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Facharbeitermangel: Salzburger Wirtschaft wirbt am Westbalkan um Arbeitskräfte

Das Potenzial, neue Arbeitskräfte für Salzburg zu finden, liegt im Ausland. Die Wirtschaft sucht nun am Westbalkan. Damit ist sie aber nicht allein.

Nina Lesnik (Gasteiner Heilstollen), Thomas Albrecht (WKS) und Rediana Kashari (Wirtschaftsdelegierte).
Nina Lesnik (Gasteiner Heilstollen), Thomas Albrecht (WKS) und Rediana Kashari (Wirtschaftsdelegierte).

24.800 unbesetzte Stellen soll es in Salzburg im Jahr 2040 geben. 363.000 sollen es laut Wirtschaftskammer in Österreich sein. Die Rezession, in der sich die Wirtschaft befindet, hat die Lage am Arbeitsmarkt entspannt und zugleich die Arbeitslosenquote in Salzburg (3,8 Prozent) zuletzt wieder steigen lassen. "Der Facharbeitermangel wird sich aber wieder verschärfen, wenn die Konjunktur anzieht", sagt Josef Mikl, Eigentümer des Unternehmens Batimat Isoliertechnik in der Stadt Salzburg. 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt Mikl. Der Mangel sei vor allem im Bereich der Spengler groß.

Weltweit 34.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zählt die Porsche Holding mit Hauptsitz in Salzburg. 7000 davon in Österreich. "Jährlich stellen wir 700 bis 900 Personen für die Zentrale ein und nochmals rund 700 für den Einzelhandel", sagt Klaus Fetka, Chef der Personalkommunikation und Talentesuche in der Porsche Holding. Mangel herrsche bei IT-Fachkräften und Mechanikern.

"An Physiotherapeutinnen und -therapeuten und Masseurinnen und Masseuren mangelt es der Salzburger Gesundheits- und Thermenregion", betont Nina Lesnik, Projektverantwortliche für ein EU-Projekt, das neue Wege zur Personalfindung aufzeigen soll.

Personalagenturen aus dem Kosovo und Albanien gastieren in Salzburg

Viel Nachfrage steht wenig Angebot am Arbeitsmarkt gegenüber. Trotz wirtschaftlicher Flaute spricht der Wirtschaftsbund von 16.196 offenen Stellen in Salzburg im September. Die Wirtschaftskammer möchte nun auch am Westbalkan Arbeitskräfte finden und diese nach Salzburg führen. Am Montag kamen 15 Personalberatungsagenturen aus Albanien und dem Kosovo nach Salzburg, um mit Unternehmerinnen und Unternehmern ins Gespräch zu kommen. "Es geht um die langfristige und strategische Personalplanung", sagt Thomas Albrecht, Leiter der Abteilung Handelspolitik und Außenwirtschaft in der WKS. Potenzial gebe es am Westbalkan vor allem für die Bereiche Tourismus und den Dienstleistungssektor. Der Kontakt zu den Personalvermittlern sei ein Puzzlestück in der Anwerbung. "Es geht auch darum, dass die Agenturen Salzburg und den Wirtschaftsstandort kennenlernen und dann gezielt darauf aufmerksam machen", betont Albrecht. Im Vorjahr hat die WKS ein ähnliches Programm mit philippinischen Agenturen etabliert.

Hohe Jugendarbeitslosigkeit in Albanien

Rediana Kashari, Wirtschaftsdelegierte in Albaniens Hauptstadt Tirana, spricht von einer hohen Jugendarbeitslosigkeit und einem geringen monatlichen Bruttoeinkommen von 750 Euro im Durchschnitt in Albanien. "Pensionistinnen und Pensionisten bekommen maximal 300 Euro pro Monat." Die Bereitschaft, das Land zu verlassen, sei daher groß. "Die Menschen streben nach mehr Einkommen und einem höheren Lebensstil", sagt Kashari. Für Salzburg gebe es vor allem Chancen, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den Bereichen IT und Elektrotechnik zu finden.

