SN.AT / Salzburg / Politik / Regenbogenparade im Pinzgau

Ein gelungenes Zeichen gegen Engstirnigkeit

Bunte Fahnen und bunte (Trachten-)Bekleidung, sengende Hitze und flammende Ansprachen. Und hoffnungsvolle Menschen: Das war die Unken Pride.

Viele der rund 250 Teilnehmer/-innen sind von auswärts angereist. Aber auch etliche Pinzgauer/-innen sind dabei. Zum Beispiel Svea Dreisbach und Sandra Flunger. Die beiden waren 2020 das erste Frauen-Paar, das im Saalfeldener Standesamt geheiratet hat. Sie freuen sich, dass in ihrem Bezirk eine Regenbogenparade stattfindet.

Und sie wollen bewusst Präsenz zeigen. Auch ihre kleinen Neffen wissen, dass die Welt schöner ist, wenn sie bunt sein darf: "Jeder kann sich verlieben, in wen er will - das ist so", meint Raphael und Daniel nickt dazu.

Eine Oberpinzgauerin - ihren Namen will sie lieber nicht in der Zeitung lesen - sagt, dass sie aus Solidarität zu ihrem Bruder ausgerückt ist. "Ich bekomme oft mit, dass es er und andere queere Menschen nicht leicht haben."

Solidarität zeigen auch die Unkener Robert und Manuel. Sie sind zunächst Zaungäste, als die lange Parade, die von einem bunt geschmückten Traktor angeführt wird, von Schloss Oberrain zum Gemeindeamt - dort findet eine Kundgebung statt - und zurück ihre Runde dreht. Sie entscheiden sich spontan zum Mitgehen.

Der Traktor wird von einer Mitarbeiterin der "oberrainanderskompetent gmbh" gefahren. Diese soziale Institution ist eine der zahlreichen Unterstützer/ -innen der Pride, die vom Verein Heublumen zum zweiten Mal organisiert worden ist. Mit dabei sind auch der Verein "Queer am Berg", die Gemeinde Unken (die Rede hält Gemeinderätin Monika Stahl, ÖVP), die "Grünen Andersrum", das Salzburger Bildungswerk Pinzgau mit Sonja Ottenbacher und Richarda Mühlthaler, die HOSI Salzburg sowie die SPÖ, in deren Namen die Landtagsabgeordnete Barbara Thöny spricht. Sie zitiert Sängerin Nena: "Liebe wird aus Mut gemacht."

Klaus Horvath Unterdorfer: "Prides sind keine Partys, sondern Demos"

Selbst wenn es bei Regenbogenparaden auch fröhlich und ausgelassen zugeht, ist der Hintergrund sehr ernster Natur. Das schildert Klaus Horvath-Unterdorfer aus Bruck. Er war dort der erste offizielle schwule Gemeindevertreter im Pinzgau.

In derselben Woche, in der er öffentlich im Rahmen eines Zeitungsinterviews darüber sprach, habe ihn sein damaliger Arbeitgeber vom Dienst freigestellt - offiziell freilich aus einem anderen Grund, wie er erzählt.

Mittlerweile ist der Pinzgauer Geschäftsführer der Werbegemeinschaft St. Johann-Bischofshofen-Schwarzach (SBS) und seit zehn Jahren Sprecher der "Grünen Andersrum" in Salzburg. Ebenso lange organisiert er das Pride-Festival (CSD - Christopher Street Day) in der Landeshauptstadt. Seit drei Jahren hat Horvath-Unterdorfer die Funktion des Bundessprechers inne.

"Verbale und körperliche Übergriffe nehmen zu"

Bei der Veranstaltung in Unken hielt auch er eine flammende Rede, die im Zeichen der Vielfalt stand. Wir sprachen mit ihm schon im Vorfeld über die Nöte der Menschen in der LGBTIQ+ Gemeinschaft, die sich vor allem eines wünschen: Akzeptiert zu werden, so wie sie sind.

Aber: "Die verbalen und körperlichen Übergriffe, mit denen wir konfrontiert sind, nehmen zu. Ich selber habe mir einige Rippen gebrochen, weil eine böse Bemerkung von einem Beinstellen begleitet war und ich genau auf die Gehsteigkante gestürzt bin. Organisationen wie die HOSI Salzburg oder die RosaLila PantherInnen in Graz sind immer wieder mit Vandalenakten konfrontiert", sagt Horvath-Unterdorfer. Den Nährboden dazu ortet er in einer "fehlenden Bereitschaft der ÖVP-Regierungsmitglieder, hinter homosexuellen beziehungsweise queeren Bürger/-innen zu stehen und zu wenig gegen Diskriminierungen (siehe unten) zu tun. "Das schürt das homophobe Klima. Leider haben die Grünen vor den Koalitionsverhandlungen der Forderung der ÖVP, über dieses Thema nicht zu reden, nachgegeben. Mit dem Argument, dass der Klimaschutz wichtiger ist."

Auf Landesebene wünscht sich der engagierte Pinzgauer einen Aktionsplan gegen Diskriminierung nach dem Vorbild Vorarlbergs. "So ein Plan stand auch im Wahlprogramm der Grünen, die nun aber ebenso wenig wie die uns wohlgesonnenen Neos nicht mehr in der Regierung sind. Aber den könnten auch die anderen Regierungsparteien umsetzen. Es geht darum, alle Bereiche, für die das Land zuständig ist, zu sensibilisieren - Gesundheit, Bildung, Verwaltung, Seniorenbetreuung und so weiter. Das ist einfach eine Frage des Wollens."

