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Wirbel in Salzburg um die nächste Schulreform

Oberstufen-Schüler sollen künftig mit zwei Fünfern aufsteigen. Viele Schulen zögern aber noch. Kritiker warnen vor einem Verwaltungschaos.

Sie testen die neue Oberstufe schon: Lehrer Sven Bichl mit der 3 K der HLW Neumarkt.
Sie testen die neue Oberstufe schon: Lehrer Sven Bichl mit der 3 K der HLW Neumarkt.
Direktor Norbert Leitinger von der HLW Neumarkt mit einem Semesterzeugnis, das in der NOST die Schulnachricht ersetzt.
Direktor Norbert Leitinger von der HLW Neumarkt mit einem Semesterzeugnis, das in der NOST die Schulnachricht ersetzt.

Auf die Schulen kommt schon wieder eine Reform zu - die neue Oberstufe (NOST). Allerdings scheint sich langsam Reformmüdigkeit breitzumachen. Denn viele Schulen wollen von der NOST, die Schülern den Aufstieg mit "Nicht genügend" erleichtern und die Zahl der Klassenwiederholungen reduzieren soll, noch nichts wissen.

So haben die meisten Salzburger Gymnasien den für dieses Schuljahr geplanten Start verschoben. Von den 25 Salzburger Gymnasien haben im September nur das BG Hallein, das Oberstufenrealgymnasium Grödig und das BORG Mittersill begonnen. Nächstes Jahr startet das Musische Gymnasium in Salzburg. Alle anderen 21 Gymnasien warten bis zum Herbst 2019 - dem letztmöglichen Starttermin für die neue Oberstufe.

Nach den vielen Reformen der vergangenen Jahre, von der Neuen Mittelschule über die neue Lehrerausbildung bis zur Zen tralmatura, würden viele Schulleitungen lieber abwarten, heißt es beim Landesschulrat. Manche Direktoren sagen auch, sie würden noch warten, weil in zwei Jahren vielleicht ohnehin wieder alles anders sei.

Die Vorbehalte gegen die NOST sind jedenfalls groß. Das betrifft vor allem die Möglichkeit, aufzusteigen - und das mit zwei oder (im Ausnahmefall) drei "Nicht genügend" im Zeugnis. Das könne dazu führen, dass sich Schüler bis zur Matura "durchwurschteln" und dann erst recht die Schule abbrechen müssen, sagen Kritiker. "Wir sehen die große Gefahr, dass dieses Packerl mit ,Nicht genügend' für die Schüler zu schwer wird", meint etwa AHS-Lehrergewerkschafterin Gertraud Salzmann. "Wir erzeugen so zu einem sehr späten Zeitpunkt Schulabbrecher - wenn die Schüler schon 17 oder 18 Jahre alt sind." Außerdem hagelt es von Lehrerseite Kritik, weil bei der Verwaltung der Schülerdaten mit dem aktuellen Verwaltungsprogramm Sokrates Probleme programmiert seien. "Das Sokrates-Programm funktioniert schon jetzt in den Stoßzeiten nicht reibungslos", sagt Salzmann.

Das BORG Mittersill ist eines der drei Salzburger Gymnasien, die trotz aller Vorbehalte schon im September mit der NOST begonnen haben. Direktor Peter Seiwald verweist auf die positiven Seiten. Die NOST ermögliche eine "bessere Vorbereitung auf die zentrale Reifeprüfung als das herkömmliche System". Künftig gebe es zudem die Möglichkeit der individuellen Lernberatung. "Wenn der Schüler negativ unterwegs ist, kann er einen geschulten Lehrer auswählen, der für ihn eine Art Lerncoach ist." Zum Problem des "Mitschleppens" von negativen Noten sagt Seiwald: "Da muss man die Schüler so beraten, dass dieses Problem nicht eintritt."

Bei den berufsbildenden mittleren und höheren Schulen haben schon mehrere Standorte mit der neuen Oberstufe begonnen. An der HLW Neumarkt beispielsweise läuft das neue System jetzt im dritten Jahr. Direktor Norbert Leitinger bestätigt, dass der Verwaltungsaufwand gestiegen sei. Sein Urteil fällt durchwachsen aus: "Wir haben weniger Klassenwiederholer. Aber wir haben noch keine Erfahrung aus den vierten und fünften Klassen." Für manche Lerntypen bringe das neue System Vorteile, für andere eher Nachteile. "Für die, die schwer in die Gänge kommen und schon im ersten Semester einen Fünfer haben, ist es ein Nachteil, weil sie diesen Fünfer mit einer Prüfung ausbessern müssen."

Sehr kritisch fällt das Resümee an den Tourismusschulen Klessheim aus. Dort machte man so schlechte Erfahrungen, dass das Projekt NOST nach einem Jahr beendet wurde. Direktor Franz Heffeter begründet das mit dem hohen Prüfungsdruck bei den Schülern und Problemen bei der Verwaltung. Die Schüler hätten gesagt, dass der Druck im alten System nicht so groß gewesen sei, weil da nicht jedes Semester, sondern nur das Schuljahr positiv abgeschlossen werden müsse, sagt Heffeter. "Und wir haben gesehen: Es ist eine enorme Herausforderung, das zu administrieren, auch für die Schüler selbst. Wir warten jetzt ab und hoffen, dass die NOST überarbeitet wird."

Und was sagen die Hauptbetroffenen - die Schüler? AHS-Landesschulsprecher Maximilian Aichinger zeigt sich wenig begeistert. Das neue System werde Schüler mit negativen Noten nur noch mehr unter Druck setzen. "Der Schulstress ist in der Oberstufe ohnehin schon da. In der NOST müssen sie nebenbei auch noch Nachprüfungen machen."

Was die Neue Oberstufe (NOST) den Schülern bringen soll

Mit der neuen Oberstufe ist es ab der 10. Schulstufe möglich, mit zwei Fünfern in die nächste Klasse aufzusteigen. Einmal ist ein Aufsteigen auch mit drei "Nicht Genügend" möglich - nach Beschluss der Klassenkonferenz.

Der Lernstoff wird in der NOST in Module aufgeteilt, die jeweils ein Semester umfassen. Die Schüler bekommen schon für das Wintersemester ein Semesterzeugnis - nicht mehr nur eine Schulnachricht. Alle negativen Noten in den Zeugnissen vom Februar und Juli können durch Semesterprüfungen im Folgejahr ausgebessert werden. Negative Noten können theoretisch über längere Zeit "geparkt" werden - ein Punkt, der auf besonders viel Kritik stößt.

Der Start der NOST war ursprünglich mit dem Schuljahr 2017/18 festgelegt. Nach heftiger Kritik hat das Bildungsministerium den Schulen aber erlaubt, den Start bis 2019 zu verschieben. Bei der NOST handelt es sich um die abgespeckte Variante früherer Reformpläne. Ursprünglich war eine "modulare Oberstufe" mit einem Wahlpflichtsystem vorgesehen. Dieses Vorhaben scheiterte aber an den Kosten.


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