Von einem großen Arbeitskräftepotenzial spricht auch Zenel Cakolli, Wirtschaftsdelegierter im Kosovo. Das Land in der Region Westbalkan weise die jüngste Population Europas auf. "Mehr als 55 Prozent der Bevölkerung sind unter 30 Jahren." Kosovarinnen und Kosovaren ziehe es oftmals nach Deutschland, die Schweiz, Österreich und in die USA. Schon jetzt gehen in Salzburg 13.390 Personen vom Westbalkan einer unselbstständigen Beschäftigung nach, das zeigen die Zahlen der Salzburger Arbeiterkammer. Um 260 Prozent mehr als noch im Jahr 2009 (3715 Personen). 854 Personen aus der Region Westbalkan sind in Salzburg als arbeitslos beim AMS vorgemerkt.

Deutschland etablierte Westbalkan-Regelung für Fachkräfte

Und wie stehen die Chancen, ausländische Pflegekräfte vom Westbalkan nach Salzburg zu locken? Dafür sei Österreich mindestens fünf Jahre zu spät dran, sagt Bianca Duro, Personalvermittlerin aus dem Kosovo. "Der Zug ist abgefahren und Deutschland war viel schneller." In der Tat setzt die Bundesrepublik gezielt auf Pflegekräfte aus der Region Westbalkan. Duro spricht von extrem schnellen Verfahren, die Menschen in den deutschen Arbeitsmarkt integrieren. Deutschland hat dafür die Westbalkan-Regelung etabliert. Pro Kalenderjahr kann die Bundesagentur für Arbeit in Deutschland bis zu 50.000 Zustimmungen zu Aufenthaltstiteln erteilen.

Die kosovarische Personalvermittlerin Bianca Duro kam nach Salzburg.
Die kosovarische Personalvermittlerin Bianca Duro kam nach Salzburg.

In Österreich ist der Zuzug von qualifizierten Arbeitskräften aus Drittstaaten mit der Rot-Weiß-Rot-Karte möglich. Voraussetzung dafür ist, dass die nötige Qualifikation gegeben ist und nach einer Arbeitsmarktprüfung niemand anderer für die Position gefunden werden konnte. Gerd Raspotnig, Direktor-Stellvertreter der Salzburger Wirtschaftskammer, spricht von einem "Flaschenhals", den das Verfahren darstelle. "Das Erlangen der Rot-Weiß-Rot-Karte muss beschleunigt und entbürokratisiert werden." Das lange Verfahren könne sich die heimische Wirtschaft "schlichtweg nicht leisten".

Land und Stadt Salzburg eröffnen Welcome-Center

Ein weiteres Puzzlestück neben der Vernetzung mit Personalvermittlern vom Westbalkan planen Stadt und Land Salzburg. "Nicht wie angekündigt im Herbst, aber mit Jänner wird ein Welcome-Center eröffnet", heißt es aus dem Büro von Landeshauptmann-Stv. Stefan Schnöll (ÖVP). In Räumlichkeiten in der Altstadt sollen Beratungsleistungen für angeworbene Fachkräfte aus dem Ausland angeboten werden. "Es geht um die Betreuung vor Ort und um eine Hilfestellung bei Behördenverfahren." Daher sei auch die enge Kooperation mit der Stadt notwendig, um beispielsweise beim Meldeprozess unterstützen zu können. Festgehalten wird aber: "Als Land sind wir keine Personalagentur - wir setzen den Fokus darauf, dass wir die Menschen auch langfristig in Salzburg behalten."

Insgesamt ist die Beschäftigung in Salzburg seit 2009 um 42.000 Personen (17,9 Prozent) gestiegen. "Dabei ist der gesamte Beschäftigungszuwachs durch eine Ausweitung des Arbeitskräftepotenzials aus dem Ausland gedeckt worden", heißt es aus der Arbeiterkammer Salzburg. In Summe arbeiten 80.000 Personen ohne österreichische Staatsbürgerschaft in Salzburg.

Auch Josef Mikl hat schon Erfahrung mit ausländischen Facharbeiten und möchte weitere einstellen.

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