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Salzburg-Wahl: Vorwurf um organisierte Vorzugsstimmen

Rund um den Wahlkampf von Kandidat Osman Günes (SPÖ) taucht ein Verdacht auf. Bei der Stimmabgabe mit Wahlkarten hätte man nachgeholfen. Der Betroffene dementiert.

Salzburg-Wahl: Vorwurf um organisierte Vorzugsstimmen
Salzburg-Wahl: Vorwurf um organisierte Vorzugsstimmen


Mit 1213 Vorzugsstimmen war SPÖ-Kandidat Osman Günes am Sonntag unangefochten der "Vorzugsstimmenkaiser". Er erhielt sogar drei Mal so viele Extrastimmen wie Heinz Schaden (393 Stimmen) und vier Mal so viele wie Johann Padutsch (301 Vorzugsstimmen) oder Barbara Unterkofler (275 Stimmen). Günes schaffte als Einziger ein Direktmandat in der Stadt Salzburg und zieht nun in den Gemeinderat ein.

Von den 1213 Stimmen entfielen zwei Drittel auf Wahlkarten. Auffällig ist das Ergebnis in den einzelnen Wahlurnen. Denn die Briefwahlstimmen werden nach Einlangen bei der Wahlbehörde chronologisch aufgeteilt. In zwei Urnen, nämlich in Nummer 3 und 4, konzentrierten sich viele SPÖ-Stimmen und überdurchschnittlich viele Vorzugsstimmen. In Urne 3 wurden 48,24 Prozent der Stimmen für die SPÖ abgegeben - davon hatten 62 Prozent eine Vorzugsstimme. Noch auffälliger ist das Verhältnis in Urne 4. Dort entfielen 58,54 Prozent der Stimmen auf die SPÖ - davon 80 Prozent mit Vorzugsstimme. Öfters Verdacht aufgetaucht Eine ähnliche Häufung in einzelnen Wahlurnen gab es bei der Landtagswahl - beim türkischstämmigen SPÖ-Kandidaten Tarik Mete, der ebenfalls als "Vorzugsstimmenkaiser" hervorging. Er sagte damals: "Das waren wohl Wahlkarten aus jenen Stadtteilen mit den meisten Migranten." Auch bei der Nationalratswahl in Wien hegte man Verdacht, weil das Ergebnis der Vorzugsstimmen des türkischstämmigen SPÖ-Kandidaten auffallend hoch ausfiel. Dort sollen Wahlkarten kollektiv in Moscheen ausgefüllt worden sein. Bundesrat Efgani Dönmez (Grüne) schickte eine Sachverhaltsdarstellung an die Wahlbehörde. Seither ermittelt die Staatsanwaltschaft.

Der Erfolg eines türkischstämmigen SPÖ-Kandidaten scheint sich bei der Gemeinderatswahl wiederholt zu haben. An einen Zufall glauben nicht alle. Yilmaz Toyran ist ebenfalls türkischstämmiger Salzburger. Der 39-Jährige, einst politisch in der ÖVP aktiv, erhebt schwere Vorwürfe und will am Montag Anzeige wegen Wahlbetrugs erstatten. Beeinflussung bei Stimmenabgabe? Toyran wirft Günes vor, in der türkischen Gemeinde die Wahlkarten kollektiv beantragt und die Stimmabgabe beeinflusst zu haben. Im Bahnhofsviertel seien Listen aufgelegen - eine davon habe er mitgenommen. Dort habe man Name, Anschrift und Reisepassnummer eintragen können. Denn nur damit hätten Günes' Bekannte die Wahlkarten online bestellen können. "Dabei wurde mir gesagt: ,Wenn der Osman erst einmal drin ist, dann kann er uns günstige Wohnungen besorgen‘", schildert Toyran. Zuletzt seien Günes und seine Leute von Haus zu Haus gegangen und hätten beim Ausfüllen der Stimmzettel geholfen.

In sozialen Netzwerken habe er türkischstämmige Jugendliche gefragt, ob sie wählen gehen. Daraufhin hätten manche geantwortet, das hätte ein Herr für sie schon erledigt und den Reisepass abgenommen. Toyran hat die Gespräche gespeichert. "Hinzu kommt, dass auch Analphabeten gewählt haben. Leute, die nicht lesen können", sagt Toyran.

Für Osman Günes ist das alles eine Intrige. Er habe erfolgreich um Vorzugsstimmen geworben. Außerdem sei er nicht der einzige Kandidat mit Migrationshintergrund gewesen. "Dass etwas nicht mit rechten Dingen zugegangen ist, kann ich komplett ausschließen", versichert Günes.

Ist es strafrechtlich relevant, wenn Wahlkarten gemeinsam ausgefüllt werden oder sie jemand anderer ausfüllt? Kurt Schmoller, Strafrechtsexperte der Uni Salzburg, sagt: "Sofern keine Gewaltausübung oder gefährliche Drohung vorliegt, ist es nur dann strafrechtlich relevant, wenn einer der vier Punkte gegeben ist: Wenn ein Wahlberechtigter an der Ausübung seines Stimmrechts gehindert wird; wenn er getäuscht wird; wenn ihm ein Entgelt angeboten wird; oder wenn jemand die Wahlkarte ausfüllt, ohne dazu vom Wahlberechtigten beauftragt worden zu sein."

Verfassungsjurist Heinz Mayer stellt, was die Gültigkeit der Stimmen betrifft, fest: "Das Wahlrecht kann man nicht delegieren. Sie müssen ihre Stimme unbeeinflusst abgeben und so ankreuzen, dass es niemand sieht." Zu den Vorwürfen sagt Mayer: "Wenn das so war, ist das sicher rechtswidrig. Wenn die Wahl angefochten wird, dann kann das zu einer Aufhebung der Wahl führen. Allerdings muss man diesen Vorwurf beweisen können - das ist schwierig."

Michael Haybäck, Leiter der Gemeindewahlbehörde, sieht keinen Grund für eine Prüfung: "Soweit mir bekannt ist, gibt es keine Ungereimtheiten. Wenn die Wahlkarte korrekt ausgefüllt wurde, zählt sie."