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Untreue-Prozesse: Stadtpolitiker fürchten die Anklagebank

Die Stadt wird die Anwaltskosten von Schaden und Co. im schlimmsten Fall zurückfordern. Im Schloss Mirabell grassiert nämlich die Angst.

Das Urteil im Swap-Prozess hat auch die Politik im Schloss Mirabell in seinen Grundfesten erschüttert.
Das Urteil im Swap-Prozess hat auch die Politik im Schloss Mirabell in seinen Grundfesten erschüttert.

Die Angst geht um im Schloss Mirabell. Die Angst, in Zukunft vielleicht auch auf einer Anklagebank Platz nehmen zu müssen und einem Oberstaatsanwalt gegenüberzusitzen - und das gleiche Schicksal zu erleiden wie Heinz Schaden.

Der Ex-Bürgermeister war Ende Juli (nicht rechtskräftig) zu drei Jahren Haft - ein Jahr davon unbedingt - verurteilt worden. Seither kämpft er um Rehabilitierung. Sein damaliger Büromitarbeiter und ein Sachbearbeiter der Finanzabteilung, die später zu Magistrats- und Finanzdirektor aufgestiegen sind, wurden ebenso nicht rechtskräftig verurteilt.

Es geht um den Untreue-Paragrafen, den die Stadtpolitik nun scheut wie der Teufel das Weihwasser. Was ist noch rechtens, was nicht mehr? Ab wann steht man mit einem Fuß im Kriminal? Die aktuellen Stadtpolitiker wollen im Schloss Mirabell auf Nummer sicher gehen. Jene Anwaltskosten, die die Stadt bislang für Heinz Schaden und die beiden Beamten übernommen hat, sollen diese drei zurückzahlen, sofern die Verurteilungen vom Obersten Gerichtshof bestätigt und damit rechtskräftig werden.

Instanz

Ein OGH-Entscheid wird noch lang auf sich warten lassen. Denn bis dato gibt es nicht einmal ein schriftliches Urteil aus dem Swap-Prozess. Dieses dürfte den Verteidigern erst im Dezember zugehen. Erst dann kann Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung eingelegt werden. Dann wiederum hat der Oberstaatsanwalt Zeit für eine Stellungnahme. Erst danach wird sich der OGH damit befassen, aller Voraussicht nach erst Mitte 2018. Wie der OGH entscheidet, darüber zu spekulieren ist Kaffeesudleserei. Manche Juristen erwarten eine Bestätigung der Urteile, wieder andere sprechen von hohen Erfolgschancen aller Beteiligten.

Kosten

Die Kosten, um die es der Stadt hier aber geht, sind beträchtlich. Bisher sind mehr als 1,2 Millionen Euro angefallen. Denn der Ex-Bürgermeister und die Beamten haben mit wechselnden Anwälten und mehreren Gutachten seit 2013 gegen die Ermittlungen der Wirtschafts- und Korrup tionsstaatsanwaltschaft gekämpft. Im Juli 2016 hat die Stadt unter dem Vorsitz von Heinz Schaden noch den Beschluss gefasst, dass diese Kosten allesamt übernommen werden. Schließlich habe die Stadt als Dienstgeberin auch Fürsorgepflichten zu leisten. Seit Donnerstag ist alles anders. Das Stadtratskollegium hat sich darauf geeinigt, den Amtsbericht zu ändern, die Anwaltskosten zur Gänze zurückzufordern und die weiteren Kosten mit 60.000 Euro netto zu begrenzen. Winfried Wagner, stellvertretender Magistratsdirektor, sagt: "Die Angst vor der Untreue oder der Beihilfe zur Untreue ist jetzt natürlich groß. Und sie ist auch berechtigt." Daher habe man die "sichere Seite" gewählt. Einig sind sich nämlich auch berufene Juristen nicht. In Summe existieren laut Wagner drei Gutachten. Ein Jurist komme zum Schluss, dass bei einem Vorsatzdelikt wie der Untreue in jedem Fall die Anwaltskosten zurückgefordert werden müssten. Ein zweiter Jurist spreche von der Möglichkeit einer Rückforderung, ein Muss sei das aber nicht. Ein dritter Jurist sehe die Sache so, dass es Fälle gebe, in denen selbst bei rechtskräftiger Verurteilung die Stadt die Anwaltskosten zu tragen habe.

Klage

Sollten die Urteile also "picken" bleiben, wird die Stadt den Ex-Bürgermeister und die Beamten zur Rückzahlung auffordern. Dabei geht es pro Person um bis zu 400.000 Euro, wobei die Prozesskosten noch nicht angefallen sind. Weil es unterschiedliche Rechtsauffassungen gibt, wird die Stadt wohl Zivilklage einreichen müssen, sollten die Betroffenen nicht zahlen wollen. Die Frage ist, wie ein Richter die Fürsorgepflichten der Stadt dann bewertet.

Linz

Doch Salzburg ist nicht die erste Stadt, die ein Swap-Verfahren am Hals hatte. Auch in Linz kam es zu einem strafrechtlichen Prozess. Die Anwaltskosten wurden aber von den Beschuldigten (Bürgermeister, Stadtrat und Finanzdirektor) selbst übernommen. Allerdings: In Linz gab es Freisprüche und längst nicht so horrende Verteidigerkosten. Die Stadt hat im Vorjahr beschlossen, ihrem ehemaligen Finanzdirektor ein Drittel der Kosten (84.000 Euro von 255.000 Euro) zu ersetzen. Ansonsten hat die Stadt Linz keine Anwaltskosten übernommen.

Folgen

Bei einer rechtskräftigen Verurteilung wird es für die Betroffenen aber nicht nur um die Anwaltskosten gehen, sondern auch um ihre eigenen Pensionsansprüche. Zumindest auf Seiten des Landes ist klar, dass bei einer Verurteilung von mehr als einem Jahr bedingt oder mehr als einem Jahr unbedingter Haft das Dienstverhältnis des ehemaligen Finanzhofrates automatisch beendet ist. Der Ex-Abteilungsleiter würde von seiner Beamtenpen sion in das ASVG-Pensionssystem überstellt werden. Dasselbe gilt laut Auskunft des Landes für den ehemaligen Finanzlandesrat Othmar Raus. Auch er muss um seine Polit-Pension fürchten. Das Land hat aber im Gegensatz zur Stadt nie Anwaltskosten der Beschuldigten übernommen.

Wie die Sache mit der Pension bei Heinz Schaden aussieht, weiß man im Schloss Mirabell selbst noch nicht. Schaden wird ab 2. Oktober beruflich in die Arbeiterkammer zurückkehren, wo er von 1987 bis 1992 gearbeitet hat. Pensionsansprüche wird Schaden dadurch bei der AK keine erwerben, denn dafür müsste er mindestens zehn Jahre für die AK gearbeitet haben. Wobei ein Bürgermeister der Stadt Salzburg, der länger als zehn Jahre im Amt war, prinzipiell einen Anspruch auf "Entgeltfortzahlung" der Stadt von bis zu einem Jahr hätte. Allerdings gilt das nur, wenn es keinen Pensionsanspruch oder keine Rückkehr in einen Job gibt.