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Regeln für nachhaltiges Bauen in Salzburg gefordert

Die Landesregierung hinkt bei der Kreislaufwirtschaft hinterher. Dabei könnte die öffentliche Hand die Wirtschaft damit ankurbeln.

Rund 200 Millionen Euro investiert das Land in ein neues Verwaltungszentrum am Bahnhof. Abbruchmaterial fließt in den Neubau nicht ein.
Rund 200 Millionen Euro investiert das Land in ein neues Verwaltungszentrum am Bahnhof. Abbruchmaterial fließt in den Neubau nicht ein.
FH-Professor Alexander Petutschnigg mit einem Recycling-Wandaufbau aus natürlichen Dämmstoffen.
FH-Professor Alexander Petutschnigg mit einem Recycling-Wandaufbau aus natürlichen Dämmstoffen.

Plastikflaschen, die ein zweites Leben bekommen - also recycelt werden -, sind längst Teil unseres Alltags. Der Reparaturbonus, der es unter Schwarz-Grün-Pink von Salzburg auf die Bundesebene schaffte, ebenso. Das Konzept der Kreislaufwirtschaft soll sich jedoch auf viele Lebensbereiche ausbreiten. Der Europarat bezeichnet "die Entkopplung des Wirtschaftswachstums von Ressourcennutzung und die Umstellung auf kreislauforientierte Systeme für Produktion und Verbrauch" als Schlüssel zur Klimaneutralität.

Ein entscheidender Hebel könnte in der Bauwirtschaft gestellt werden. Das Land Salzburg hat im Masterplan Klima und Energie ambitionierte Ziele formuliert und möchte eine Vorreiterrolle einnehmen, was ressourcensparendes Bauen betrifft. Eine politische Strategie, wie Kreislaufwirtschaft im Land Salzburg funktionieren soll, gibt es aber nicht. In einer Landtagsanfrage wollten die Grünen wissen, welche Schwerpunkte es beim Wirtschaften im ökologischen Kreislauf gebe - vor allem im Bereich der Bauwirtschaft. In der Antwort von LH-Stv. Stefan Schnöll (ÖVP) wurde das Bemühen zum Ausdruck gebracht, "den Einsatz wiederverwendeter Materialien und generell die nachhaltige Beschaffung zu forcieren".

Berthold: Es braucht verpflichtende Regeln

Für die Chefin der Grünen, Martina Berthold, ist das nicht zufriedenstellend: "Man merkt, es ist nicht ausreichend Drive dahinter." Aus der Sicht Bertholds sei vielen in der Landesregierung nicht bewusst, dass Kreislaufwirtschaft Teil des Klima- und Energiemasterplans sei. Es brauche verpflichtende Regeln, welcher Anteil an recycelbaren Baustoffen bei Projekten mit öffentlicher Beteiligung eingesetzt werden müsse. "Salzburger Unternehmen in der Bauwirtschaft zeigen schon längst, dass ein Bauen im Kreislauf wirtschaftlich und technisch möglich ist."

Als Vorreiter im bauwirtschaftlichen Kreislaufdenken gilt der gemeinnützige Wohnbauträger Salzburg Wohnbau. Bei einem Projekt in Golling wurde der Altbestand vor dem Abriss sortiert. In das Neubauprojekt fließen 75 Prozent der Altstoffe zurück. Darunter auch der alte Holzdachstuhl und 570 Tonnen Ziegel. Ein Teil ist Recyclingbeton, der mit CO2 angereichert wurde.

Hinkt die Politik der Wirtschaft also hinterher? "Die Politik sollte die Wirtschaft unterstützen", sagt Alexander Petutschnigg, Departmentleiter Green Engineering and Circular Design an der FH Salzburg. Es müsse eine Wettbewerbsfähigkeit entstehen, was nachhaltige Baustoffe betrifft, und zugleich die Wirtschaftlichkeit gegeben sein. "Förderungen, auch im Rahmen der Wohnbauförderung, könnten eine Fairness schaffen und die regionale Wirtschaft stärken." Fairness deshalb, da die Kosten, die durch den Klimawandel entstünden, nicht abgebildet beziehungsweise vergesellschaftet seien. Die Wissenschaft sei, was die Kreislaufwirtschaft betreffe, im Baubereich schon sehr weit und habe zahlreiche nachhaltige Materialien mit Rohstoffen aus der Region entwickelt. Nun brauche es Anreize. "Wenn es aus wirtschaftlicher Sicht sinnvoll ist, nicht nachhaltig zu agieren, wird es auch kaum ein Unternehmen machen."

