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Illegale Zweitwohnsitze an Salzburger Seen im Fokus - "Wir werden noch viel mehr ertappen"

Eine Krise verspüren Immobilienmakler im Seengebiet nicht. Die Ortschefs schon, ihnen fehlt der leistbare Wohnraum für die Bevölkerung.

Der Wolfgangsee.
Der Wolfgangsee.
In St. Gilgen wird ein Luxusprojekt errichtet – es herrscht Hauptwohnsitzpflicht.
In St. Gilgen wird ein Luxusprojekt errichtet – es herrscht Hauptwohnsitzpflicht.

Das Gasthaus Mühlradl an der Ortseinfahrt von St. Gilgen ist längst Geschichte. Der Panoramablick auf See- und Berglandschaft dient vor allem Touristinnen und Touristen als Magnet und Fotomotiv.

Auf dem Areal des einstigen Gasthauses werden nun Luxuswohnungen errichtet. Konkret sechs Eigentumswohnungen mit einer Wohnfläche zwischen 86 und 164 Quadratmetern. Jeweils ein Außenpool ist für zwei Wohnungen vorgesehen. Bis zum öffentlichen Seezugang sind es schließlich 1,6 Kilometer - was 27 Minuten Fußweg mit sich bringt. Das Penthouse-Maisonette-Loft findet sich bei einem Makler für 2,23 Millionen Euro - also 17.153 Euro pro Quadratmeter. "St. Gilgen ist seit über 150 Jahren teuer. Schon mein Vater - Baujahr 1927 - musste viel für sein Grundstück bezahlen", sagt Bürgermeister Otto Kloiber (ÖVP). 1500 Wohneinheiten für Einheimische gibt es in St. Gilgen. "Gegenüber stehen 1450 Wohnungen für Zweitwohnsitze", sagt der Bürgermeister. Kurzum: St. Gilgen ist ein Ort der Urlaubsbewohner.

"Wir rechnen mit 150 bis 200 illegalen Zweitwohnsitzen in der Gemeinde"

Seit 1993 dürfen in St. Gilgen am Wolfgangsee daher keine neuen Zweitwohnsitzobjekte mehr geschaffen werden. "Die Zweitwohnsitze treiben die Immobilienpreise natürlich in die Höhe." Der begrenzte Wohnraum, den es noch gebe, solle den Einheimischen dienen und von gemeinnützigen Bauträgern verbaut werden, betont Kloiber. Deshalb ist auch beim oben genannten Luxusobjekt Hauptwohnsitzpflicht - und genau diese beschäftigt den Bürgermeister: "Gebäude wurden in den vergangenen Jahren trotzdem als Ferienapartments gekauft und eine Person aus der Familie wurde dort gemeldet." Wer aber nicht seinen Lebensmittelpunkt in St. Gilgen begründen kann, residiert illegal. Seit 2019 muss der Bürgermeister gegen Verdachtsfälle vorgehen. 30 Fälle befinden sich aktuell in der Schleife - fünf Fälle seien vor dem Verwaltungsgericht für die Gemeinde entschieden worden. "Wir werden aber noch viel mehr ertappen."

Das Ausmaß sei nämlich weitaus größer: "Wir rechnen mit 150 bis 200 illegalen Zweitwohnsitzen in der Gemeinde St. Gilgen."

Bis zu 50.000 Euro Geldstrafe und am Ende droht die Zwangsversteigerung

Landesweit rechne man mit 1500 bis 3000 illegalen Zweitwohnsitzen, wie Raumordnungslandesrat Martin Zauner (FPÖ) betont. Was ist die Konsequenz für die Ferienbewohner? "Eine Geldstrafe bis zu 50.000 Euro bei notorischen Verstößen und die Pflicht zur Einstellung der Zweitwohnsitznutzung", sagt ÖVP-Klubobmann Wolfgang Mayer (ÖVP). Werde diese "Zweckentfremdung des Wohnraumes" nicht eingestellt, drohe am Ende sogar die Zwangsversteigerung des Objekts. Mayer betont, dass die strengen raumordnungsrechtlichen Vorgaben des Landes greifen würden. "Mir ist kein Fall in Salzburg bekannt, der vor dem Verwaltungsgerichtshof für die Wohnungsnutzer entschieden wurde."

Werden die Immobilienverkäufe durch die gesetzlichen Vorgaben eingeschränkt? "Die Zweitwohnsitzbeschränkung ist jedenfalls ein Thema. Käuferinnen und Käufer haben mittlerweile Angst vor Kontrollen", sagt Alexander Heim, geschäftsführender Gesellschafter des Maklerunternehmens Engel & Völkers in Salzburg. Zudem würden sich auch mancherorts Bürgerinitiativen gegen die Zweitwohnsitze in Stellung bringen und Verdachtsfälle bei den Gemeinden melden.