Die Anliegen der Grünen Andersum auf Bundesebene

Verbot von Diskriminierung auch im privaten Bereich:
Klaus Horvath-Unterdorfer: "Gesetzlich ist mittlerweile doch einiges erreicht worden. Wir können seit 2022 Blut spenden oder seit 2019 heiraten. Aber - und das kommt gar nicht so selten vor - wenn uns zum Beispiel Taxifahrer/
-innen nicht zur Hochzeit chauffieren, eine Konditorei keinen Kuchen bäckt oder Gastronomen die Feier nicht ausrichten, weil wir schwul oder lesbisch sind, dann ist das nach wie vor legitim."

Forderung nach einem Verbot von Therapien zur "Heilung" von Homosexuellen oder Transgender-Personen:
Trotz der vor 30 Jahren erfolgten Erklärung der Weltgesundheitsorganisation, dass Homosexualität keine Krankheit ist, und trotz wissenschaftlichen Beweises, dass Therapien zur "Heilung" sinnlos sind, werden solche Therapien in Österreich nach wie vor angeboten. Von Freikirchen, von der katholischen Randorganisation Opus Dei oder von muslimischen Organisationen. "Es gibt Eltern, die ihre Kinder diesem Psychoterror aussetzen. Diese salopp genannte ,Homodrehung' muss verboten werden. Und wenn es sich um derartige Angebote im Ausland handelt, gehört verboten, dass diese in Österreich beworben werden."

Verbot von nicht notwendigen Operationen bei Babys:
Wenn die äußeren Geschlechtsmerkmale bei Neugeborenen nicht eindeutig sind, werden laut dem PN-Gesprächspartner nach wie vor OPs durchgeführt. "Im Regelfall sind die Babys nach einigen Schnitten ,offensichtliche' Mädchen. Die Wahrscheinlichkeit, damit das ,richtige' Geschlecht zu erwischen, liegt bei 50 Prozent. Diese Kinder sollen später in der Pubertät selber entscheiden können, ob oder welche OPs sie brauchen."

Regionale Anlaufstellen bei Fragen, Unsicherheiten, Problemen

Wenn es um sexuelle Orientierungen oder Geschlechteridentiät geht sind all jene , die "anders" sind, oft zerrissen zwischen dieser Erkenntnis und dem Wunsch, den Erwartungen ihres Umfeldes zu entsprechen. Viele haben Angst vor den Reaktionen innerhalb und außerhalb der Familie. Kein Wunder: Auch wenn sich die Akzeptanz gegenüber sogenannten queeren Menschen mittlerweile zum Teil verbessert hat, reagiert das Umfeld nach einem "Coming-out" auch heute noch oft mit Überforderung, Unverständnis, Ablehnung oder sogar Aggressionen und Gewalt.


Queer am Berg in Saalfelden: Diese Gruppierung gibt es seit heuer. Aktuell kann man sich dort per Brief melden. Die Adresse: Queer am Berg, postlagernd in 5760 Saalfelden. Jugendliche, Erwachsene oder Eltern können Kontakt aufnehmen.


Verein Heublumen, Unken: E-Mail: info@heublumen.at


Queer durchs Land: Die Homosexuelleninitiative Salzburg (HOSI/ Website hosi.or.at) bietet unter anderem in allen Bezirken Angebote für Jugendliche (zum Beispiel Einzelgespräche oder einen Besuch im Jugendzentrum) an. Auch Mitarbeiter/-innen und Teams, die in der Kinder- und Jugendarbeit tätig sind, können sich melden: Kontakt: Anton Cornelia Wittmann, Handy: 0676/570 32 11,
E-Mail: jugendarbeit@hosi.or.at

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Auch diese zwölf Meter lange Regenbogenfahne stand am Samstag für Vielfalt, für Akzeptanz und für Toleranz.
Auch diese zwölf Meter lange Regenbogenfahne stand am Samstag für Vielfalt, für Akzeptanz und für Toleranz.
Die Organisator/-innen Florian Niederseer und Susi Leitinger (Verein Heublumen, vorne und 2. v. r.), Fiona Sampson (l., Organisatorin Pride Traunstein) und Michaela Walch (Queerdenker Kitzbühel).
Die Organisator/-innen Florian Niederseer und Susi Leitinger (Verein Heublumen, vorne und 2. v. r.), Fiona Sampson (l., Organisatorin Pride Traunstein) und Michaela Walch (Queerdenker Kitzbühel).
Klaus Horvath-Unterdorfer, der Bundessprecher der Grünen Andersrum, in einem Archivbild. Der PN-Gesprächspartner war auch bei der Unken Pride vor Ort und hielt eine flammende Rede.
Klaus Horvath-Unterdorfer, der Bundessprecher der Grünen Andersrum, in einem Archivbild. Der PN-Gesprächspartner war auch bei der Unken Pride vor Ort und hielt eine flammende Rede.
Diese beiden waren das erste Frauen-Paar, das im Saalfeldner Standesamt geheiratet hat: Svea Dreisbach und Sandra Flunger mit ihren Neffen Raphael und Daniel.
Diese beiden waren das erste Frauen-Paar, das im Saalfeldner Standesamt geheiratet hat: Svea Dreisbach und Sandra Flunger mit ihren Neffen Raphael und Daniel.