Nun sei Mut gefragt

Die öffentliche Hand könne aber bei eigenen Bauprojekten und auf kommunaler Ebene eine Vorreiterrolle einnehmen und über Förderprogramme auf den Markt einwirken. Zudem müsste ein Regelkatalog auf politischer Ebene erarbeitet werden, auf den man sich verständige, sagt Petutschnigg. "In diesem könnte zum Beispiel ein Anteil an Recyclingbeton verankert werden." Nun sei Mut gefragt, denn die Kosten des Klimawandels kämen ohnehin auf die Gesellschaft und die Politik zu. Über 200 Millionen Euro fließen im Moment in den Bau des Landesdienstleistungszentrums am Bahnhof. Abbruchmaterial und Recyclingbeton finden sich darin nicht: "Der Platz war für die Trennung nicht vorhanden und wir hätten ein Generalunternehmen dazu zwingen müssen", sagt Thomas Kerschbaum, Projektleiter beim Land für das Verwaltungszentrum. Er merkt aber an: "Ökologisch bauen wir im Goldstandard."

Wie agiert die Stadt Salzburg? Von "keinem fixen Set" spricht Vizebürgermeister Kay-Michael Dankl (KPÖ), was nachhaltiges Bauen betrifft. Man wolle es aber bei der Ausschreibung und Vergabe künftig berücksichtigen.

Keine Bonuspunkte für ökologisches Bauen

Mit Jänner 2025 soll eine neue Landeswohnbauförderung in Kraft treten. Wird diese nachhaltiges Bauen im Kreislauf belohnen? Nicht in der Kernform, wie Wohnbaulandesrat Martin Zauner (FPÖ) betont. Die Förderung habe den Zweck, leistbaren Wohnbau zu ermöglichen - deshalb werde es auch keine Bonuspunkte für ökologisches Bauen geben. Auslangen müsste mit den rechtlichen Standards gefunden werden. "Wir sehen aber ein Budget für innovative Geschichten vor, projektbezogen", merkt Zauner an. Nachhaltige Bauregularien erwarte man ohnehin auf europäischer Ebene.

Nico Weiß, Vizepräsident der Ziviltechnikerkammer, sagt: "Im Rahmen der Wohnbauförderung wäre es wahnsinnig sinnvoll, dass nachhaltiges Bauen enthalten ist." Die Wirtschaft orientiere sich an Vorgaben bei öffentlichen Projekten. Im kommunalen Wohnbau könnte Salzburg damit eine Vorreiterrolle einnehmen. Die Kreislaufwirtschaft müsse aber auch in einem Landesgesetz festgeschrieben werden, sagt Weiß. Als Kammer erarbeite man im Moment mit dem Land baukulturelle Leitlinien - nachhaltiges Bauen soll Einzug halten.

"Fortschritt sieht jedoch anders aus"

Roland Wernik, Geschäftsführer von Salzburg Wohnbau, spricht von einer wenig ambitionierten Wohnbauförderung. "Man kann damit nichts falsch machen - Fortschritt sieht jedoch anders aus."

Mit der innovativen Standortentwicklung von Stadt und Land Salzburg ist die Innovation Salzburg GmbH beauftragt. Geschäftsführer Walter Haas sagt: "Wir müssen hin vom linearen Wirtschaften in eine Kreislaufwirtschaft kommen." Regionale Unternehmen unterstütze man dabei auch mit EU-Geldern. Für das Land Salzburg, immerhin Miteigentümer der Standortagentur, erarbeite man in den nächsten Monaten ein Strategiepapier für die Kreislaufwirtschaft. Dieses soll in den Klimamasterplan einfließen.

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