Wahlsonntag in der Justizanstalt in der Stadt Salzburg. Ein Wahllokal gibt es hier nicht. Dafür bekommen diejenigen, die im Wählerverzeichnis der Stadt Salzburg eingetragen sind, Besuch von der "fliegenden Wahlkommission" - einem Wahlleiter und seinen Beisitzern. Diese Kommission heißt offiziell "besondere Wahlbehörde" und führt eine mobile Wahlurne und Wahlzelle mit sich.
In einem Dienstzimmer wird beides aufgebaut. Der Andrang hält sich in Grenzen. Dietmar Knebel, Leiter der Justizanstalt Salzburg, sagt: "Bei den Nationalrats- und Landtagswahlen hatten wir nur ein paar Häftlinge, die von ihrem Wahlrecht Gebrauch gemacht haben." Dürfen Verurteilte eigentlich wählen? Früher galt die gesetzliche Regelung: Wer unter einem Jahr Strafausmaß ausgefasst hatte, durfte seine Stimme abgeben. Seit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) ist das anders. Vor Kurzem wurde die Nationalrats-Wahlordnung novelliert. Der 2009 entlassene Häftling Helmut Frodl, der 1993 wegen Mordes verurteilt wurde, hat Österreich geklagt. Der Grund: Er war nicht ins Wählerverzeichnis eingetragen worden. Der Gerichtshof entschied, dass dies gegen das Recht auf freie Wahlen verstoße. Ausschluss nur auf Anordnung Der Leiter der Landeswahlbehörde, Michael Bergmüller, erklärt: "Es muss ausdrücklich im Urteil des Richters stehen, dass der Verurteilte vom Wahlrecht ausgeschlossen ist. Der Richter kann jemandem das Wahlrecht entziehen, wenn der Angeklagte fünf Jahre unbedingte Haft erhält oder wenn es sich um mindestens ein Jahr bei bestimmten Delikten - beispielsweise nach dem Verbotsgesetz - handelt. Es kann also auch ein Mörder wählen, wenn er im Urteilsspruch nicht explizit ausgeschlossen wurde." Um im Gefängnis wählen zu können, muss man zum Stichtag in der Justizanstalt Schanzlgasse 1 gemeldet sein. "Ansonsten gibt es die Möglichkeit der Briefwahl, weil ein Häftling ja verhindert ist, das Wahllokal aufzusuchen", erläutert Bergmüller. Ist also ein Kärntner zum Stichtag schon in Salzburg eingesessen, kann er zwischen Heinz Schaden und Co. wählen. Infos aus Zeitung, Radio und TV Politisch informieren können sich Gefangene durch Zeitungen, aber auch Radio- und Fernsehempfang gebe es in der Justizanstalt, sagt Dietmar Knebel. Die "fliegende Wahlkommission" werde zu ihrem eigenen Schutz überwacht. Die Tür zum Dienstzimmer bleibe offen, auch wenn keine Justizwache neben der Wahlurne sei. Nach der Stippvisite im Gefängnis fährt die Kommission zu weiteren "besonderen Wahlbehörden". Franz Schefbaumer, Leiter der städtischen Wahlbehörde, schildert: "Mit einer Wahlkarte kann man auch eine Wahlbehörde beantragen, zum Beispiel aus Altersgründen, weil man nicht mehr transportfähig oder mobil ist. Dann kommen wir bis nach Hause oder fahren in Seniorenheime und Krankenhäuser." Für manch betagten Salzburger sei der Besuch von der Wahlkommission das Highlight des Jahres, verraten Gerhard Walker und Rudolf Kampf - beide sind zum wiederholten Male als mobile Wahlhelfer im Einsatz.
Aber wie verhält es sich mit der geistigen Gesundheit? Darf ein dementer Patient wählen? Der Leiter der Landeswahlbehörde, Michael Bergmüller, sagt dazu: "Grundsätzlich ist das Wahlrecht persönlich auszuüben. Die Ausnahme sind Wähler mit Körper- und/oder Sinnesbehinderung. Die dürfen sich von einer Vertrauensperson helfen lassen. Diese Person müssen sie selbst wählen und der Wahlkommission vor Ort mitteilen." Wenn eine alte Mutter im Pflegeheim liege und der Kommission den Sohn nenne, könne dieser vor ihren Augen wählen. Die Vertrauensperson könne auch eine Krankenschwester sein. Ausdrücklich sagen müsse man das nicht. "Es reicht ein Kopfnicken, um die Vertrauensperson zu bestätigen. Die Kommunikation mit einer mental beeinträchtigten Person muss möglich sein", schildert Bergmüller. Die Nationalrats-Wahlordnung sei dahingehend sehr weit gefasst, um niemanden zu diskriminieren. "Im Zweifel wird einem das Wahlrecht zugestanden."
Übrigens: Bei den "besonderen Wahlbehörden" stimmten vor fünf Jahren 222 Menschen ab. 60 Prozent wählten die ÖVP, 27 Prozent die SPÖ, 7,9 Prozent die FPÖ, 2,8 Prozent die Bürgerliste und 1,8 Prozent die Liste Tazl.
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