"Exklusive Liegenschaften sind in keiner Krise"

Bei Häusern mit direktem Seezugang und Zweitwohnsitzwidmung merkt die Branche übrigens keine wirtschaftliche Trübung. "Exklusive Liegenschaften - und dazu gehören Seeliegenschaften - sind ein rares Gut und in keiner Krise", sagt Peter Mayr, Geschäftsführer von Raiffeisen Immobilien in Salzburg. Lage, Widmung und Nutzung seien die entscheidenden Faktoren. Viele Seehäuser seien nur für die Sommernutzung ausgerichtet. Mayr merkt zudem an, dass die Objekte an den Salzburger Seen vielfach in Familienbesitz seien. "Diese kommen daher nur sehr, sehr selten auf den Markt, was die Preise natürlich antreibt."

"Für 12 Millionen Euro und mehr wechseln Villen in St. Gilgen schon mal die Besitzer", sagt Bürgermeister Kloiber. Diese seien vielfach mit einer Zweitwohnsitznutzung versehen. Als Ortschef seien einem dann die Hände gebunden.

In St. Gilgen gebe es momentan übrigens 26 Wohnungssuchende in der Gemeinde, betont Kloiber. Die Schaffung von neuem Wohnraum auf der grünen Wiese sei kaum mehr möglich. "Es geht uns das Bauland aus." 2014 hätten in St. Gilgen noch 24 Baugrundstücke für 100 Euro pro Quadratmeter an Einheimische verkauft werden können.

Obertrum: 190 Euro pro Quadratmeter für Einheimische

Auch in Obertrum am See kann teuer gekauft werden: Eine 240-Quadratmeter-Wohnung am See wird für 3,5 Millionen Euro angeboten. Bürgermeister und Landtagsabgeordneter Simon Wallner (ÖVP) spricht von einer Ausnahme. Nachdem der Ortskern nicht am See liege, sei die Attraktivität anders zu bewerten. In puncto Wohnraumschaffung setze die Gemeinde auf Baulandsicherungsmodelle. Darüber hinaus seien noch zwei Parzellen für Wohnbau übrig. 190 Euro pro Quadratmeter koste dieser in Obertrum.

In Neumarkt am Wallersee steht Bürgermeister David Egger-Kranzinger (SPÖ) vor der Herausforderung, dass es viel gewidmetes Bauland gebe, das zu mobilisieren bzw. erst zu entwickeln sei. Mit den Instrumenten der Raumordnung wirke man als Gemeinde aktiv auf die Projekte ein. Was bedeutet, dass bei einem Widmungsverfahren Raumordnungsverträge geschlossen werden. Damit kann die Gemeinde auf das Projekt preislich bzw. was den Anteil von geförderten Mietwohnungen betrifft, einwirken. "Eine preisdämpfende Wirkung zeigt sich langsam." Als neue Gemeindevertretung habe man sich bei eigenen Parzellen auf 390 Euro pro Quadratmeter - statt bisher 420 Euro - als Preis für Bürgerinnen und Bürger verständigt, merkt Egger-Kranzinger an.

Am Wallerseeufer selbst werde nichts mehr neu gewidmet und verbaut. "Man kann bestehende Objekte kaufen, adaptieren und erneuern." Ziel sei es zudem, eine Gemeinde mit kompletter Zweitwohnsitzbeschränkung zu werden. Rund 11 Prozent Zweitwohnsitzobjekte gibt es in Neumarkt. 97 von 119 Salzburger Gemeinden sind Zweitwohnungs-Beschränkungsgemeinden bzw. Zweitwohnungsbeschränkungsgebiete. 85 Gemeinden heben laut dem Land Salzburg eine Zweitwohnsitzabgabe ein, 47 eine Leerstandsabgabe.

Für den LAbg. Simon Heilig-Hofbauer (Grüne) ist die Zweitwohnsitzbeschränkung eine gute Maßnahme. "In der Praxis überfordert die Kontrolle illegaler Zweitwohnsitze aber viele Gemeinden - dies gilt insbesondere für Tourismusgemeinden mit schönen Bergen und Seen", merkt Heilig-Hofbauer an. Gefordert werde daher eine Unterstützung vom Land Salzburg: "Die strengsten Zweitwohnsitzbestimmungen bringen nichts, wenn sie nicht kontrolliert werden."

FPÖ-Landesrat Martin Zauner spricht von Altlasten, die es nun aufzuarbeiten gelte. "Neue Zweitwohnsitze kommen nicht hinzu." Als Land unterstütze man die Gemeinden bei rechtlichen Fragen. "Wir haben als Land aber nicht das Budget und die Lust, dass wir als Eigentumsüberwachungs-Sheriff agieren."

Neben dem leistbaren Wohnraum sehnen sich die Bewohnerinnen und Bewohner der Seengemeinden nach einem Zugang zum See. Der St. Gilgner Bürgermeister Otto Kloiber sagt dazu: "Bei uns wird kein Eintritt auf den öffentlichen Flächen verlangt. Drei Hektar stehen der Allgemeinheit am See zur Verfügung."

Dass die Gemeinden an Seen Gründe von Privatpersonen für Zugänge kaufen würden, sei illusorisch, sagt Kloiber, und wirtschaftlich nicht darstellbar. Auch am Obertrumer See und am Wallersee gebe es öffentliche Badezugänge, wie die Ortschefs betonen.