreas Kruszena das Wissen weiter, das er selbst lebt. Um bewusst im Moment zu sein, setzt er sich regelmäßig extremen Bedingungen aus: Im Winter geht er Eisbaden in der Lammer, im Sommer sucht er die Hitze. "Kälte und Hitze spürt man intensiv - sie bringen dich raus aus dem Kopf, zurück in den Körper und ins Jetzt." Gerade darin sieht er einen Schlüssel zu innerer Stärke: "Viele Menschen streben nach Glück - aber sie suchen es immer in der Zukunft", erklärt er. "Wenn ich erst das habe, wenn ich erst dort bin …" Doch Glück sei kein Ziel, das man erreichen kann. "Glück passiert im Moment. Im Jetzt. Nicht in der Zukunft und nicht auf dem Konto."

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